Dienstag, 31. Oktober 2023

Postpopulist*innen halten die Welt mit Gewalt gegen Jens Spahn als Bundestagsvizepräsident*innen zusammen - Vermischtes 31.10.2023

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal komplett zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Montag, 30. Oktober 2023

Bohrleute 61 - Linkskonservatismus und die Rückkehr des Hufeisens, mit Thorsten Holzhauser

 

Die lang angeteaserte und nun endlich offizielle Parteineugründung Sahra Wagenknechts hält gerade das politische Berlin in Atem. Welche Perspektiven hat die Partei? Wem schadet, wem nützt sie? Was verbirgt sich eigentlich hinter dem viel diskutierten “Linkskonservatismus”? Und nicht zuletzt: schließt sich hier ein antidemokratisches, populistisches Hufeisen, oder besteht in der neuen Partei sogar eine Chance, die Demokratie zu stärken? Ich habe mir dem Politikwissenschaftler und Zeithistoriker Thorsten Holzhaupt eingeladen, um das zu diskutieren.

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(Musik: Intro aus Accou – Sarabande BWV 1002 (Partita No.1 for violin solo in B-minor), Outro aus Accou – Bourree (I.S. Bach BWV 1002, Violin Partita No 1 in B minor))

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Rezension: Sascha Lobo - Die große Vertrauenskrise. Ein Bewältigungskompass (Teil 1)

 

Sascha Lobo - Die große Vertrauenskrise. Ein Bewältigungskompass (Hörbuch)

Vertrauen ist ein hohes Gut. Ohne Vertrauen in das politische System hat die Demokratie ein Problem. Und das Vertrauen war noch nie so niedrig, ob in die gewählten Politiker*innen, die Parteien, die Behörden, die Medien, die Wirtschaft - die Vertrauenskrise ist, das bestätigt Umfrage um Umfrage, allumfassend und hat keine Autorität unberührt gelassen. Sascha Lobo hat sich die Frage gestellt, wo und wie das Vertrauen verloren ging, warum das so ist und was man dagegen tun kann. Und weil Dinge zu fragen eine gute Sache ist, darüber ein Buch zu schreiben aber noch eine bessere, hat er genau das gemacht. Und ich rezensiere es hier. Und hoffe, dass niemand merkt, dass ich Selbstverständlichkeiten ausspreche um meine fehlenden Ideen für eine schmissige Einleitung zu kaschieren und darüber, notabene, das Vertrauen in dieses Blog verliert, so es je existiert hat. Womit wir endlich beim Thema wären.

Freitag, 27. Oktober 2023

Rezension: Kim Stanley Robinson - The Ministry for the Future (Teil 3)

 

Teil 1 hier, Teil 2 hier.

Kim Stanley Robinson - The Ministry for the Future (Kim Stanley Robinson - Das Ministerium für die Zukunft) (Hörbuch)

Die tiefgreifende Wirtschaftskrise hat zudem zahlreiche neue Wirtschaftsmodelle hervorgebracht, so dass der klassische Kapitalismus nur noch in einigen wenigen Weltregionen betrieben wird und durch die Kontrolle der Währungen und die damit einhergehende Wiedergewinnung der Souveränität der Legislativen ohnehin nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Gleichwohl sind viele dieser Initiativen Revolutionen unterhalb der Oberfläche, sie kommen ohne Guillotinen und spektakuläre Umstürze aus. Die alten Machtzentren existieren zwar weiterhin - so verschwinden die Oligarchen wieder von einem Tag auf den anderen, noch tun sie das widerstandslos - aber Ihre Position wird zunehmend prekärer, weil offener und auf wenige Bereiche begrenzt, so dass die von Keynes beschriebene „Euthanasie der Rentier-Klasse“ immer näher zu rücken scheint.

Donnerstag, 26. Oktober 2023

Newt Gingrich vereint von Upahl aus die arabische Welt gegen Rishi Sunaks Autobahnausbau - Vermischtes 26.10.2023

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal komplett zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Mittwoch, 25. Oktober 2023

Rezension: Kim Stanley Robinson - The Ministry for the Future (Teil 2)

 

Teil 1 hier.

