Sonntag, 27. Februar 2011

Die 13 Tage des Guttenberg

Von Stefan Sasse

Es gibt zwei Dinge, die Guttenberg ohne Zweifel geleistet hat. Das erste ist, die Wehrpflicht abzuschaffen. Das war eine politische Herkulesleistung, die der Politik seit 20 Jahren nicht gelungen ist, obwohl vier von fünf Parteien sie in ihren Wahlprogrammen regelmäßig fordern. Dass ausgerechnet ein Politiker jener fünften Partei, die sich stets für sie eingesetzt hat, ihr Ende bereitet hat ist bezeichnend: das Prinzip von "Nixon goes to China" hat einmal mehr seine Richtigkeit gefunden. Die zweite Leistung hat er zwar nur ausgelöst, aber ohne ihn wäre sie kaum vorstellbar: er hat Deutschland den spannendsten politischen Skandal seit Jahren beschert. Man muss auch das würdigen. In den letzten 13 Tagen ist so viel passiert, so viel neue Information hinzugekommen, dass es sich lohnt die ursprüngliche Analyse einer Generalrevision zu unterziehen und noch einmal zu sehen, was eigentlich passiert ist und welche Schlüsse daraus nun zu ziehen sind. 

Freitag, 25. Februar 2011

Nur mal nebenbei....

Von Stefan Sasse

Weil man gerade hin und wieder in den Leitmedien auch den Vorwurf an Guttenberg aufblitzen sieht, er habe seinen Lebenslauf gefälscht: Klick (man achte aufs Datum).

Donnerstag, 24. Februar 2011

Mal was grundsätzliches...zur Bundeswehr

Von Stefan Sasse

Den Oeffinger Freidenker gibt es nun seit über vier Jahren. Viele Themen wurden bereits mehrfach in unterschiedlichen Beiträgen behandelt, so dass es dem Autor oftmals unnötig erscheint, bestimmte Anspielungen oder Einstellungen näher zu erläutern. Seit 2006 hat sich die Leserschaft jedoch stark vergrößert, und für die, die neu dazugekommen sind, mag nicht immer alles sofort klar sein, was der Oeffinger Freidenker schreibt. Die neue Serie "Mal was grundsätzliches…" soll diese Lücke schließen, in dem noch einmal eine Zusammenfassung zu bestimmten Themen gegeben wird. Diese Folge befasst sich mit der Bundeswehr. 

Die Abschaffung der Wehrpflicht durch Verteidigungsminister Guttenberg, die seine wohl unbestritten größte politische Leistung darstellt - ganz egal, wie man selbst zum Sachthema steht - hat eine ganze Reihe von Ängsten und Befürchtungen geweckt. Im Guten wie im Schlechten wird Deutschland ab sofort nur noch eine Berufsarmee haben. Über all dem schwebt stets der drohende Schatten Weimars, wo die Berufsarmee sich als "Staat im Staate" gerierte und maßgeblich an der Instabilität und dem finalen Fall der Republik schuld war. Viele sehen dieses Weimarer Gespenst nun auch mit einer Berufsarmee "Bundeswehr" am Horizont wetterleuchten. Es gehört zusammen mit der Hyperinflation wohl zu den zwei größten mentalen Erbstücken aus der Weimarer Zeit. Wie groß aber ist diese Bedrohung? Und welche Richtung könnte die Bundeswehr in Zukunft nehmen? 

