Mittwoch, 30. Juli 2008

Von der schnellen Truppe

In der Süddeutschen Zeitung findet sich eine "TV-Kritik" der Daily Show, in der diese in den Himmel gelobt wird. Intelligentes Politkabarett sei das, und das habe man hierzulande ja leider gar nicht. Einmal abgesehen davon, dass ich das seit Jahren sage, unterschlägt die SZ völlig Qualitätsformate vom Rang eines Volker Pispers oder Georg Schramm, entblödet sich aber nicht, Mittermaier und Barth als deutsches Pendant zu Jon Stewart darzustellen. Man möchte sich kreiselnd drehen und vor Schmerzen stöhnen. Leute, die Daily Show gibt es nicht erst seit zwei Tagen! Und ja, ein solches Format wäre in Deutschland auch nötig, ist aber unwahrscheinlich. Die Privatsender machen nur Mist, der nichts kostet, keinen Anspruch hat aber als Lückenfüller zwischen der Werbung dient, und die Öffentlich-Rechtlichen machen das Gleiche, nur sorgt da der Parteienproporz zusätzlich dafür, dass die Chancen gleich null sind, jemals intelligentes Politkabarett zu bekommen.
Solange sich nach jeder Diskussionssendung die Öffentlichkeitsarbeiter der Parteien bei den Rundfunkanstalten einfinden und über die Berichterstattung beschweren, wird man hierzulande nie etwas Vernünftiges in dieser Sektion zustande bringen, das über die erwähnten, leider in den Regionalsendern versauernden Qualitätsprogramme hinausgeht. Die Medien sollten sich endlich ihrer verfassungsgarantierten Unabhängigkeit gewahr werden und CDU, SPD und Telekom (nehmt die Aufzählung als pars pro toto) den Stinkefinger zeigen, wenn die wieder einmal den Inhalt der Sendung bestimmen wollen.

9 Kommentare:

  1. Ich ergänze mal um Hagen Rether, obwohl der die politischen Bahnen gerne auch verlässt...

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  2. Im Grunde hast du schon recht, gerade was die Wahrnehmung der genannten Kabarettisten im Gros der Medien angeht.
    Aber gerade bei den Öffentlich Rechtlichen, die du ja am meisten für diesen Misstand (das erste mal, dass ich diese neue Rechtschreibregel verwende - WOW ;-) verantwortlich machst, treten die genannten Kabarettisten ja noch am ehesten auf. Mit Georg Schramm hat einer sogar mit "Neues aus der Anstalt" eine eigene Sendung. Dass die ÖR also kein intelligentes Politkabarett haben, kann man so nicht behaupten. Ich würde dir tendenziell trotzdem zustimmen, dass dies in der Öffentlichen Wahrnehmung so gut wie nicht vorkommt, da es immer seltener und zu immer schlechteren Sendezeiten kommt. Ob diese Tendenz aber wirklich mit Buckeln der ÖR gegenüber den Parteien zu erklären ist oder nicht viel eher mit dem geringen Interesse der meisten bundesdeutschen Fernsehzuschauer...

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  3. Hallo Mario,
    glaube ich nicht. Der Zuschauer wird ja von den Privaten systematisch verblödet. Zu behaupten, er wolle es gar nicht anders, ist schlichtweg Irreführung derjenigen, die dieses Programm fahren, eine Art Legitimation für den totalen Verfall jeglichen Niveaus.
    Gerade die jungen Amerikaner, denen man ja oftmals völlige Uninformtheit und Desinteresse in politischen Dingen zuschreibt, haben den Erfolg der Daily Show begründet - und so etwas wäre, da wäre ich mir sicher, auch hierzulande möglich. Es müsste eine prominente Sendung sein, zu prominenter Sendezeit mit prominentem Moderator. Und zwar einem, der absolut keine Rücksicht nimmt. Es wird wirklich Zeit, dass die furchtbare political correctness im Fernsehen aufhört.
    Die Parteien sehe ich zu einem Gutteil als mitschuldig an, weil ihre Vertreter das Programm der ÖR mit entscheiden.

