Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.
Fundstücke
1) Beyond the counter-offensive: Attrition, stalemate, and the future of the war in Ukraine
Die SPD bekommt in meinen Augen viel, viel zu wenig Kritik für ihre obstinente Haltung in der Drohnenfrage über die letzten Jahre. Die Verhinderung einer vernünftigen deutschen Drohnenpolitik ist angesichts der Entwicklungen um russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine noch dämlicher, als sie es im relativen Frieden vor 2022 bereits war. Dass das effektiv immer noch nicht angegangen wird - mir wäre jedenfalls weder ein neues Programm für Drohnen noch für Luftbekämpfung in der Bundeswehr bekannt - ist wieder mal so typisch für alles, was gerade schief läuft, es ist zum Haare Raufen.
Ich bin mit meinem beschränkten Sachverstand d'accord mit Gressels Ausführungen; die Lage ist nicht überragend. Die russische Strategie, darauf zu hoffen, dass der Westen die Ukraine nicht ausreichend unterstützen wird, ist bedauerlicherweise sehr realistisch. Die Republicans in den USA kündigen das ja bereits offen an, und Deutschland (und wenn ich es richtig weiß auch Frankreich) sind jetzt nicht eben in der Lage oder Willens, da mehr zu tun. Düsteres Bild.
2) Die Ersten rücken vom Kanzler ab
Zuerst einmal die Stilkritik: dieser Artikel ist wieder mal so typischer Berliner Blasenjournalismus, da tut das Lesen weh. Völlig sinnloses Geraune und Spekuliere, das nur auf dem Mist der Journalist*innen selbst gewachsen ist, wird irgendwie als Report verkauft - als ob es eine Debatte zur Ersetzung von Scholz durch Pistorius gäbe! Klar, der Kerl hat große Beliebtheitswerte, aber wie viele Deutsche wissen überhaupt, dass er existiert?! Anstelle von vernünftigen Analysen kriegt man Allgemeinplätze à la "die SPD muss besser kommunizieren". Und klar, die FDP kommuniziert besser, aber mir wäre neu, dass es denen gerade super geht in den Umfragen. Diejenigen, die mit Abstand am schlechtesten kommunizieren, die Grünen, stehen AM BESTEN da. Solche grundsätzlichen Logikprobleme müssen einem doch auffallen! Das kann echt weg.
Zur Sache: die SPD steckt gerade definitiv in einer Krise, aber ich weiß auch nicht, was diese Krise groß von der um 2019 unterscheidet, da hatten die auch Umfragewerte von rund 14%. Also, ich zweifle ja nicht daran, dass die hier bedrohlicher ist (ich sag nur Landtage!), aber es gibt eine Grundlage dafür, dass Scholz und Schmidt Ruhe bewahren, und in dem vermaledeiten Artikel steht nichts, das ein guter Grund wäre, dass es anders ist, außer, dass es JETZT ist. Auf eine neue Runde "warum ist die SPD in der Krise" habe ich gerade aber ehrlich gesagt wenig Lust.
3) Wie blicken Journalistinnen und Journalisten auf die Welt?
Stefan Pietsch hat mir diesen Link zugesandt, zusammen mit der Einordnung, dass von Steuergeldern finanzierte Institutionen keinen solchen parteipolitischen Drall haben sollten. Ich habe das Gefühl, das Thema ist grundsätzlich eine vertiefte Auseinandersetzung wert, daher an der Stelle eher in Kürze: die Studie zeigt ziemlich deutlich, dass die parteipolitischen Präferenzen bei weitem nicht so stark sind, wie das oft behauptet wird; was ich aber noch viel wichtiger finde: der Berufsethos der Journalist*innen ist eindeutig einer von Überparteilichkeit. Dies teilen sie mit anderen Berufsfeldern wie Polizei, Militär, Bildung und Wissenschaft, die alle ebenfalls staatlich finanziert werden. Wenn aber die offensichtlich konservativen bis rechteren Präferenzen von Polizist*innen und Soldat*innen keine Problem darstellen (und das tun sie nicht), warum sollte das dann hier anders sein? Die Klage ist vielmehr, dass die Mehrheitspräferenz nicht der eigenen entspricht.
4) Wer fürchtet sich vor Sahra Wagenknecht?
