Donnerstag, 13. Oktober 2022

Bei Netflix nichts Neues

 

Seit 1979 ist der weltberühmte Roman "Im Westen nichts Neues" nicht mehr verfilmt worden. Zuvor war der Stoff 1930 in einer oscarprämierten und mindestens ebenso berühmten (wenngleich in meinen Augen völlig überschätzten) Version verfilmt worden. Nun hat sich Edward Berger des Stoffes angenommen und für Netflix mit einem Budget von immerhin 16 Millionen Euro verfilmt. Dafür bekommt man eine Folge "House of the Dragon" und immerhin rund 57 Minuten "Herr der Ringe - Die Ringe der Macht". Aber für eine deutsche Produktion ist das ein ordentliches Preisschild, und die Produzierenden gehen auch entsprechend hausieren. Der Film ist der deutsche Beitrag für die Oscar-Verleihung, und niemand macht einen Hehl daraus, dass man den Auslandsfilm-Oscar gewinnen möchte. Darin liegt auch der Grund, dass der Netflix-Film in Deutschland in ausgewählten Kinos läuft - was mir wiederum die Chance gegeben hat, ihn zusammen mit rund 140 Schüler*innen im eigens reservierten Kinosaal anzusehen. Es ist eine Erfahrung, auf die ich lieber verzichtet hätte.

Ich möchte mich gleich zu Beginn ehrlich machen. Ich bin ein riesiger Fan der Vorlage - falls man von so etwas überhaupt ein Fan sein kann -, habe den Roman oft gelesen und die Verfilmung von 1979 wahrscheinlich noch öfter gesehen. Die Dialoge kann ich teilweise mitsprechen. Gleichwohl habe ich kein Problem mit Adaptionen, die von ihrer Vorlage abweichen. Wie ich im Podcast mit meinem Kollegen Sean T. Collins schon oft festgestellt habe, ist eine Änderung wertneutral. Sie kann gut sein, sie kann schlecht sein. "House of the Dragon" ist eine grandiose Serie, weil die Abweichung das Quellmaterial verbessern. "Herr der Ringe - Die Ringe der Macht" ist eine schlechte Serie, weil die Änderungen das Quellmaterial nicht verbessern (unter vielen, vielen anderen Gründen). Das sei nur vorausgeschickt, wenn ich im Folgenden die Abweichungen von der Romanvorlage diskutiere.

Doch kommen wir zum Thema. Der Grundriss der Geschichte ist schnell erzählt. 1917, im dritten Kriegsjahr, meldet sich der Abiturient Paul Bäumer freiwillig zum Kriegsdienst. Die Unterschrift seiner Eltern, die gegen den Krieg sind, fälscht er dafür. Seine Illusionen verliert er beim Erstkontakt mit der Front schnell. 18 Monate später liegt der Krieg in seinen letzten Zügen. Während Matthias Erzberger einen Waffenstillstand verhandelt, versuchen Paul und seine Freunde, bis zum Kriegsende zu überleben. Die meisten von ihnen fallen jedoch vorher; Paul und sein bester Freund Kat sterben am letzten Kriegstag - Kat wird von einem Bauernsohn erschossen, bei dem sie Hühner gestohlen haben, während Paul sein Leben im letzten sinnlosen Angriff eine Viertelstunde vor Waffenstillstand verliert, den ein ehrsüchtiger General befohlen hat.

Bereits diese kurze Einführung zeigt, dass der neue Film deutliche Abweichungen vom Roman besitzt. Kein Himmelstoß, keine Ausbildung, kein Lehrer Kantorek, kein Heimaturlaub, dafür zwei komplett neue Handlungsstränge, einer um den genannten ehrsüchtigen General und den anderen um Daniel Brühl als friedensbemühter Matthias Erzberger. Insgesamt erreicht der Film die stattliche Länge von 148 Minuten, und man hat bereits nach ungefähr der Hälfte das Gefühl, dass die jetzt eigentlich mal vorbei sein müssten. Besonders das letzte Drittel des Films zieht sich zäh wie Kaugummi.