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  4. Du meinst doch nicht, dass (junge) Amerikaner in der Daily Show endlich das niveauvolle Fernsehen bekommen, nach dem sie sich so lange sehnen. Versteh' mich nicht falsch: Die Daily Show ist schon eine gute und amüsante Sendung - aber man sollte sich nichts vormachen: Die Show wird seit 1996 gesendet und ist erst bekannt und erfolgreich geworden durch die recht offene Kritik am Irakkrieg 2003. Gegen den haben sich auch in Deutschland viele (junge) Menschen politisch engagiert.
    In Amerika funktioniert das Format doch auch nur deswegen so gut, weil es linksliberale Bush-Kritiker so sein tägliches Bush-Bashing bekommt. Die Daily Show lebt von ihrem hohen Unterhaltungsfaktor, der im Wesentlichen auf dem unglaublichen, peinlichen oder empörenden Gebahren der Bush-Regierung beruht. Schon aus diesem Grund würde eine vergleichbare Show in Deutschland nicht funktionieren, da unsere Kanzlerin sich ja unerklärlicherweise astronomisch hoher Beliebtheit erfreut.
    Aber nochmal zurück zu Amerika: Der durchschnittliche apolitische Amerikaner oder durchschnittliche Konservative ist von solch einer Show in einem ansonsten mit allerlei Volksverblödung vollgestopften Spartensender genausowenig betroffen wie der apolitische Deutsche sich "Neues aus der Anstalt" anschauen wird. Ich bleibe dabei: eine Großzahl der Menschen sieht im Fernsehen kaum noch ein Informationsmedium - alles wo man mitdenken muss wird deswegen mit Desinteresse gestraft. Und ich bin sicher, dass lässt sich leicht in Zuschauerzahlen belegen.

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  5. Das ist schon richtig, aber ich bin trotz allem überzeugt, dass man auch hierzulande ein niveauvolles Fernsehen machen könnte, wenn man nur wollte. Ich meine, "Neues aus der Anstalt" macht Merkel trotz ihrer Beliebtheitswerte nieder, und warum sollte das nicht in größerem Maßstab funktionieren?

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  6. Sowohl Mittermaier als auch Barth finde ich ja sehr lustig. Mit Kabarett haben sie allerdings nichts, aber auch gar nichts zu tun. Nicht umsonst gibt es ja die Unterscheidung zwischen "Kabarett" und "Comedy" - erstere beschäftigt sich vor allem mit gesellschaftlichen, letztere eher mit privaten Themen.

    Georg Schramm ist hervorragend, Pispers finde ich eher mies. Jürgen Becker, Wilfried Schmickler, Urban Priol, nicht zu vergessen Bruno Jonas und Matthias Richling - hervorragende Kabarettisten hat dieses Land durchaus. Aber eben niemanden vom Schlage eines Jon Stewart, der in der Lage ist, frisch und schnell auch weniger politisch Interessierte anzusprechen. Harald Schmidt wäre dafür vielleicht früher geeignet gewesen, war aber lange zu experimentell - und hat sich dann dem Boulevard zugewandt.

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  7. @mario:
    Die neue Rechtschreibregel schreibt aber doch den "Missstand" mit drei 's' vor, oder? ;)

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  8. Bruno Jonas und Matthias Richling sollen gute Kabarettisten sein? Richlings politische Analysen erstrecken sich von „Guck mal, der ist fett“ bis „Guck mal, was die für Haare hat“. Von Jonas habe ich noch einen Scheibenwischer-Vortrag zum Thema Stimmgewicht im Kopf, der bewies, dass er sich mit diesem Thema der Mathematik nicht auseinandergesetzt hat, bevor er die Leute mit seiner Meinung über die achsodreisten Polen zuschwätzte.*

    Was Pispers macht, wie immer man das auch nennen will, ist gut. Seine Beschreibungen sind viel zu nahe an der Realität, um Kabarett zu sein.

    *Quadratwurzelgesetz von Lionel Penrose

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  9. PS.
    Wenn McCain Präsident wird, wird uns Richling in Windeln begrüßen. Weil der McCain, der ist voll alt. Wenn Obama Präsident wird, wird sich Richling Schuhcreme ins Gesicht schmieren und sagen: „Ugga, ugga. Ich bin ein Neger.“ Weil der Obama, der ist nämlich schwarz. Der Obama. Harrr.

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