1) We Need to Cut the Crap on Climate Change
8) Tweet
Angesichts dessen, wie beliebt die Vorstellung ist, dass Steuern nur von einer tapferen, ausgebeuteten Leistungselite bezahlt werden und wie dringend diese Entlastung braucht, ist das hier aufgeführte Schaubild lehrreich. Ja, auf die Einkommenssteuern mag das schon zutreffen, aber die Gesamtsteuerbelastung am verfügbaren Einkommen gleicht sich mit einer Ausnahme bei allen Schichten beachtlich. Jeder Vorschlag, die Einkommenssteuer zu senken, dient daher vor allem jenen, die sich weiter rechts auf diesem Schaubild verorten können. Es ist kein Zufall, dass sich die Steuersenkungsdebatten immer um das Zurückschrauben der progressiven Elemente drehen, während die regressiven Elemente bestehen bleiben. Letztere stören, auch das zeigt das Schaubild deutlich, diejenigen mit den großen Einkommen und Vermögen wenig. Sie sind vor allem für die links verorteten, ärmeren Menschen von Belang; ein FDP-Parteitag beschäftigt sich mit solchen Niederungen für gewöhnlich nicht.Dies ist ein fataler Irrglaube: dass Menschen mit geringen Einkommen kaum oder keine Steuern zahlen. Das Gegenteil ist der Fall: diese Menschen zahlen häufig mehr ihres Einkommens an Steuern und Abgaben als Menschen in der Mittelschicht! @erik_fluegge https://t.co/PYMzQLLCRd pic.twitter.com/IreksAxWsq— Marcel Fratzscher (@MFratzscher) November 16, 2019
9) CDU-Spitze will keine Kopftücher in Kitas und Grundschulen
Die CDU ist und bleibt eben eine Verbotspartei. Ständig moralisiert sie mit dem erhobenen Zeigefinger und macht ihren Bürgern irgendwelche Vorschriften. Ich sage immer wieder, dass das wahrlich kein Alleinstellungsmerkmal der Grünen ist. Nur macht die CDU das halt cleverer, sie verbietet den sozial Schwachen und anderweitig Ausgegrenzten etwas, da kann sie sich auf die Zustimmung der (wählenden) Mehrheitsgesellschaft verlassen. Das ist natürlich politisch klüger als bei den Grünen, die sich auch nicht scheuen, der eigenen Wählerschaft weh zu tun, wenn es der Sache dient. Hier spielt auch keine große Rolle, dass es ein Rechtsbruch ist, gar gegen das Grundgesetz selbst geht. So etwas ist nur dann relevant, wenn man eine Störung der Lucke'schen VWL-Vorlesung oder ein höheres Tempolimit abwehren muss; die Bürgerrechte von Minderheiten sind jederzeit verhandelbar. Die progressiven Parteien sollten wesentlich mehr in Projektion investieren und beständig darauf hinweisen, dass ALLE Parteien irgendwelche Verbote und Einschränkungen fordern und das mit irgendwelchen moralisierenden Positionen begründen. Jeder tut es. Da aber das Framing der demokratischen Rechten so erfolgreich war, dass dies als einzige Provenienz der Progressiven gilt, sollte hier Waffengleichheit hergestellt werden. Wir sehen die Effektivität dieser Taktik beständig an allen Ecken und Enden. Es ist an der Zeit, dass die Progressiven endlich mal die Samthandschuhe ausziehen.Muslimische Mädchen sollten in der Grundschule und der Kita aus Sicht der CDU-Spitze kein Kopftuch tragen. Darüber soll auf dem kommenden Bundesparteitag abgestimmt werden. "Das Tragen des Kopftuchs macht aus den kleinen Kindern schon erkennbar Außenseiter, etwa auf dem Spielplatz oder auf dem Schulhof. Dies wollen wir in jedem Fall verhindern", heißt es in einer Beschlussempfehlung der Antragskommission für den CDU-Parteitag in Leipzig am Freitag und Samstag. Die CDU setze dabei vor allem auf die Überzeugung der Eltern. "Wir schließen allerdings als letztmögliche Maßnahme auch ein Verbot nicht aus", heißt es weiter. [...] Fraglich ist, ob Kopftücher für Schülerinnen in Deutschland überhaupt verboten werden dürften. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags kam 2017 zu dem Ergebnis, dass das verfassungsrechtlich "wohl nicht zulässig" wäre und bezieht sich dabei auch auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Lehrerinnen mit Kopftuch. (dpa, Die Zeit)
10) India is entering a new dark age