Ich verstehe nicht, wie sich diese Missverständnisse so hartnäckig halten können. Es gibt keine "Mandate zweiter Klasse" oder sonstirgendetwas in diese Richtung. Man kann das als moralischen Appell formulieren, aber so zu tun, als geschehe hier etwas Unrechtmäßiges, ist schlicht falsch. Ob über Liste oder Direktmandat, Abgeordnete werden als Abgeordnete in den Bundestag gewählt. Das ist zwar eine Fiktion, weil 99,9% der Wählenden nach Parteipräferenz wählen, aber diese Fiktion ist die Grundlage unseres Wahlrechts. Selbstverständlich können Wagenknecht und Co ihre Mandate behalten, und selbstverständlich werden sie das auch. Ohne die haben sie ein echtes Problem. Diese Forderung, wie sie Hettlage hier formuliert, kommt alle naselang auf, wenn mal wieder Leute die Partei wechseln, und sie ist und bleibt Unfug. Wer das ändern möchte, müsste das passive Wahlrecht ändern, und das ist eine größere Operation. Ich halte sie auch für genauso verfehlt wie die Debatten um Listen- und Direktmandate.
5) Was ein Präsident Trump für die Sicherheit Europas bedeuten würde
Zitat aus dem Artikel: "Der wohl wichtigste Grund aber, der ein öffentliches Nachdenken der Regierung verbietet: Die möglichen Folgen einer neuerlichen Amtsübernahme von Donald Trump sind derart fundamental, dass schon das halbamtliche Spekulieren darüber unkalkulierbare politische Konsequenzen haben könnte. Wenn also überhaupt geplant wird, dann darf das nur streng vertraulich geschehen. "Möglichst wenig aufschreiben!", sagt ein hochrangiger Diplomat. Denn was verschriftlicht ist, könnte geleakt werden. Das alles ist nachvollziehbar. Es ändert aber nichts daran, dass es bis zum 5. November, dem Wahltag, nur noch zehn Monate sind – und die Welt, sollte Trump siegen, schon am 6. November eine völlig andere wäre." Mich überzeugt das ehrlich gesagt. Eine deutsche Planung für den Fall eines Trumpsiegs ist ohnehin borderline nutzlos, denn was außer "wir sind verloren!" sollte da drinstehen? Wie genau ersetzen wir den amerikanischen nuklearen Schutzschirm? Nicht, dass ich die deutsche Fähigkeit in Frage stellen möchte, mit einigen Planfeststellungsverfahren in nur 37 Jahren eine eigene Atombombe zu entwickeln. Oder auch: was hilft es, in einen Plan zu schreiben, dass wir im Falle des Abzugs der US Army aus Europa innerhalb einiger Monate die bestehenden Kapazitäten der Bundeswehr verfielfachen und dazu mehrere neue aufbauen müssen?
Resterampe
a) Ich sag's immer wieder, diese Bürger*innenbeteiligung ist ein Riesenproblem und verhindert überall Lösungen.
b) Irrsinn.
c) Sehr guter Artikel zur historischen Entwicklung der deutschen Staatsfinanzierung.
d) Ganz guter Artikel zur Sprachverrohung.
e) Super Podcast zum Programm der AfD. Ich sag es ja, auf der Ebene müsste mehr passieren.
f) Angesichts der berechtigten Kritik an Bullys Komödien der 2000er bin ich etwas beunruhigt bezüglich "Der Schuh des Manitu 2", mal davon abgesehen dass der Winnetou-Stoff doch echt sooooo nen Bart hat mittlerweile...? Aber vielleicht aktualisiert er den Stoff ja.
g) Überraschung in 3...2...1...Energiewende: Windkraftausbau hängt deutlich hinter Zielen der Ampel zurück.
h) Übersicht zur Reform des Staatsbürgerschaftsrechts. Klingt sinnvoll für mich. Go Ampel! Dafür seid ihr gewählt. Und wen's interessiert der neue Test.
i) Recht schreiben.
j) Im Griff der libertären Krake. Für Cimourdain besonders.
k) Kids learn better on paper? Don’t be so sure…. Bin ich auch nicht.
l) Ausführliche Kritik an Wilkersons "Caste", das ich im März 2022 rezensiert hatte. Auf Bluesky hat Jamelle Bouie auch viel Kritik und diskutiert das mit diversen Leuten.
m) Peak linke Basis. Diese Leute... (Mein Kommentar.)
n) Super lesenswertes Interview zum Zustand der Bahn.
p) Elon "Keinerlei Sensibilität für irgendwas" Musk hat in Auschwitz eine Präsentation gegeben, wie der Holocaust live auf Twitter aussehen würde. Und...er hat nen Punkt.
q) Guter Punkt zur Wissenschaftsförderung. Der leider auch.
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