Mittwoch, 23. Februar 2011

Schavanereien

Von Stefan Sasse

Sie wolle Lehrer künftig Leistungszulagen geben, erklärte Schavan auf der Stuttgarter Bildungsmesse didacta, damit "auch die besten eines Jahrgangs Lehrer werden". Wie das funktionieren soll ist wie immer nicht ersichtlich. Es gibt fast keinen Reformvorschlag, der so oft ohne nähere Kontur vorgebracht wird wie "Lehrer nach Leistung bezahlen", immer verbunden mit dem Argument, dass man dann bessere Leute bekommen würde. Bloß, was ist "Leistung" bei einem Lehrer überhaupt? Wer definiert denn, was einen "guten" Lehrer ausmacht? Frag fünf Pädagogen, und du bekommst fünf verschiedene Antworten. Eine Objektivierung ist in der Schule nur über das Mittel möglich, das Lehrer selbst mit durchwachsenen Ergebnissen anwenden (müssen), um Schüler zu quantifizieren: Noten. Entweder also fängt man an, Lehrer künftig nach einem fixen Katalog von Kriterien zu evaluieren - das wäre das Ende von kreativem und aus Freude gemachtem Unterricht. Stattdessen müsste er nur noch einer Handvoll von höchstwahrscheinlich wirklichkeitsfremden Kriterien genügen, gewissermaßen eine indefinitive Fortsetzung der Unterrichtsbesuche von Referendaren, die selbst schon mit echtem Unterricht nichts zu tun haben. Oder aber man quantifiziert gleich an der Schülerleistung: desto besser die Noten der Schüler, desto besser offensichtlich der Lehrer. Ludger Wißman vom ifo-Institut plädiert für eine solche Lösung. In wie fern es für die Arbeit von Lehrern motivierend sein soll, auf Gedeih und Verderb von der Tagesleistung von Jugendlichen abhängig zu sein, die eventuell den Abend vorher in einer Disco verbracht haben, bleibt dabei offen. Vorstellbar ist dieser Weg ohnehin nur durch Bewertung einheitlicher Tests, in BaWü etwa der Zentralen Klassenarbeiten. Jeder Lehrer würde dadurch aber nur den Hauptteil des Schuljahres darauf verwenden, die Schüler auf ein gutes Abschneiden in diesen zentralen Tests zu drillen - ernsthaft gelernt würde nichts mehr, jegliche Kreativität oder Eigeninitiative erstickte im Keim. Versenkt endlich diese blöde Idee von der "Bezahlung nach Leistung" - es funktioniert nicht.

Quousque tandem, Herr Minister?


“Wie lange noch, Catilina, wirst du unsere Geduld missbrauchen?” Mit diesem berühmten Zitat begann im antiken Rom einst Marcus Tullius Cicero die erste seiner Reden gegen Catilina, und man ist versucht, dies in abgewandelter Form auch dem Verteidigungsminister zuzurufen, der immer mehr zu einem “Selbstverteidigungsminister” mutiert. Natürlich ist Karl-Theodor zu Guttenberg keinesfalls einem Hoch- und Landesverräter gleichzusetzen, aber er strapaziert zunehmend die Geduld des Publikums.

Dienstag, 22. Februar 2011

Erinnerung und Geschichtsbewusstsein der Deutschen

Von Stefan Sasse

Holocaust-Mahnmal, Berlin 2006
Das deutsche Verhältnis zur eigenen Vergangenheit war seit Gründung des deutschen Nationalstaats 1871 einigen Änderungen unterworfen. Von nationaltrunkenem Chauvinismus, wo man tausendjährige Entwicklungslinien endlich zum glücklich-glorreichen Abschluss gebracht sah, zur These des großen Verrats durch die Linke nach dem verlorenen Weltkrieg hin zum kompletten Verwerfen der eigenen Vergangenheit als Fehlentwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg befindet sich das historische Erinnern der Deutschen in einem erneuten Umbruch. Das natürliche Aussterben von Zeitzeugen aus der Epoche des Nationalsozialismus und das  Erinnern an die Zeit davor ermöglichen es mehr und mehr, den Blick auf die deutsche Vergangenheit zu entkrampfen. Die Wiedervereinigung hat ihr Übriges dazu getan, die Bewältigung der eigenen Vergangenheit in Frage zu stellen, und die anhaltenden Debatten über die Erinnerung an die Vertriebenen oder die jahrelangen Streits um das Holocaust-Denkmal bestimmen die aktuelle Debatte. Dieser Entwicklung soll im Folgenden nachgespürt werden, ehe eine finale Analyse gewagt wird. 

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Montag, 21. Februar 2011

Ein Link zu Guttenberg

Von Stefan Sasse

Ich würde zwar gerade gerne mehr schreiben, aber hab am Mittwoch Examen Deutsch und komm deswegen gerade kaum dazu. Lest deswegen mal diesen Artikel von Max Steinbeis, der enthält einen ziemlich elementaren Denkanstoß.

„Wir schrumpfen, wir sterben aus, immer mehr Rentner, immer weniger Erwerbsfähige…“

oder: Das Dilemma einer grotesken Ideologie

Von Jürgen Voß

„Globalisierung und Demografie verändern die Welt!“ Mit diesem Kernsatz eröffnete ein bekannter Ministerpräsident (inzwischen in die Privatwirtschaft gewechselt) vor einigen Jahren ein Statement im Radio. (Nach diesem Satz habe ich – zu meiner Ehre gesagt – abgeschaltet.)

