Dienstag, 8. Januar 2019

Warum Hillary verlor, Teil 4: Faktoren innerhalb ihrer Kontrolle

Ich habe nun einige Faktoren benannt, die nicht verantwortlich dafür waren, dass der Wahlkampf verloren gegangen ist. Auch wenn der Wahlkampf bei weitem nicht so schlecht war, wie HRC seitens ihrer Kritiker gerne vorgeworfen wird, so war er doch weit entfernt von "gut". Ich möchte im Folgenden genauer beleuchten, welche Faktoren nicht nur für Clintons Niederlage verantwortlich waren, sondern zudem auch noch entweder ihre Schuld waren oder in ihrer Macht zu neutralisieren gestanden hätten.

Der erste Faktor, um das gleich aus dem Weg zu bekommen, betrifft Wisconsin. Von den drei Staaten, die HRC am Ende die Präsidentschaft kosteten, war er nicht nur der knappste, sondern auch der vernachlässigste. Zwar hätten ein größereres Engagement Clintons und der (angenommene) Sieg in Wisconsin nichts am generellen Ergebnis gehindert. Aber anders als in Michigan und Pennsylvania war Wisconsin tatsächlich ein Staat, der - gemessen am Stand anderer Staaten und seiner Bedeutung, weniger gemessen am Engagement ihres Gegners - von Clinton vernachlässigt wurde. Sie hätte grundsätzlich mehr tun müssen, um ihn zu bekommen, und vielleicht etwas weniger in Staaten, die für ihren Sieg nicht nötig und eher "nice to have" gewesen wären (wie etwa Georgia oder South Carolina).

Das Grundproblem für diese Argumentationslinie ist natürlich, dass die Daten für Clinton keine Veranlassung ergaben, Zeit und Geld in "sichere" Staaten zu stecken. Hätte sie mit dem erwarterten Rahmen gewonnen - also ein popular-vote-Sieg von 4-6% - hätte sie sich zweifellos viel (berechtigte) Kritik ihrer Parteifreunde aus Staaten einholen müssen, die auf etwas Rückenwind gehofft hatten, um die ja zeitgleich anstehenden Wahlen im Repräsentatenhaus zu gewinnen. Denn man darf nicht vergessen, dass Hillary Clinton genau wie Donald Trump im Sommer 2016 die Chefin ihrer Partei war und auch eine Verantwortung für die Kongresskandidaten hatte. Trump ignorierte diese wie auch 2018 weitgehend, aber Clinton (die schon immer mit mehr Verantwortungsgefühl ausgestattet war) tat dies nicht. Dies schränkte ihre Freiheit für solche Entscheidungen auch etwas ein. - Dem unbenommen aber war Wisconsin sicher der Staat, in dem unabhängig von diesen Faktoren etwas mehr Aufmerksamkeit angesichts der demographischen Großtrends nicht geschadet hätte.

Ebenfalls ein Clinto-eigenes Problem war die geringe Wahlbeteiligung auf der linken Seite der demokratischen Koalition. Die Wählerschaft, die Bernie Sanders zu einem solch formidablen Gegner gemacht hatte - vor allem junge, studentische Wähler - tauchten am Wahltag in leicht unterdurchschnittlicher Zahl auf. Bei einem so knappen Ergebnis aber sind leicht unterdurchschnittliche Zahlen nichts, was man sich leisten kann, besonders wenn die Basis des Gegners deutlich überdurchschnittlich mobilisiert ist (was Clinton nicht wissen konnte, aber trotzdem...).

In Clintons Plattform gab es wenig direkten Raum für diese aufstrebende Wählerschaft. Wir werden auf ihre unklare Positionierung gleich noch ausführlicher zu sprechen kommen, aber wenn man bedenkt, welch zentrale Stellung die jungen Wähler für die Mobilisierung der Partei und den Wahlsieg 2018 haben würden und welche Bedeutung sie für Obama 2012 und besonders 2008 hatten, so war Clintons Versagen dabei auch nur zu versuchen, diese Wählerschicht zu erschließen, ein besonders auffälliges Manko. Exemplarisch lässt sich dies an der Wahl ihres Vizepräsidentschaftskandidaten Tim Kaine festmachen. Dieser war im Endeffekt eine Kopie ihrer Stärken und Schwächen und anders als andere Kandidaten wie Elizabeth Warren wenig dazu angetan, sie für die rebellische Studentenschaft zu begeistern.