Even when India was an economic basket case of the world, it was a political and spiritual bright spot that guaranteed basic freedoms to its people and offered a refuge to Westerners seeking peace and spiritual wisdom. But under Prime Minister Narendra Modi, India is going backwards on every front: Its economy is in a free-fall (with growth at a six-year low and unemployment at a 45-year high); its polity is becoming authoritarian; and its dominant religion, Hinduism, is growing intolerant. [...] The national reactions — or lack thereof — to the Taseer case and the mosque ruling, demonstrate that the only deterrent to majoritarian Hindu ambitions in Modi's India aren't legal or political but Modi's own will and designs. If Taseer can't hang on to his free speech rights and citizenship, its hard to see how any of one India's 140 million Muslim citizens can hang on to theirs. There was a brief moment in the 1990s when it seemed India would liberalize its economy to go along with its liberal polity. The reverse is happening now, and Indian liberals are getting too fatigued to stop it. Authoritarianism is winning all around in India. (Shikha Dalmia, The Week)
Even when India was an economic basket case of the world, it was a political and spiritual bright spot that guaranteed basic freedoms to its people and offered a refuge to Westerners seeking peace and spiritual wisdom. But under Prime Minister Narendra Modi, India is going backwards on every front: Its economy is in a free-fall (with growth at a six-year low and unemployment at a 45-year high); its polity is becoming authoritarian; and its dominant religion, Hinduism, is growing intolerant. [...] The national reactions — or lack thereof — to the Taseer case and the mosque ruling, demonstrate that the only deterrent to majoritarian Hindu ambitions in Modi's India aren't legal or political but Modi's own will and designs. If Taseer can't hang on to his free speech rights and citizenship, its hard to see how any of one India's 140 million Muslim citizens can hang on to theirs. There was a brief moment in the 1990s when it seemed India would liberalize its economy to go along with its liberal polity. The reverse is happening now, and Indian liberals are getting too fatigued to stop it. Authoritarianism is winning all around in India. (Shikha Dalmia, The Week)If it was only India... So bedrückend die Nachrichten aus dem zweitgrößten Land er Welt (bevölkerungsmäßig) und er größten Demokratie der Welt auch sind, das größte Problem ist, dass der Subkontinent hier keine Ausnahme darstellt, auf die die Weltgemeinschaft besorgt blicken könnte. Das Abrutschen einer Demokratie in den Autoritarismus ist eine stets reale Gefährdung (Fundstück 4, wir erinnern uns) und passiert in vielen Ländern der Erde. Auch der Nutzen von Religion und identity politics zur Untermauerung dieses Prozesses und folgende ethnische Säuberungen sind kein indisches Phänomen. Was die Lage in Indien so potent macht ist, dass der Staat mit gut einer Milliarde Einwohnern eine wesentlich größere Bedeutung hat, als wenn der Sudan Minderheiten ermordet. Letzteres ist eine menschliche Tragödie, im Falle Indiens verlieren wir möglicherweise einen entscheidenden Spieler in der Weltordnung. Zig UN-Einsätze sind nur dank indischer Beteiligung möglich, um nur ein Beispiel zu nennen, und die indische Rolle im Sicherheitsrat und als Ordnungsmacht ist nicht zu verachten. Und dann sind wir noch gar nicht bei dem Thema, dass Modi gerade die Situation mit dem ewigen Feind und Nachbarn Pakistan eskaliert, und dabei handelt es sich in beiden Fällen um Atommächte mit nicht eben gesicherter Regierung. Und um die Gefahr weiter zu erhöhen befindet sich Indien auch in einer ständigen Rivalität zur Atommacht China an seiner anderen Grenze und grenzt zudem an so stabile und gefestigte Staaten wie Bangladesch und Sri Lanka an. Kurz, es lohnt sich, sich mehr mit Indien zu beschäftigen als dies in der deutschen Presse aktuell geschieht. Besonders die britischen Zeitungen wenden hier (aus nachvollziehbaren Gründen) wesentlich größere Aufmerksamkeit auf.