Sonntag, 20. Februar 2011

Fundstück

Von Stefan Sasse

Meine Güte, bei diesem Spiegel-Video hat sich die Redaktion nicht gerade mit Ruhm bekleckert: in einem Beitrag über den neuen Wasserwerfer (ihr wisst schon, dieser blaue Panzer) wird eine Sprache verwendet, bei der man sich die ganze Zeit fragen muss, ob das eigentlich Satire sein soll - allein, der Beitrag ist wohl ernstgemeint. Schaut's euch an, grinst unsicher, gruselt euch oder würgt oder alles zusammen. 

Via Fefe.

Samstag, 19. Februar 2011

Guttenberg-Witze [UPDATE8]

Von Stefan Sasse

Die Plagiats-Affäre dürfte für Guttenberg echt schmerzhaft werden - Lachen ist bekanntlich der Todfeind des Respekts. Der einstige Überflieger wird nun, wie der Karnevalsverein bereits unkt, zum "Überflieger mit Bodenhaftung und Mut zu akrobatischem Querdenken". Im Folgenden einige Guttenberg-Witze, die zur Zeit kuriseren. Auf dass es mehr werden :)

UPDATE8: Neuer Userwitz dazu.

Freitag, 18. Februar 2011

Comeback des Geschichtsrevisionismus?


In Deutschland haben in den letzten Jahren geschichtsrevisionistische Bestrebungen wieder Aufwind bekommen. Die Einrichtung eines Gedenktages für die deutschen Vertriebenen ist dabei nur ein Beispiel.
Der Deutsche Bundestag möchte den 5. August zu einem nationalen Vertriebenen-Gedenktag machen. Die schwarz-gelbe Mehrheit beschloss dies letzte Woche Donnerstag gegen die Stimmen der Opposition. Besonders heikel ist, dass sich Union und FDP dabei auf die “Charta der Heimatvertriebenen” von 1950 berufen: Sie wird als ein “Gründungsdokument der BRD” bezeichnet und der angedachte Gedenktag soll auf den Jahrestag ihrer Unterzeichnung gelegt werden. Es handelt sich bei dieser Charta um ein krudes Dokument, in dem die deutschen Vertriebenen sich als “die vom Leid dieser Zeit am schwersten Betroffenen” bezeichneten, das die Grenzen Nachkriegs-Deutschlands nicht akzeptierte und von NSDAP-, SA- und SS-Funktionären mitverfasst und unterzeichnet wurde. Die Deutschen werden darin nur als Opfer behandelt, die unfassbaren Verbrechen der Nationalsozialisten werden vollkommen verschwiegen. Weiterhin verzichten die Vertriebenen in dem Dokument auch noch feierlich auf Rache und Vergeltung – ganz so, als stünde diese ihnen zu.

Donnerstag, 17. Februar 2011

Zitat des Tages

Von Stefan Sasse
An dieser Stelle ist ein Lob der Politik dringend geboten: Allein Guido Westerwelle könnte einen Doppeljahrgang Jura-Absolventen in Vollzeit beschäftigen, wenn er sich um justiziable Äußerungen über ihn im Web kümmern würde. Er tut es schmuckerweise aber nicht, ebensowenig wie die meisten seiner weniger aber immer noch vielgeschmähten Kollegen. Die angesichts der Skandale, Fehlentscheidungen und Unzulänglichkeiten der letzten Jahre verloren geglaubte Vorbildfunktion deutscher Politiker - hier strahlt ihr Stern noch hell. Wie lächerlich machte sich Polens Präsident Lech Kaczynski, als er die juristische Verfolgung der "taz" forcierte, die ihn als Kartoffel bezeichnet hatte. (Sascha Lobo)

Mittwoch, 16. Februar 2011

Guttenberg und ein linker Professor [UPDATE2]

Von Stefan Sasse

Guttenberg bekommt erneut Kratzer an sein Strahlemann-Image: seine Doktorarbeit, 2006 fertiggestellt, soll an acht Stellen ein Plagiat sein - in der wissenschaftlichen Community ein schwerer Vorwurf, der zum Entzug der Doktorarbeit führen kann. Entdeckt hat das zufällig ein Jura-Professor, der das Ding für eine Rezension seines Magazins gelesen und einen Google-Routine-Check gefahren hat. Es soll hier gar nicht so sehr um Guttenbergs Arbeit selbst gehen - im politischen Geschäft ist ein Doktortitel wegen des Seriositätsbonus' viel wert -, sondern um die explizite Betonung in der SZ, dass der fragliche Entdecker ein Linker sei und auch sein Magazin selbst im linken Meinungsspektrum einzuordnen ist. Stephan Hebel, den ich sonst sehr schätze, hat bereits deutlich auf dieses Fakt aufmerksam gemacht. Allein, in dem Fall zielt die Kritik ein wenig ins Leere. 