Direkt damit verbunden ist das bereits angesprochene Problem der hohen Zahl unentschiedener Wähler. Darin liegt die Hauptursache dafür, dass die Prognosen so unsicher waren, und es ist auch der Hauptgrund ihrer Niederlage. Um das zu erklären und die Ursachen zu klären müssen wir etwas ausholen. Als Obama sich 2012 um seine Wiederwahl bewarb, war sich 538 mit seinen Prognosen sicher, weil die Zahl unentschlossener Wähler unter 5% lag. Entwicklungen spät im Wahlkampf - etwa Obamas miserable Performance in der ersten Debatte - sorgten so zwar für Ausschläge in den Umfragen, die aber schnell wieder zum Ursprungswert zurückgingen. Die Erklärung dafür war der "revert to the mean", den YouGov auch für 2016 vermutete. 2016 aber war die Zahl unentschlossener Wähler sehr hoch; die Ausschläge daher "echt".

Der Grund dafür liegt unter anderem in den miserablen Beliebtheitswerten Clintons. Denn ansonsten wäre damit zu rechnen gewesen, dass wesentlich mehr Wähler sich deutlich von Trump abgestoßen fühlten. Ihre Beliebtheitswerte aber sorgten dafür, dass die Wahl zwischen Trump und der Alternative für viele unklar genug war, immer wieder zwischen den Polen hin- und herzulavieren. Diese Beliebtheitsprobleme Clintons haben mehrere Ursachen. Zum einen ist sie nicht sonderlich charismatisch; das ist auch nicht wirklich etwas, das sie ändern kann. Zum anderen ist sie ein Kandidat des Establishments in einer Anti-Establishment-Wahl; hierfür gilt das gleiche. Zum dritten fehlte ihr ein klares Narrativ, das sie zu einem Kristallisationspunkt für progressive Hoffnungen hätte machen können, viertens litt sie an einer Menge von Skandalen und fünftens hatte sie einen Ruf als kriegstreibende Falkin. Und diese letzten drei Punkte liegen durchaus in ihrer Verantwortung.

Beginnen wir mit dem mangelnden Narrativ. Hillary Clinton ist eine extrem policy-orientierte Person. Besuchte man während des Wahlkampfs ihre Homepage, fand man Seite um Seite detaillierter policy-Vorschläge, alle sauber auf Mach- und Finanzierbarkeit abgeklopft. Befragte man sie in Interviews, so war sie stets bereit, offensichtlich auswendig gelernte Stastiken, Fakten und Vorschläge auszubreiten. Nur war daran im Wahlkampf niemand interessiert. Wie ich in meiner Rezension zu ihrem Buch "What Happened" schrieb, war es HRC nie möglich, sich auf eine Geschichte zu verlegen - nicht einmal in ihrem eigenen Buch zum Wahlkampf!

Dieses Manko ist der entscheidenste Fehler, den sie selbst beging, den er wirkt direkt auf die niedrige Wahlbeteiligung ihrer Basis zurück, die alleine für einen Sieg ausreichend gewesen wäre. An guten Ideen mangelte es hierbei eigentlich nicht. Clinton hatte ein Leitmotiv, das einen klaren Kontrast zu Trump im Speziellen und der GOP im Allgemeinen bot ("Stronger Together"), das auch auf ihr bisheriges politsches Engagement und ihre ganze Persona zurückwirkte (vor allem auf ihr Buch "It takes a village"). Ihre ganze Lebensgeschichte, ihre ganze Persönlichkeit wären eigentlich ideal für diese Erzählung gewesen. Wären. Aber der Clinton-Wahlkampf schwenkte auf eine Art zwischen verschiedenen Themen und Schwerpunkten hin und her, bei der sich Martin Schulz gleich zuhause gefühlt hätte.