11) Noch nicht ausgemustert: Gezielte Reformen können das Spitzenkandidaten-Verfahren wieder erfolgreich machen
Bereits die Kür der Spitzenkandidaten durch die europäischen Parteienfamilien deutete darauf hin, dass es zum Konflikt zwischen Parlament und Europäischem Rat kommen würde. Gerade die EVP unterschätzte die offensichtliche Kritik an der fehlenden Exekutiverfahrung ihres Spitzenkandidaten Manfred Weber und die damit verbundenen Widerstände im Europäischen Rat – allen voran vonseiten des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Gerade das Beispiel Jean-Claude Junckers hat gezeigt, dass die Staats- und Regierungschefs „einem der ihren“ mit mehr Respekt und Anerkennung begegnen und damit einen solchen Spitzenkandidaten eher für das Amt des Kommissionspräsidenten in Erwägung ziehen würden. Auch Ursula von der Leyen konnte sich als langjährige Bundesministerin in diversen Ressorts auf europäischer Ebene einen Namen machen und sich über die Zusammenarbeit im Rahmen des Ministerrats ein weit verzweigtes Netzwerk in den Hauptstädten Europas aufbauen. Deshalb sollten alle Parteienfamilien nur richtiges Spitzenpersonal mit Exekutiverfahrung für das Amt des Kommissionspräsidenten ins Rennen schicken, um das Spitzenkandidatenverfahren langfristig aufzuwerten. Die Parteienfamilien sollten Erfahrung als Regierungschef, Minister oder Kommissar in der Europäischen Kommission zum zentralen Kriterium der Spitzenkandidatenkür machen. Denn der Kandidat muss nicht nur in der Lage sein, im Parlament eine Mehrheit auf sich zu vereinen, sondern auch im Europäischen Rat bestehen und dort Ansehen genießen. Im Vorfeld der in Erklärung 11 zu Art. 17 Abs. 6 und 7 EU-Vertrag festgeschriebenen Konsultationen zwischen dem Europäischen Rat und dem Europäischen Parlament zur Nominierung eines Kandidaten nach der Europawahl könnten beide Institutionen bereits vorab einvernehmlich Eigenschaften und Qualifikationen der Kandidaten als festen Rahmen festlegen. Auch Mehrsprachigkeit sollte in diesem Zusammenhang als notwendige Profileigenschaft festgehalten werden. Dies würde die Sichtbarkeit des Spitzenkandidatenverfahrens im Wahlkampf und damit auch dessen Legitimation deutlich stärken. Gerade der amtierende Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, aber auch der niederländische Sozialdemokrat Frans Timmermans haben vorgemacht, wie hilfreich Sprachkenntnisse in der Ansprache möglichst vieler Europäer sind. (Julian Rappold, Europäischer Föderalist)
Hier wird ein zentrales Problem des Spitzenkandidatenverfahrens deutlich: Um erfolgreich die Nominierung zu gewinnen, sind zentral andere Fähigkeiten und Profile vonnöten als für Bekanntheit und Wahlkampf auf europäischer Ebene. Dieses Paradox ist in der aktuellen Struktur wenig lösbar. Um gewählt zu werden, sollte der Kandidat ein ehemaliger, bestens in der europäischen Exekutive vernetzter Regierungschef sein. Um aufgestellt zu werden, sollte er ein profilierter, bestens in der europäischen Legislative vernetzter Parlamentarier zu sein.
Da eine Änderung der Verträge völlig illusorisch ist, wird sich ein Wandel hier nur zäh über einen Wandel der Normen erzielen lassen. Das heißt, dass die europäische Öffentlichkeit sich an die Vorstellung gewöhnen muss, den Vorsitzenden der Europäischen Kommission als Machtfaktor zu sehen, seine Wahl als verknüpft mit der zum Europäischen Parlament und letztere als mindestens ebenso wichtig wie die zum nationalen Parlament. Eine einfache Aufgabe also.
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