Aber der Reihe nach. Im Interview mit dem Hollywood Reporter erklärte Regisseur Berger, dass er einen spezifisch deutschen (Anti-)Kriegsfilm machen wollte; eine Heroisierung "wie in amerikanischen oder britischen" Filmen sei für Deutsche unmöglich, und das sehe er als den großen Beitrag des Films. Dass die beiden vorhergehenden Versionen von amerikanischen und britischen Produzierenden gemacht wurden, scheint ihm dabei entgangen zu sein. Bergers erklärtes Ziel war es zudem, eine möglichst enge Zuschauendenidentifikation mit Paul Bäumer zu erreichen; man solle richtig "in seinen Schuhen stecken". Zudem wollte er Kontext schaffen: der Plot um Matthias Erzberger sollte den Film in den Kontext des folgenden Zweiten Weltkriegs setzen, den Erich Maria Remarque "nicht ahnen konnte", als er 1928 seinen Roman schrieb. Es sind diese Ziele und nicht die Frage einer Werkstreue, an denen sich Bergers Film messen lassen muss. In allen drei Kategorien scheitert er.

Beginnen wir auf der Ebene von Paul Bäumer. Der Charakter bleibt ein absolutes Rätsel. Nach 148 Minuten weiß ich immer noch nicht, was ihn bewegt, wer er ist, welche Hoffnungen und Träume er hatte und wie diese vom Kriege zerstört wurden. Das ist merkwürdig, denn gegenüber der Romanvorlage und den vorherigen Verfilmungen wurde die Menge an Charakteren deutlich reduziert: statt einem engeren Kreis von acht Charakteren und diversen Nebenfiguren haben wir im Umfeld Bäumers nun gerade einmal noch vier Figuren (Kat, Tjaden, Kropp und Franz). Aber sie alle bleiben merkwürdig nebulös. Der Grund dafür liegt vor allem in der Erzählgestaltung: Berger setzt stark auf visuelle Impulse und verzichtet über weite Strecken auf Dialoge.

Nun sind die Figuren auch in der Vorlage eher Typen denn Charaktere. Und auch Berger gibt im Wesentlichen dieselben Details über ihren Hintergrund heraus wie frühere Versionen; der Unterschied liegt im "Wann" und "Wie". So erfahren wir von Kats Beruf und Familie kaum fünf Minuten vor seinem Tod. Dass Paul Bäumer Abitur hat, wird kaum zwei Minuten vorher angesprochen. Die holzschnittartigen Hintergründe der anderen Figuren ähneln denen der Vorlage, werden aber mit deutlich weniger Sympathie ausgestaltet. Tjadens bäuerlicher Hintergrund etwa wird einmal thematisiert, auf eine deutlich abwertende Weise. Seine Vorliebe für Essen überhaupt nicht, wie auch andere Figureneigenschaften weitgehend verschwinden (Kropp ist kein Denker, Kat kein Überlebenskünstler (!)). Stattdessen sind die Figuren weitgehend austauschbar und unterscheiden sich nur durch ihre Bildschirmpräsenz.

Die Kamera folgt zwar weitestgehend Paul Bäumer. Aber der völlige Verzicht auf (zugegeben immer etwas unelegante) innere Monologe und gleichzeitig auf die großen Dialogszenen zwischen den Soldaten nimmt jegliche philosophische Dimension des Stoffs; die Auswirkungen des Krieges auf Körper und Psyche der Soldaten müssen einzig und allein von den Bildern gestemmt werden, durch die ein uns fremder Protagonist läuft wie durch das Quick-Time-Events eines Call-of-Duty-Teils.

Und das bringt uns zur Ästhetik. Bereits der Blick in den Trailer dürfte deutlich zeigen, dass sich Berger von der (sicher auch technisch bedingten) Bescheidenheit seiner Vorgänger abhebt. Seine Schlachtfelder der Champagne orientieren sich vor allem an zwei Vorbildern: Horrorfilmen und dem Genre der Post-Apokalypse sowie Zack Snyder. Zwar ist die Snyder'sche Zeitlupe nirgendwo zu sehen, aber die Bildsättigung und die Epik der Bilder sprechen deutlich die Sprache des visuellen Virtuosen.