Dienstag, 15. Februar 2011

Überzeugungstäter

Von Stefan Sasse

Der Chefredakteur der Wirtschaftswoche, Roland Tichy, setzt in einem Beitrag Axel Weber ein Denkmal. Weber habe sich in den letzten Jahren aus politischen Gründen bis zur Selbstverleugnung getrieben, indem er den geldpolitischen Kurs der EU mitgemacht habe, indem er sich nicht entschieden gegen die Inflationspolitik gestellt habe:
Weber ist einer der letzten prominenten Verfechter der reinen Lehre der Anti-Inflationspolitik. Die ehernen ordnungspolitischen Wahrheiten schweißen die Spitzen der Deutschen Bundesbank zu einem elitären Zirkel von Überzeugungstätern zusammen. Für diese Ökonomen sind die strikten Regeln der Geldpolitik unantastbar und nicht verhandelbar.
Nun ist es sicher ehrenwert, dass gegen Inflation angegangen wird - denn wirklich haben will die keiner. Allein, in ihrer Überzeugungstäterschaft, die bei Tichy als große Tugend daherkommt, tun Weber und die anderen Bundesbanker niemandem einen Gefallen. 

Sonntag, 13. Februar 2011

Republikaner arbeiten weiter am Wahlsieg Obamas 2012

Von Stefan Sasse

Die Tea-Party-Bewegung geriert sich immer mehr wie eine amerikanische FDP: genauso überdreht, genauso wirklichkeitsfremd. Im Midterm-Wahlkampf 2010 versprachen sie, von Obamas erstem Budget - also dem jetzt vorgelegten - 100 Milliarden zu kürzen, pauschal, aus allen Bereichen außer aus dem Verteidigungsbudget. Die erfahrenen Republikaner aus dem Kongress waren schlau genug, ein etwa 37-Milliarden-Kürzungsprogramm vorzulegen, das recht selektiv kürzt und sich dank der republikanischen Kernthemen - Kampf gegen die "big spenders" in Washington - wohl auch politisch vertretbar wäre. Nun haben aber die Tea-Party-Hinterbänkler beschlossen, dass es dringend notwendig ist, sofort 100 Milliarden zu kürzen. Wahlversprechen ist Wahlversprechen. Allein, schizophren wie der Wähler eben nun mal ist, selbst die republikanischen Wähler wollen eigentlich keine Kürzungen in Bereichen, die sie betreffen, von social security bis education. Einzig und allein bei der Kürzung von Entwicklungshilfe, die in den USA eh nicht sonderlich hoch ist, gibt es eine satte Mehrheit. In ihrem Bestreben, ein Wahlversprechen umzusetzen, setzen sich die Tea-Party-Republikaner also massiv in die Nesseln. 

Live-Blogging vom Kongress - Sonntag

Von Stefan Sasse

Dieser Post wird regelmäßig aktualisiert.

14.45 Uhr. Stefan meldet sich ab, wir werden nun gehen, aber die Diskussion und damit der Kongress neigen sich ohnehin dem Ende. Ich hoffe ihr hattet Spaß bei dem Ding hier und wir sehen uns morgen wieder! 

14.39 Uhr. Weitere Erzählungen. Sehr spannend alles. 

14.21 Uhr. Vortrag beendet. Fragerunde beginnt. 

13.46 Uhr. Schmenger spricht erneut das Thema an, das er im Privatgespräch vorher bereits gehabt hat: wer kontrolliert den Staat, wer sorgt für mehr Transparenz? Dummerweise landet man immer im gleichen Dilemma: man hat eine Überwachungsorganisation, die niemand überwacht, ganz egal wie viele Wächter man einschaltet. Auch dass der Weg der direkten Konfrontation, der effektiv mit der Aufgabe des bisherigen Lebens endet, nicht für jeden gangbar ist, ist ein solches Dilemma.