Auch als progressiver Leuchtturm eignete sich die HRC des Jahres 2016 schlecht. Dabei hatte sie in ihrer Karriere immer wieder mit radikaleren Vorschlägen für Eindruck gesorgt. Ich erwähnte bereits, dass sie in den Vorwahlen 2008 im Vergleich zu Obama die radikalere Kandidatin war (man denke nur an die Gesundheitsreform zu Beginn der 1990er Jahre und auch wieder im Wahlkampf 2008). Ein solches Thema, das auch Clintons Schwäche bei den jungen Wählern hätte beseitigen können, wurde in ihrem Wahlkampfteam hinter verschlossenen Türen auch ernsthaft diskutiert: das Universal Basic Income, also das Bedingungslose Grundeinkommen.

Statt das zu tun, was ein Wahlkämpfer mitten im Wahlkampf eigentlich tun sollte und sich zu fragen, ob das Thema mehr Wähler mobilisiert als demobilisiert, schuf Clinton einen Expertenstab aus Ökomomen unterschiedlicher Denkrichtungen, die verschiedene Konzepte durchrechneten und auf Machbarkeit überprüften. Am Ende war das Resultat, dass sie keine Möglichkeit sahen, das Konzept kostenneutral umzusetzen. Das sind Gedanken, die man sich macht, wenn man im Weißen Haus sitzt - nicht, während man rein will. Die Integrität Clintons arbeitete hier massiv gegen sie, und noch dazu völlig sinnlos. Sie hatte ohnehin keinen integren Ruf.

Auch auf anderen Gebieten hatte Clinton solche Probleme. So gehörten zu ihrem Programm solch populäre Forderungen wie paid family leave, also der in Europa völlig gängige Mutterschutz, als auch handelspolitische Themen wie die Schaffung eines pan-amerikanischen Energiemarkts. Diese Forderungen mögen auf Basis ihrer Qualität als policy alle ganz großartig sein, aber im Wahlkampf passen sie hinten und vorne nicht zusammen.

Stattdessen hatte Clinton von allem nur das Schlechteste: Statt sich auf einen Wahlkampf zu konzentrieren, der sich auf die Bedürfnisse von Frauen und Familien zu konzentrieren und selbst bei Republicans deutlich populäre Themen zu besetzen, blieb vom paid family leave einmal mehr nur das Label der geldverschwndenden Sozialistin. Vom panamerikanischen Energiemarkt, der Eckstein einer progressiven sicherheitspolitischen Konzeption hätte sein können, die auch noch Clintons Ruf als außenpolitischem Falken hätte neutralisieren können, blieb nur ein Zitat von "open borders", das von den republikanischen parteiischen Medien - noch in der von FOX News gehosteten dritten Debatte mit Trump! - bewusst verzerrend gegen sie verwendet wurde.

Jedes einzelne Thema hätte einen Wahlkampf definieren können. Aber Clinton warf sie nach draußen, wie sie durch tagespolitische Ereignisse, Interviewfragen oder Debattenansätze gerade so auftauchten. Sie wechselte vom Policy-Wonk zur besorgten Großmutter zur Eisernen Lady 2.0 hin und her, wodurch sowohl ein Eindruck der Beliebigkeit als auch der Künstlichkeit entstand, den sie nie loswurde. Genau wie Mitt Romney 2012 hätte sie besser den Mut besessen, ihre genuine Persona als Präsidenten-Oma auszuspielen anstatt sich in Rollen zu werfen, die sie nicht überzeugend vertreten konnte (man denke nur an "Pokémon-GO to the polls!" und andere peinliche Versuche, hip zu wirken). Hier waren sowohl sie als auch ihr Team offensichtlich beratungsresistent.

Ein schwerwiegendes Manko war außerdem ihre Wahnehmung als außenpolitischer Falke. Diese Wahrnehmung ist bis zur Karikatur hin übertrieben und vor allem gegen eine isolationistische Karikatur Donald Trumps gesetzt worden (man denke nur an Augsteins völlig behämmerten Leitartikel von der den Weltfrieden gefährdenden Clinton gegenüber einem Pazifisten Trump, die er mittlerweile zwar zurückgenommen hat, aber sher kleinlaut und ohne echte Einsicht). Aber Clinton ist in ihrem Interventionismus, anders als bei ihrem innenpolitischen Programm, deutlich rechts im demokratischen Mainstream. Das wurde ihr ja auch 2008 zum Verhängnis, als Obama ihre Unterstützung des Irakkriegs gegen sie verwendete - ein Muster, das Trump 2016 auch gegen sie wiederholen wurde und das Bernie Sanders im Vorwahlkampf ebenfalls gut nutzte.