Und die Bilder sind mit höchster Kompetenz in Szene gesetzt. Die Gräben sind dreckig, matschig, nass und kalt, und man sieht es in jeder Einstellung. Die Soldaten sind in einem Ausmaß schmutzig, das Remarques Beschreibungen wesentlich näher kommt als die vorherigen Verfilmungen. Sie stiefeln durch Pfützen, quetschen sich an Stacheldrahtverhauen vorbei, werden mit Erde überschüttet. Sam Mendes' "1917" stand hier klar Pate. Auch die Beleuchtung ist grandios. Die gespenstischen Leuchtgranaten, das nur von Lagerfeuer erhellte Lazarett in der alten Kirche, Blut, das kübelweise vom Boden gewaschen wird, Explosionen, Einschüsse - die Sinne werden voll beansprucht.

Auch die shots sind in ihrer Komposition hervorragend. Berger liebt Achsensymmetrie. Oft genug kann man den Bildschirm in der Mitte vertikal durchschneiden, so gestylt ist das blocking. Panoramaaufnahmen lassen die Soldaten schier in der Landschaft verschwinden, tracking shots folgen Paul Bäumer durch den Schützengraben und über das Niemandsland. Die fetten Offiziere in ihren Quartieren essen edle Buffets, während die Soldaten in den Schützengräben hungern.

Das Sounddesign ist ebenfalls überwältigend, wenngleich etwas überraschend auf einige typische "Erster-Weltkrieg-Sounds" weitgehend verzichtet wird (die Maschinengewehre und Karabiner etwa klingen ungewohnt, wobei es schwierig zu sagen ist, ob Berger näher am historischen Original ist - hier schlägt die cineastische Gewohnheit zu).

Allein - die Ästhetik passt hinten und vorne nicht zu dem, was handlungstechnisch passiert. "Im Westen nichts Neues" mit der Sensibilität eines Zack Snyder erzählen zu wollen, ist...etwas das man machen kann, aber eine gute Idee ist es nicht. Dasselbe gilt für den Horror-/Post-Apolypse-Look vieler Szenen, der sich auch nicht nur auf die Ästhetik beschränkt. So gibt es eine Szene, in der Paul und seine Freunde eine Abteilung Rekruten suchen müssen, die vermisst sind (nicht, dass ihr Schicksal in diesem Film in Zweifel stehen könnte...). Sie durchqueren dabei, das Gewehr im Anschlag, einen verlassenen Bahnhof. Rostiges Gerät, herumliegende Lokomotiven und vieles mehr könnten genausogut aus einer Folge "The Walking Dead" entstammen; würde ein Zombie ins Bild wanken, es fühlte sich nicht unpassend an.

Das Problem mit Horrorgeschichten aber ist, dass sie üblicherweise als antagonistische Kraft das Böse und/oder Übernatürliche haben. Die Franzosen aber, denen die Soldaten gegenüberstehen, sind wieder böse noch übernatürlich - ein Punkt, der eine zentrale Erkenntnis von "Im Westen nichts Neues" ist, quasi der ganze Kern des Romans. Berger allerdings tut genau das: die Franzosen erscheinen als eine geradezu außerirdische Kraft. Als im Höhepunkt der Handlung die Soldaten erst einen französischen Graben einnehmen und dann vom Gegenangriff überrollt werden, wirkt der Film plötzlich wie "War of the Worlds".

Und das ist keine Übertreibung. Der Boden beginnt zu zittern, wie beim Auftauchen des T-Rex in "Jurassic Park" (ein weiteres Horror-Element), und die Soldaten stehen in zitternder Erwartung des Monsters am Schützengraben. Aus dem Nebel tauchen dann, unwirklich und außerweltlich, Panzer auf. Ich kann für deren historische Genauigkeit im Design nicht bürgen, so weit reicht meine Sachkenntnis nicht, aber eines ist sicher: wie sie hier eingesetzt werden, sowohl in Menge als auch in Taktik, hat nichts mit den historischen Vorbildern zu tun. Als dann französische Flammenwerfersoldaten in Reihe und gleichzeitig am Schützengrabenrand aufmarschieren und ihre tödliche Ladung hinunterschießen, ist das ein Level an Absurdität, das dem Stoff geradezu hohnlacht.

