Sonntag, 6. Juli 2008

Fundstücke 6.7.2008

Wunder gibt es immer wieder
Michael Schöfer - Wo soll das nur enden? Spötter sprechen schon von Kurt Becks "Projekt 18" - ein Schlagwort, mit dem Guido Westerwelle (FDP) bei der Bundestagswahl 2002 für seine Partei endlich wieder ein Wahlergebnis im zweistelligen Bereich einfahren wollte. Ohne Erfolg, wie wir wissen. Kurt Beck scheint es hingegen zu gelingen, er nähert sich konsequent den 18 Prozent. Von oben. Manche behaupten deshalb: Die SPD will gar nicht regieren. "Glaubt die SPD, es geschieht ein Wunder?", wird da verblüfft gefragt. Ungewollt bringt man so die Sozis auf die richtige Spur.
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Maget für Steinmeier
Stern - Trotz aller Appelle für ein Ende der Debatte um Parteichef Kurt Beck kommt die SPD nicht zur Ruhe. Als erster führender SPD-Landespolitiker sprach sich der Spitzenkandidat der Bayern-SPD, Franz Maget, öffentlich dafür aus, Außenminister Frank-Walter Steinmeier zum Kanzlerkandidaten zu machen.
Anmerkung: Das ist genau der Maget, der sich nicht weniger vorgenommen hat als die Dauerherrschaft der CSU in Bayern zu brechen. Er spielt jetzt Bullshit-Bingo. Steinmeier? Ist der Mann noch zu retten? Immerhin können sie dann das Hamburger Spiel umgekehrt spielen. Dann ist nicht mehr Beck, sondern Steinmeier an der verlorenen Wahl schuld, und man kann als Spitzenkandidat die eigenen Fehler unter den Teppich kehren. Um was wetten wir, dass das nicht passiert?

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Die Meinung der anderen

Telepolis - Auch wer sich selbst für meinungsstark hält, wird von seiner Umgebung beeinflusst
Bevor der Autor zum eigentlichen Thema dieses Artikels kommt, muss er eines schon mal klarstellen: Es lohnt sich weiterzulesen. Sie werden am Ende dieses Textes klüger sein. Das haben kompetente Testleser vorab bestätigt. Sogar Ihre besten Freunde waren von diesem Beitrag begeistert.

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Angst fressen deutsche Seele auf?
Telepolis - Benzin kostet bereits durchschnittlich 1,60 Euro der Liter in Deutschland, auch sonst klettern die Energie- und Lebensmittelpreise in die Höhe, während die Menschen immer weniger verdienen. Der großen Mehrheit, nämlich 85 Prozent, macht nach dem neuesten Deutschlandtrend die Entwicklung Angst – und zwei Drittel haben die alte Angst vor dem Abstieg ("dass das Geld nicht mehr reicht"), was die zerbröselnde "Mitte" entweder nach links oder nach rechts treibt. Die Hälfte meint gar, schon am Ende bei den Sparmöglichkeiten angekommen zu sein, was eigentlich heißt, dass man ein wenig kürzer treten müsste. Sie unterscheiden sich allerdings erheblich von den glücklichen 23 Prozent, die bekennen, genug Geld zu haben.
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NATO im Guerillakrieg
Telepolis - Die Debatte innerhalb der Bundeswehr und der NATO-Truppen zeigt, dass sich ihre Truppen im selben Dilemma befinden wie die sowjetischen Besatzer von 1979 bis 1989. Dabei geht es nicht nur um die militärische Auseinandersetzung. Die aufständischen Einheiten genießen damals wie heute die zunehmende Unterstützung durch die einheimische Bevölkerung. Den Rebellen - von Taliban über Al-Qaida-Gruppen bis hin zu Stammesmilizen - kommt zugute, dass der Unmut über die labile Regierung in Kabul wächst. Von der "Hilfe und Kooperation", dem Leitspruch der ISAF-Truppen, ist im Alltag kaum etwas zu spüren. Und während sich Karsai-Regierung und westliche Staatsführungen gegenseitig die Schuld an der zunehmenden wirtschaftlichen und sozialen Misere im Land zuschieben, können die Widerstandgruppen auf Zeit spielen. Auch das ist eine Parallele zum sowjetisch-afghanischen Krieg.
Anmerkung: Zum Thema Afghanistan ist hier langsam mal ein eigener Artikel fällig, deswegen nur so viel: einfach nur mehr Soldaten reinpumpen wird nichts helfen, das haben Vietnam und seine Nachfolger oft genug bewiesen. Wenn das so weitergeht, fliegen weiterhin Soldaten hin und Zinnsärge zurück, bis man irgendwann schmählich geschlagen abziehen und die Region in größerem Chaos zurücklassen muss als vorher.

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Alter Geist und neue Medien
Telepolis - Gerade feiert München sein 850-jähriges Bestehen, da weiß man gar nicht, wo man anfangen soll, so viel gibt es aus der heimlichen Hauptstadt, der Weißwurstäquatormetropole München zu berichten. Da legt ein Funktionär der CSU-Jugendorganisation mit einer [extern] Terrordrohung "im Namen Allahs" einen ganzen Flughafen lahm, weil er unbedingt seinen Flieger noch erreichen wollte. Da liefert sich die mit putinistischen Ergebnissen regelmäßig wiedergewählte Staatspartei CSU seit Monaten eine kaum verdeckte öffentliche Schuldzuweisung für die todsicheren Stimmenverluste bei den bevorstehenden Landtagswahlen. Da wird die Korruptionsaffaire bei Siemens in kleinen Einheiten entsorgt und gegen Ex-Vorstand Heinrich von Pierer kein Verfahren eröffnet - das alles und so manches mehr verdeckt den Blick für die langfristigeren Entwicklungen in der Hauptstadt der nicht mehr ganz so neuen deutschen New Economy.
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Aus Liebe zur Arbeit?
Telepolis - Wer nach Abschluss des Studiums oder der Fachhochschule keinen Job findet, versucht, den Einstieg ins Berufsleben über ein Praktikum zu schaffen. Für ein Praktikum muss man sich mittlerweile denselben Bewerbungsverfahren stellen wie bei "richtigen" Jobs. Je anspruchsvoller das Arbeitsfeld, je besser der Ruf eines Unternehmens, desto mehr wird vorausgesetzt, desto mehr Mitbewerber müssen übertrumpft werden. Nur in zwei Punkten unterscheiden sich Praktika noch: Bezahlt wird wenig bis nichts und der Druck ist höher als in "normalen" Dienstverhältnissen. Das klare Ziel der meisten Praktikanten und Praktikantinnen ist eine Anstellung, und um das zu erreichen, dürfen weder Arbeit noch Überstunden gescheut werden. Das gilt für begehrte und angesehene Jobs im Medien-, Wissenschafts- oder Kunstbereich und junge Menschen genauso wie für ältere Menschen in weniger angesehenen Jobs.
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Lernen durch Lob
Telepolis - Hat sich im Netz unversehens eine andere Pädagogik entwickelt?
Viel hat man gehört über das Web 2.0 - ein Begriff, der mittlerweile nur noch in Ermangelung eines besseren benutzt wird - so viel, dass man zeitweise glauben konnte, es bestünde nur aus Diskussionen über sich selbst. Aber ein Aspekt der veränderten sozialen Beziehungen im sozialen Web wird selten beleuchtet: die Bedeutung der "Intelligenz der Schwärme" für die Lernprozesse der Schwarmmitglieder.

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