Aber diese Wahrnehmung basiert eben auf leicht nachprüfbaren Fakten. Clinton unterstützte den Irakkrieg, und sie unterstützte ihn deutlich länger als andere "liberal hawks" der Partei, etwa John Kerry. 2011 unterstützte und trieb sie sie Intervention der USA in Libyen. Gleichzeitig war sie es aber auch, die dem damaligen russischen Präsidenten Medwedew den Knopf zum "Neustart" der amerikanisch-russischen Beziehungen überreichte, die für multilaterale Lösungen und eine Stärkung der UNO eintritt. Clinton war bemerkenswert schlecht darin, außenpolitische Konzeptionen vorzustellen und im Wahlkampf zu betonen, die den karikaturhaften Eindruck ihres Falken-Tums ausgeglichen hätten.

Dieser Faktor dürfte ihr vor allem bei der Mobilisierung der eigenen Anhänger geschadet und mit zu der vergleichsweise niedrigen Wahlbeteiligung der progressiven Basis beigetragen haben; bei den Republicans und den Moderaten dagegen war diese Haltung eher populär und sorgte dafür, dass einige prominente #NeverTrump-Republicans zu ihrer Wahl aufriefen (nicht, dass das viel ausgemacht hätte) und dafür, dass einige Wähler in den Vorstädten und beim Militär ihr gegenüber aufgeschlossener waren. Wegen des späten Schwungs dieser unentschlossenen Wähler nutzte ihr dies allerdings nichts.

Der schlimmste Faktor in Clintons Kontrolle aber war sicherlich ihre Beziehung zu Goldman Sachs. Clinton hatte 2008 im Vorwahlkampf bis zuletzt gegen Obamas zunehmend unausweichlicheren Sieg angekämpft. In den letzten Wochen vor dem Parteitag waren ihre Unterstützer zunehmend von der Fahne gegangen, wie das immer ist - aber wenig an ihren Wahlkampfkosten änderte. Clinton verschuldete sich in Millionenhöhe, um diese Wahlkampfkosten zu decken. Auch das ist im amerikanischen System nicht ungewöhnlich; die Verlierer der Vorwahlen auf demokratischer wie republikanischer Seite beenden ihre Vorwahlkämpfe jedes Mal mit Schulden in Millionenhöhe. Der Gewinner kann durch die Arrondierung der Parteiunterstützung diese Schulden abbezahlen - die anderen nicht. Üblicherweise erklären die Kandidaten den Bankrott ihrer Organisation und schaffen sich die Schulden so vom Hals. Clinton tat das nicht. Zu einem gewissen Teil spielte da sicher ihre persönliche Integrität eine Rolle; zu einem anderen, wesentlich größeren Teil dass sie 2016 wieder anzutreten plante.

Und da kommen ihre Reden ins Spiel. Um die Schulden abzubezahlen, gingen Clinton und ihr Mann (vor allem nach Clintons Rücktritt vom Außenministeramt 2012) auf eine Tour hochbezahlter Reden. Das ist grundsätzlich nicht ungewöhnlich; ungewöhnlich war das Ausmaß: die Clintons hielten viele Reden, und sie waren gut bezahlt und hinter verschlossenen Türen. Diese Reden waren eine Notwendigkeit, um die Schulden abzubezahlen als auch die Kriegskasse neu zu füllen. Offensichtlich war es interessant genug, was die beiden zu sagen hatten (ich habe schon eingangs betont, dass Clinton in privaten Settings eine deutlich interessantere Person ist als bei klassischen Wahlkampfveranstaltungen), um das viele Geld zu rechtfertigen. Was Clinton sagte, weicht (wie 2012 auch bei Romney) auch genug vom Standardwahlkampf ab. Nicht zufällig stammen sowohl Romneys 47%-Fauxpas als auch Clintons gleichartiger Fehltritt vom "Basket of Deplorables" aus solchen Reden hinter verschlossenen Türen. Die beiden Clintons waren in diesen Reden sehr erfolgreich - und legten die Saat ihres Untergangs.