Hier geht es nicht um historische Genauigkeit. Die hat gegenüber einer guten Geschichte immer die zweite Geige zu spielen. Aber die Entmenschlichung der französischen Soldaten ist ein massives Problem des Films. Im gleichen Angriff sehen wir Albert Kropp gegenüber den die Deutschen einholenden Flammenwerfern kapitulieren. Die Franzosen, die Gesichter hinter Masken kaum wahrnehmbar, zögern einen Moment, der die folgende Exekution Alberts mit dem Flammenwerfer zu einem bewussten Kriegsverbrechen machen. Sekundenlang hält die Kamera beinahe voyeuristisch auf Albert, wie er sich brennend und schreiend am Boden windet, ehe ein Franzose ihm beinahe beiläufig den Gnadenschuss gibt. Fügt man dazu die als geradezu Alien-Fahrzeuge inszenierten Panzer hinzu, werden die Deutschen in die Situation der Briten im "War of the Worlds" oder der Gejagten in einem Horrorfilm gesetzt, eine Asymmetrie zwischen den beiden Seiten, die völlig inakzeptabel ist und dem Geist der Romanvorlage hohnlacht.

Wundert es da, dass die Gerard-Duval-Episode ein vollkommener Schuss in den Ofen ist? Auf den letzten Metern, kaum zehn Minuten vor Ende des Films, kommt es zum ersten Nahkampfgefechts Pauls, in dessen Verlauf er auf den Gegner einsticht, seine Schreie durch Stopfen von Schlamm in seinen Mund zu ersticken versucht, nur um dann, während Duval blutspuckend krepiert, plötzlich einen unerklärten Zusammenbruch zu erleiden. Der Kontrast mit derselben Szene in der Verfilmung von 1979 ist erhellend: diese dauert fast zehn Minuten, zieht den Todeskampf - ohne Splatter-Effekte - über insgesamt fünf Minuten (mehrere Stunden erzählte Zeit) und lässt Paul in aller Ruhe reflektieren. Bei Berger dagegen passiert alles inmitten der Kakophonie der Schlacht. Für Introspektive ist kein Platz.

Dafür allerdings für reichlich Blut. Das Ausmaß der Splattereffekte ist eine der unangenehmeren Überraschungen, die dieser Film für das Publikum bereithält. Ich bin sicherlich nicht avers gegenüber Bildschirmgewalt - wenn sie denn einem erzählerischen Zweck dient. Aber die voyeuristische Kameraführung zerstört jeden Effekt, den das Blutbad hätte haben können. Wenn Gewalt auf dem Bildschirm als ästhetisch sexy dargestellt wird, die Handlung aber schreit, wie schlimm und sinnlos alles ist, dann entsteht keine schockierte Einsicht, sondern schlichtweg kognitive Dissonanz. Der Ton passt hinten und vorne nicht zu dem, was vorgeblich erzählt werden soll.

Und damit sind wir beim letzten Faktor, den Berger in seinen Film einbauen wollte: die Kontextualisierung des Kriegsgeschehens durch das Einbauen der Waffenstillstandsverhandlungen. Daniel Brühl spielt Matthias Erzberger, den der Film beharrlich als Sozialdemokraten (!) in Szene setzt. Mit dem realen Erzberger hat die Figur, vom leicht schwäbischen Akzent abgesehen, wenig zu tun. Erzberger ist nur ein Vehikel für plump-moralisierende Dialoge in bester deutscher Weltkriegsfilmtradition ("Während Sie von Ehre reden, sterben da draußen jeden Tag Soldaten!"). Vermutlich hat Berger das nicht gemeint, als er eine spezifisch deutsche Version des Stoffes verfilmen wollte, aber spätestens in diesen Momenten könnte man den Film einfach als "Die Westfront" in die Reihe der unerträglichen Artikel+Substantiv-Geschichtsschinken einordnen.

Aber leider bleibt das nicht das einzige Problem des Erzberger-Plots, der wie ein wundes Glied in den Film ragt. Problem Nummer 1 ist in der Erzählstruktur angelegt. Die Waffenstillstandsverhandlungen, die 72 Stunden dauern, laufen parallel zum Rest der Handlung. Richtig gelesen: praktisch die gesamte Romanhandlung von "Im Westen nichts Neues" ist, mit einigen wenigen Rückblenden, auf vier Tage komprimiert. Dieser Countdown-Timer ist ein sehr effektives dramaturgisches Mittel. Allein, es ist für den Stoff völlig ungeeignet. Die Wirkung von "Im Westen nichts Neues" beruht gerade auf der Austauschbarkeit des Kriegsgeschehens, auf seiner völligen Kontextlosigkeit. Jeder Angriff in dieser Verfilmung hat klare Hintergründe, einen klaren Spannungsbogen; der ganze Film hat einen klaren Spannungsbogen (wenngleich nicht gut umgesetzt mit schwerwiegenden pacing-Problemen), was der Erzählabsicht Remarques diametral entgegensteht.

