Donnerstag, 3. Juli 2008

Fundstücke 03.07.2008

Wehret dem Metzger!
Frankfurter Rundschau - Es gibt in diesen Tagen ziemlich viele Veranstaltungen wie diese: Ein paar Dutzend Parteimitglieder, ganz überwiegend verdiente Funktionäre, versammeln sich in einem viel zu großen Saal, um ihre Kandidatin oder ihren Kandidaten für die Bundestagswahl im nächsten Jahr zu nominieren. Zur Wahl steht einer, der sowieso schon in Berlin ist, Gegenkandidaten gibt es nicht. Das Publikum hört eine längliche Vorstellungsrede, dann wird abgestimmt. Breite Mehrheit, alles wie immer. Politik an der Basis ist selten spannend. Egal, um welche Partei es geht. Gemessen daran hat sich die CDU im Wahlkreis Biberach Unerhörtes geleistet: Einen wochenlangen Wahlkampf potenzieller Wahlkreis-Kandidaten. Das Duell eines bodenständigen Parteifunktionärs gegen den prominenten Ex-Grünen Oswald Metzger. Eine Versammlung von tausend Christdemokraten, eine Debatte bis tief in die Nacht, Entscheidung im dritten Wahlgang… Man darf ins Schwärmen geraten angesichts dieses schönen Beispiels innerparteilicher Demokratie. Wenn die Christdemokraten (oder die Sozialdemokraten oder die Liberalen oder wer auch immer) sich so etwas öfter leisteten, sie bräuchten sich den Kopf wegen sinkender Mitgliederzahlen nicht zu zerbrechen.
Anmerkung: Der Artikel findet es später aus irgendeinem Grund gut, wenn eitle Selbstdarsteller wie Metzger mehr in den Bundestag kämen, weil dadurch Qualität in die Politik käme. Das halte ich für Unfug. Typen, die in jeder Talkshow sitzen, einfach nur, weil sie von der INSM bestochen werden und permanent die eigenen Leute schlecht machen, braucht der Bundestag nicht - und das hat auch nichts mit der Qualität der Politik zu tun.
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Wieder daheim
Frankfurter Rundschau - Berlin. Als die Mauer in Berlin in den 80er Jahren noch immer stand, konnte sich kaum jemand vorstellen, dass aus zwei deutschen Ländern jemals wieder eins werden könnte. Mit der Globalisierung ist das so ähnlich. Seit mindestens zwei Jahrzehnten erleben wir, dass die Welt zu einem großen Markt verschmilzt. Und nur die wenigsten wagen zu fragen, ob dieser Prozess zwangsläufig immer weitergehen muss. Vielleicht ist aber auch hier das Undenkbare möglich. Vielleicht kippt die Globalisierung bald wie die Mauer in Berlin. Dafür sprechen unternehmerische Entscheidungen wie die von Steiff, nach Hause zurückzukehren. Dabei ist es weder neu noch selten, dass Manager wie normale Menschen erst im Ausland den Reiz der Heimat entdecken.
Anmerkung: Die Arbeitsplatzverlagerung ins Ausland ist mithin nur eine Drohgebärde, die Horrorzahlen maßlos übertrieben.
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Falsche Geldpolitik in Europa
Financial Times Deutschland - Natürlich kann eine Zentralbank durch entsprechend hohe Zinsen die Preissteigerungsrate auch bei verrückt spielenden Rohstoffmärkten auf 2% drücken, indem sie die Konjunktur so abwürgt, dass die Unternehmen wegen sinkender Nachfrage die Rohstoffpreissteigerungen nicht voll an die Verbraucher weitergeben können oder andere Unternehmen mit allen negati-ven Folgen für die Investitionstätigkeit und Arbeitsplätze trotz unveränderter Kostensituation ihre Preise senken müssen. Dann mag beim Gesamtindex wieder die Zielinflationsrate herauskommen. Nur: Wer außer der "Glaubwürdigkeit" einer auf einen solchen Index fixier-ten Zentralbank hat davon einen Nutzen?
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Yes, we can!
NachDenkSeiten - Niemand kann alleine die Welt verändern; ohne Anhänger, die er von seiner Vision überzeugen kann, wäre auch ein Gandhi machtlos gewesen. Die entscheidende Einsicht, die Menschen erst an den Erfolg glauben lässt, ist, dass man „gemeinsam“ etwas erreichen kann. Deswegen, und nicht wegen des Pathos, funktioniert Barack Obamas Wahlkampfspruch: “Yes, we can!” Er trägt nicht nur das Banner vorneweg, sondern er gibt Menschen das Vertrauen und den intellektuellen Respekt, den sie verdient haben.
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Wer bekommt die Schuldenzinsen?
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Karlsruhe kippt Teile des Bundestagswahlrechts
Süddeutsche Zeitung - Das Wahlrecht bei Bundestagswahlen muss geändert werden. Das Bundesverfassungsgericht hat an diesem Donnertag das bisher geltende Wahlrecht für Bundestagswahlen für teilweise verfassungswidrig erklärt. Die Vorschriften zum sogenannte negativen Stimmgewicht verletzten die Gleichheits-Grundsätze, urteilten die Richter am Donnerstag in Karlsruhe. Obwohl die letzte Bundestagswahl damit auf einem Wahlfehler beruhe, werde der derzeitige Bundestag aber nicht aufgelöst. Der Gesetzgeber müsse jedoch bis Ende Juni 2011 Regelungen finden, mit denen dieses Paradox künftig vermieden werde.
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"Im Halbdunkel der Verrechnung"
Süddeutsche Zeitung - Das Bundesverfassungsgericht hat Teile des Wahlrechts für verfassungwidrig erklärt. Der Politologe Jürgen W. Falter erklärt im Interview mit sueddeutsche.de , warum der deutsche Wähler bislang nicht sicher weiß, was er mit seiner Stimme wählt und welche Folgen die Entscheidung von Karlsruhe haben soll.
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Allein mit der Meute
Stern - Kurt Becks Beschädigung durch die Medien wirft eine Grundsatzfrage auf: Haben Politiker aus der Provinz überhaupt noch eine Chance? Die Antwort darauf gibt auch Auskunft über die Zukunft der Demokratie.
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2 Kommentare:

  1. Ich kann den FR-Kommentar zu Metzger auch nicht nachvollziehen. Was brächte es dem Wahlkreis Biberach, wenn sie einen Selbstdarsteller nominierten, der zu sachlicher und guter Politik nicht in der Lage ist und stattdessen lieber in Talkshows seine plumpen Ansichten verbreitet? Natürlich genau gar nichts.

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  2. Und der Oswald der SPD ist Clement, wenn ich mich nicht irre. Also, "Oswald Clement" und "Wolfgang Metzger" profilieren sich in Talkshows und indem sie gegen ihre eigene Partei andauernd stänkern.

    "Yes, we can" - man muß den Leuten eben nur gekonnt glauben machen, gemeinsam etwas erreichen zu können.

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