Denn sowohl Bernies Kandidatur als auch Trumps späterer Wahlkampf nutzten diese Verwicklung Clintons mit der Wallstreet als hauptsächliches Mittel, um sie als Insider und Mainstream-Kandidat darzustellen, als Marionette eines mächtigen Establishments der Ostküstenelite (wobei Bernie und Trump völlig unterschiedliche Dinge damit meinten). Das war sehr erfolgreich, und es wäre niemals möglich gewesen, wenn Clinton nicht persönlich so stark verwickelt gewesen wäre. Obama bekam für den Wahlkampf ja auch Millionenspenden von der Wallstreet, aber ähnliche Angriffe seitens der Linken waren bei ihm deutlich weniger erfolgreich, schlichtweg weil bei ihm diese Verbindungen viel weniger persönlich waren als bei Clinton. Die schiere Existenz dieser Skandale ist, worüber Clinton die Kontrolle gehabt hat.

Und das ist, abschließend, auch der Teil des Emailskandals, an dem sie Schuld trägt. Wir werden im abschließenden Teil noch genügend auf die Emails eingehen. Aber die Tatsache, dass sie einen eigenen Emailserver aufsetzte, obwohl sie wusste, dass diverse entscheidende Leitmedien, allen voran die New York Times, ihr in gegenseitig tief empfundener Abneigung verbunden waren, obwohl sie wusste, dass ihre Gegner versuchen würden sie mangels echter Skandale an genau solchen technischen Feinheiten aufzuhängen und obwohl sie aus eigener leidvoller Erfahrung wusste, dass ohnehin - zu Recht oder Unrecht (*hust* zu Recht *hust*) - der verbreitete Eindruck existierte, dass die Clintons glaubten, nicht demselben Regelwerk wie alle anderen unterworfen zu sein, trotz all dieses Vorwissens setzte Clinton den Emailserver dennoch auf.

Oder besser, ließ ihn aufsetzen. Denn ihre Verteidigung - dass sie schlichtweg keine Ahnung von dem hatte, was da vor sich ging, weil sie sich mit der Technik nicht auskennt - ist absolut glaubhaft. Wer ihre geleakten Emails gelesen hat, in denen sie ihrer Mitarbeiterin im Nebenzimmer den Auftrag gibt, einen interessanten Artikel für sie auszudrucken, damit sie ihn später lesen kann, wird ihr das sofort abnehmen. Clinton ist ein technischer Analphabet; sie kann Emails schreiben und empfangen und möglicherweise einige Grundfunktionen von Microsoft Office bedienen, aber das war's auch. Nur entlastet sie das nicht. Denn zum einen ist es im Jahr 2016 schon etwas peinlich, ein Internetausdrucker zu sein (auch wenn es, da sind wir wieder bei Narrativen, schön in ihre "Grandma Clinton"-Persona gepasst hätte), und zum anderen ist eine der entscheidenden Aufgaben eines Präsidenten, geeignetes Personal auszuwählen, das integer ist und auf das man sich verlassen kann. Und wenn Clinton Leute hat, die ihr so einen Server aufsetzen, und die als gewiefte und gut bezahlte politische Berater über all die obigen Faktoren Bescheid wissen, dann hat sie da einen Mangel an Urteilsvermögen bewiesen, der gegen sie spricht.

Nur war es nicht dieser Mangel an Urteilsvermögen, der im Emailskandal thematisiert wurde. Clinton tat alles, was ein Politiker im Umgang mit Skandalen tun muss, und dann ging sie die Extra-Meile, wie es ihre Art ist: Sie entschuldigte sich bei jeder Gelegenheit offen und vollumfänglich und übernahm die Verantwortung. Als Bernie Sanders in einer TV-Debatte im Oktober 2015 erklärte, dass "the whole country tired of hearing about your goddamn emails" war, traf er damit durchaus ein verbreitetes Gefühl. Die Angelegenheit hätte hier enden und ein uninteressanter republikanischer talking point werden können, der auf Seiten der demokratischen Wählerschaft niemand interessierte. Davon gingen übrigens auch die Experten aus. Stattdessen wurde eine kleine Angelegenheit zur Sache auf Leben und Tod aufgeblasen und würde am Ende über diverse Umwege und dritte Faktoren zum Untergang ihrer Kandidatur führen, aus Gründen, die nicht in Clintons Macht lagen. Mit diesen Gründen werden wir uns im letzten Teil der Serie beschäftigen.

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