Samstag, 12. Februar 2011

Live-Blogging vom Kongress - Samstag

Von Stefan Sasse

Dieser Post wird regelmäßig aktualisiert.

20.05 Uhr. Schluss für heute. Wir werden jetzt ein Lokal suchen und den Abend beschließen. Ergebnisse gibts morgen. Schönen Abend noch!!

19.30 Uhr. Werner Rügemer beschließt die Diskussion. 

19.27 Uhr. Martin Betzwieser von den NDS meldet sich. Er berichtet von Erfolgen von LobbyControl, die auch auf die traditionellen Medien durchschlugen. Er erklärt die Untätigkeit der Medien und ihren Ärger über Blogger damit, dass sie diese Unfähigkeit immer wieder herausstellen. Etwas überzogen ist seine Idee, dass Blogger ihre Qualität daraus ziehen, dass sie kein Geld verdienen. Es kommt generell wieder die Linie, dass Massenmedien von den Anzeigenkunden kontrolliert werden; ich halte das im Kern für korrekt, aber letztlich ist es eher die Schere im Kopf als eine aktive Verschwörung. 

Freitag, 11. Februar 2011

Kongress-Bloggen und so

Von Stefan Sasse

Ich mach mich dann auch mal in Richtung Kongress auf. Wenn es klappt, kommt von da irgendwann dieses WE ein Live-Bericht, wenn nicht halt später :) Hoffentlich sieht man jemanden dort. Allen anderen schon mal ein schönes WE!

Mittwoch, 9. Februar 2011

Ins Rampenlicht gezerrt

Von Stefan Sasse

In seinem Artikel "Kanonen gegen Online-Spatzen" überlegt Jens Berger beim Spiegelfechter, warum die Verlage - allen voran SZ und FAZ - so aggressiv gegen ein Webangebot vorgehen, das ihnen eigentlich nur nützen kann: die Seite commentarist.de wollte Anrisse von Meinungsartikeln sammeln, also ein wenig wie eine Suchmaschine für Meinungen aller Zeitungen. Da die Anrisse direkt zu den jeweiligen Artikeln führen, konnten die Verlage nur profitieren, doch SZ und FAZ packten die juristischen Geschütze aus und zwangen commentarist.de zur vorläufigen Einstellung des Angebots. Gleichzeitig sind noch Klagen darüber anhängig, wie viel Zitat aus bestehenden Artikeln erlaubt sein soll. Die juristische Zielsetzung scheint zu sein, dass selbst eindeutige Phrasen - etwa "Wir sind Papst" oder ähnliche Überschriften - geschützt sein und nicht zitiert werden dürfen. Das wäre natürlich das Ende des Bloggens, wie wir es kennen. Die Frage aber, warum die Verlage so etwas tun - schließlich bringen diese Zitate Aufmerksamkeit und wegen der Links Leser - kann Jens Berger nicht wirklich schlüssig beantworten. 

Dienstag, 8. Februar 2011

Ägypten? Da war doch was...


Noch ist der Kairoer Tahrir-Platz belagert – von Demonstranten, die 30 Jahre Militärherrschaft und Korruption unter Husni Mubarak beenden wollen, und von außen von “Gegendemonstranten”: Parteigänger des Mubarak-Regimes, die das demokratische Aufbegehren gerne niederschlagen würden, wenn nicht das Militär derzeit halbherzig die junge Demokratiebewegung schützen würde. Noch ist die Situation in Kairo wie im Land weiterhin ungeklärt, aber die ersten Journalisten wurden bereits abgezogen, wie Sonja Zekri in einem ebenso ehrlichen wie nachdenklich stimmenden Artikel in der Süddeutschen zu berichten weiß.

Montag, 7. Februar 2011

Von einem, der auszog um die Linken zu hassen

Von Stefan Sasse

Die sechs Kolumnisten, die sich SpiegelOnline gegönnt hat und die an allen sechs Werktagen jeweils ihre Kolumne herausgeben, sind schon ein buntes Völkchen. Jakob Augstein ist als linksliberales Gewissen unterwegs, Sascha Lobo darf Weisheiten zum Web 2.0 zum Besten geben, das ja außer ihm niemand versteht, Steffi Kammerer schreibt Glamouröses und Georg Diez darf sich dem Feuilleton hingeben, während Sybelle Berg das "Vermischte" bedient. Und dann ist da noch Jan Fleischhauer. 