Das zweite Problem sind die Waffenstillstandsverhandlungen (die der Film penetrant als "Friedensverhandlungen" bezeichnet). Erzberger, der als moralisches Gewissen des Films inszeniert wird, bittet die Franzosen um "Gnade für die Soldaten", damit weniger Menschen sterben. Mit steinernem Gesicht lehnen die Franzosen ab, erklären, dass die Kampfhandlungen auch während der Verhandlungen fortgesetzt werden. Erzberger bittet darum, die drohende Hungersnot in Deutschland nicht durch das "Diktat" der Bedingungen herbeizuführen - die Franzosen lehnen mit einem "das ist das Problem der Besiegten, nicht der Sieger", ab. Erzberger fleht verzweifelt, die Franzosen mögen gerecht sein, denn sonst "werden die Menschen in Deutschland diesen Frieden hassen", woraufhin ihm Foche den Füller mit der Aufforderung zur bedinungslosen Unterzeichnung hinhält.

Wenn die deutschen Unterhändler als moralisch aufrichtig dargestellt und die Entente als bösartig und kriegsversessen, revanchistisch und stur dargestellt werden, dann ist das mehr als ekelhaft. Erzberger dann auch noch die billige Prophezeiung der Dolchstoßlegende in den Mund zu legen und den Franzosen die Schuld an Hitler und dem Zweiten Weltkrieg zuzuschieben ist, zusätzlich verstärkt durch die apokalyptische Inszenierung ihrer technisch weit überlegenden Truppen in der Schlachtszene, an Perfidie kaum mehr zu überbieten. Bergers "Im Westen nichts Neues" bedient den gleichen miesen Revisionismus wie "Unsere Mütter, unsere Väter", "Der Untergang" oder "Die Flucht" - eine bis zur Unkenntlichkeit verzerrte Phantasieversion von Ursache und Wirkung, in der sich das deutsche Publikum als die Guten fühlen kann.

Wenn Berger also erklärt, er wolle den Stoff updaten und einen Bezug zum Zweiten Weltkrieg schaffen, dann ist ihm das im schlechtesten Sinne gelungen. Die Parallelen zu dem revisionistischen Dreck aus der Schmiede der öffentlichen Filmförderung, ARD und ZDF erschöpfen sich leider hier nicht. Der Film hat außerdem die Figur eines Generals und seines Adjutanten eingeführt, der das Kommando über Pauls Einheit hat. Er erfüllt alle Klischees eines Nazi-Offiziers, von "Stalingrad" über "Das Boot" bis hin zu den erwähnten jüngeren Machwerken. Die Bösewichte sind hässlich, während unsere Helden gut aussehen. Kaltschnäuzig befiehlt er sinnlose Angriffe, zynisches Lächeln auf den Lippen. Protestierende Soldaten werden an Ort und Stelle vor ihren Kameraden vor dem kaiserlichen Äquivalent der SS erschossen. Das ist völlig ahistorisch und eine Parallele zur Filmsprache von Filmen über den Zweiten Weltkrieg, die nie ohne diese Klischees auskommen. In einem Film über diese Epoche haben sie noch weniger verloren und dienen nur dazu, mit der Brechstange Gut und Böse in den Film zu integrieren. Ich habe über beide Phänomene geschrieben.

"Im Westen nichts Neues" bleibt damit unter den ohnehin geringen Erwartungen. Wer vorher Zweifel an der Notwendigkeit einer Neuadaption hatte, darf sich bestätigt fühlen. Nicht, dass eine solche nicht Potenzial gehabt hätte. Aber auf diese Art wird allem, wofür Remarques Roman stand, Hohn gelacht. Ich hoffe, dass diesem Film nicht der ersehnte Oscar verliehen wird. Das wäre das Belohnen der schlechtesten Impulse deutschen Filmeschaffens.

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