Dienstag, 8. Juli 2008

Fundstücke 08.07.2008

Vorbild Don Quichotte
Financial Times Deutschland - Der jüngste Zinsentscheid hat deutlich gemacht: Die EZB-Räte handeln, als wüssten sie nicht, dass sie gegen den Inflationsdruck ohnehin machtlos sind. Als die Leitzinserhöhung am Donnerstag schließlich verkündet wurde, wirkte sie kleinlaut. Zwar smart wie immer, machte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet dennoch einen unsicheren Eindruck. Sein "We have no bias" musste man ihm deshalb einfach abnehmen. Es besteht - zurzeit - keine Absicht des Zentralbankrats, diesem Zinsschritt weitere folgen zu lassen. Die fehlende Entschlossenheit der Notenbank, die Zinsen weiter anzuheben, zeigt, dass sie schon für diese Leitzinserhöhung keine Argumente hatte. Die Kräfte, die für den Anstieg der Verbraucherpreise um vier Prozent verantwortlich sind, werden nicht durch eine Serie von Leitzinserhöhungen in Euroland und noch weniger durch eine einmalige, bescheidene Zinsanhebung berührt. Entscheidend ist ein globaler Boom, der sich nun aber in seiner Endphase befindet. Die deflationären Effekte der Verlagerung von Produktion in Billigstandorte laufen aus. Die Nachfrage nach Rohstoffen ist noch nicht gebremst. Zwar hat der Abschwung in einer Reihe von Industrieländern (USA, Großbritannien, Spanien) bereits begonnen. Die negative Wirkung auf den Welthandel und die Exporte vieler anderer Industrie- und Schwellenländer zeichnet sich gerade erst ab.
Anmerkung: Lesebefehl!

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Lebhafte Diskussion um erhöhte Euro-Zinsen
NZZ - Kennzeichnend für die im Euro-Raum aufgetretene Inflation, die mit nun 4% gut doppelt so hoch ist wie das Ziel der EZB, ist das Phänomen, dass sie weitgehend importiert ist. In einem Kommentar beziffert die französische Grossbank Crédit Agricole den Beitrag der Energie- und Nahrungsmittelpreise zur Gesamtinflation auf über 70%. Sie folgert daraus kurz und bündig, dass Geldpolitik gegenwärtig nur einen geringen direkten Einfluss auf die Dynamik der Preise haben kann.
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Kürzere Laufzeiten für Gerede
Stern - Deutschland steht in der Atomfrage beim G8-Gipfel unter Druck und sucht Auswege aus dem Dilemma. SPD-Vordenker Erhard Eppler schlägt vor, die AKW-Laufzeiten zu verlängern. Doch wichtiger wäre es, die AKW-Betreiber endlich richtig zur Kasse zu bitten.
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"Die SPD ist Konkursmasse"
Süddeutsche Zeitung - Ein Interview mit Günther Wallraff.
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Makel der Provinz
Süddeutsche Zeitung - Keiner verkörpert das Provinzielle in der Politik besser als SPD-Chef Beck. Ihn deswegen als tumben Tor abzustempeln, wäre aber ein Fehler. Die Provinz hat auch Positives zu bieten.
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Maßnahmen gegen Kinderarmut
NachDenkSeiten - In letzter Zeit ist die Kinderarmut hierzulande beinahe zu einem Modethema avanciert, ohne dass die verantwortlichen Politiker bisher jedoch wirksame Gegenmaßnahmen ergriffen hätten. Zwar hat sich die Bundesregierung erstmals auf ihrer Klausurtagung im August 2007 auf Schloss Meseberg mit dem Problem befasst, die Entfristung des vor dem 1. Januar 2008 nur drei Jahre lang gezahlten Kinderzuschlages in Höhe von maximal 140 EUR pro Monat war aber kaum mehr als der sprichwörtliche Tropfen auf einen heißen Stein. Dass sich die Große Koalition von einer Entbürokratisierung des Kinderzuschlages, die am 1. Oktober 2008 in Kraft treten soll, der Erhöhung des Wohngeldes, seiner Ergänzung um eine Heizkostenkomponente, die den gestiegenen Energiekosten Rechnung tragen soll, und einer Anhebung der Mietobergrenzen, die zum 1. Januar 2009 geplant sind, eine spürbare Verringerung der (Kinder-)Armut verspricht, dokumentiert ihre mangelnde Bereitschaft, das Problem an der Wurzel zu fassen.
Dessen strukturelle Ursachen können viele der gegenwärtig in Politik, Massenmedien und Öffentlichkeit zirkulierenden Vorschläge zur Verringerung bzw. Verhinderung von Kinderarmut nicht beseitigen. Christoph Butterwegge hat uns diesen Beitrag zur Verfügung gestellt.

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Siemens kappt weltweit fast 17.000 Jobs
Süddeutsche Zeitung - In Deutschland sollen den Konzernangaben zufolge 5250 Jobs wegfallen. Weltweit will der Technologie- und Elektronikkonzern 16.750 Stellen streichen, davon allein 12.600 in der Verwaltung, wie Siemens-Chef Peter Löscher am Dienstag in München erläuterte. Die meisten Stellen will Siemens in den nach Mitarbeitern größten Standorten abbauen: Erlangen, München, Nürnberg und Berlin. Die übrigen 4150 Arbeitsplätze seien im Zuge von Restrukturierungsprojekten von den Plänen betroffen.
Anmerkung: Wunderbar. Die oberste Riege vergeigt es, und die unteren Riegen dürfen es ausbaden.

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1 Kommentar:

  1. "Ein Saarländer reicht!" hieß es, als Oskar Lafontaine sich 1990 anschickte, Bundeskanzler zu werden. Das gelang dann bekanntlich auch nicht, weil sich Deutschland noch von dem Saarländer Erich Honecker erholen mußte.

    Nun also derselbe Schlachtruf, was den Pfälzer Kurt Beck betrifft? Wie auch immer, mit seinem Landsmann Helmut Kohl als Bundeskanzler hat Deutschland schon so seine Erfahrungen machen müssen.

    Warum kommen die "Schlechten" immer nur vor den "Guten" ins Amt und verderben diesen damit ihre Tour?

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