Die DDR - Ein Staat auf Abruf

Von Stefan Sasse

Staatsflagge der DDR ab 1955
Die DDR ist seit 20 Jahren passé, das ist die Hälfte der Zeit, die sie überhaupt existiert hat. Im öffentlichen Bewusstsein dagegen ist sie noch hochaktuell - hauptsächlich als eine Negativfolie im deutschen Geschichtsbewusstsein. Das Thema ist auch hochsensibel; mit DDR-Vergleichen kann man sich im medialen Diskurs ebenso schnell in die Nesseln setzen wie mit NS-Vergleichen, das haben die Landtagskandidaten der LINKEn in Nordrhein-Westfalen zuletzt im Wahlkampf 2010 bemerken dürfen. Obwohl die DDR noch immer so präsent im öffentlichen Bewusstsein verankert ist, ist tatsächliches Wissen über sie, über ihr System und über die Gründe, an denen sie scheiterte, zugunsten einer stark vom eigenen Positiv-Narrativ geprägten Folie kaum verbreitet. Diesem Problem soll hier ein wenig Abhilfe geschaffen werden.


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Freitag, 4. Februar 2011

Orientatlischer Basar der politischen Entscheidungen


Die gerichtlich angeordnete Neuberechnung der verfassungswidrig zustandegekommenen Hartz-IV-Regelsätze versinkt im Vermittlungsausschuss in den Tiefen parteipolitischen Taktierens und wird somit endgültig zur Farce

Als das Bundesverfassungsgericht am 09. Februar 2010 die Berechnung der Hartz-IV-Regelsätze als verfassungswidrig einstufte und die Bundesregierung zur transparenten Neuberechnung bis Ende 2010 aufforderte, bezeichneten dies die politischen Oppositionsparteien als „schallende Ohrfeige für die Regierung“ und lasen sofort im Kaffeesatz des Urteils, auf welchen Betrag daraufhin zu erhöhen sei. Hierbei stellten sie Beträge in den Raum, welche gleichfalls dem gerade gefällten Urteilsspruch widersprachen, da sie weder transparent noch bedarfsgerecht ermittelt wurden.

Donnerstag, 3. Februar 2011

Nebel im Land der Pharaonen

Von Stefan Sasse

Es ist schon merkwürdig: seit mehreren Tagen beherrscht das Thema Ägypten jetzt die Titelseiten der Zeitungen (und nein, das ist normal und keine fiese Verschwörung der Medien, um Nachrichten über Guttenberg zu unterdrücken, das nimmt den Mann viel zu wichtig). Trotzdem komme ich mir keine Sekunde informiert vor. Geht es euch ähnlich? Was ich weiß ist, dass einige junge, photogene Araber mit guter Pose wütend in Kameras gucken und schreien. Bisweilen sieht man auch ein paar Polizisten, aber die meisten Bilder wirken brutal gestellt. Was die Protester wollen - keine Ahnung. Ich erfahre, dass es sich um die Opposition zu Mubarak handelt (von dem ich vorher ehrlich gesagt nie gehört hatte). Für was Mubarak steht, was die Opposition will - ich weiß es bis heute nicht. Es ist dasselbe Muster wie bei den Protesten im Iran letztes Jahr, bei denen man auch nicht erfuhr, was die Opposition nun eigentlich genau wollte. Stattdessen verläuft die ganze Berichterstattung entlang der üblichen Storyline: tapferes Volk steht gegen bösen Diktator für Demokratie und Menschenrechte auf. Aber diese Geschichte ist viel zu simpel, als dass sie zutreffend sein könnte. 

Dienstag, 1. Februar 2011

Doof bleibt doof…

Von Jürgen Voß

Ich bitte um Verzeihung. Aber als Kinder haben wir bei „hoffnungslos erscheinenden Fällen“ oft den Spruch drauf gehabt „D.b.d.d.h.k.P“ (Doof bleibt doof, da helfen keine Pillen). Daran muss ich heute als alter Mann immer denken, wenn ich einen Kommentar von Marc Beise lese. Dieser Mann, führender Wirtschaftsredakteur bei der angeblich seriösesten deutschen Tageszeitung, der „Süddeutschen“, beweist mit jedem Kommentar, den auf die Reise schickt, nicht nur dass er ein bis zur Borniertheit unbelehrbarer Neoliberaler ist (was nicht so schlimm wäre, sind andere auch!), sondern dass ihm elementare Kenntnisse unseres Sozial – und Wirtschaftssystems schlicht und einfach fehlen.