Kim Stanley Robinson - The Ministry for the Future (Kim Stanley Robinson - Das Ministerium für die Zukunft) (Hörbuch)

Von diesen luftigen Höhen der Weltpolitik begibt sich die Handlung nun wieder zurück zu den Klimaflüchtlingen in der Schweiz. Frank hat eine neue Berufung darin gefunden diesen zu helfen Und bietet daher für die Geschehnisse einen Blickwinkel. Es kommt zu Aufständen der Flüchtlinge, die mit der Gesamtsituation unzufrieden sind. Die aus der Sicht eines Geflüchteten erzählte Eruption von Gewalt ist auch deswegen interessant, weil aus Sicht der Geflüchteten die Behandlung in der Schweiz wesentlich besser ist als in den Ländern in denen sie vorher waren, aber der Anspruch der Schweiz ein viel höherer ist, so dass die vergleichsweise harmlose Entmenschlichung im Schweizer Flüchtlingssystem das Fass zum Überlaufen bringt. Eher am Rande wird der Aufstieg der rechtsradikalen Parteien erwähnt, was angesichts einer Flüchtlingspopulation in der Schweiz, die die angestammte Bevölkerung übersteigt, kaum verwundern dürfte.Neben Indien wird als weiteres Positivbeispiel der Einstellung auf die Klimakrise Kalifornien vorgestellt. Der Bundesstaat erreicht den Robinsons Erzählung unter seinen progressiven Regierungen schnell Klimaneutralität und sticht besonders durch seine effiziente Wasserwirtschaft, die vor allem eine Mangelwirtschaft darstellt, sowie durch Renaturalisierungmaßnahmen hervor.

Dienstag, 24. Oktober 2023

Aiwanger kriminalisiert mit Klöckner Tom Cruise im Safe Space - Vermischtes 24.10.2023

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal komplett zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Montag, 23. Oktober 2023

Rezension: Shmuel N. Eisenstadt - Die Vielfalt der Moderne (Teil 1)

 

Shmuel N. Eisenstadt - Die Vielfalt der Moderne

Der Begriff der Moderne ist ein unglaublich normativ aufgeladener. Um die Jahrhundertwende das erste Mal benutzt, kennzeichnete er Entwicklungsprozesse des 19. Jahrhunderts in einer stark eurozentrischen Perspektive. Die Zeitgenossen, allen voran Karl Marx und Max Weber, gingen davon aus, dass es einen bestimmten Weg in die Moderne gebe, der nur temporal versetzt wahrgenommen werde. Er zieht sich über die Industrialisierung hin über die Nationalstaatsbildung zu einer gesellschaftlichen Modernisierung. Diese These ist mittlerweile überholt. Bereits zu Webers Lebzeiten fiel Sombart auf, dass die USA nicht über eine sozialistische Bewegung verfügten, wie sie für Europa so typisch war. Über das 20. Jahrhundert zeigte sich, dass weder der Prozess der Nationalstaatsbildung noch die Modernisierung in anderen Teilen der Welt dem europäischen oder amerikanischen Vorbild folgen mochte. Stattdessen gibt es eine Vielfalt von Modernisierungen, die Komparativ untersucht werden müssen. Um die Jahrtausendwende unternahm Shmuel Eisenstadt in einer viel beachteten Vorlesungen, die er später in das vorliegende Buch umwandelte, Genau diesen Versuch.

Rezension: Kim Stanley Robinson - The Ministry for the Future (Teil 1)

 

Kim Stanley Robinson - The Ministry for the Future (Kim Stanley Robinson - Das Ministerium für die Zukunft) (Hörbuch)

Der Klimawandel eignet sich nur eingeschränkt für spannende Geschichten. Er vollzieht sich über einen langen Zeitraum, lässt sich von einzelnen heldenhaften Akteuren nicht effektiv bekämpfen und kennt keine leicht personalisierbaren Antagonisten. Entsprechend muss der Versuch, eine Geschichte über den Klimawandel und seine Bekämpfung zu schreiben, eine umfassende, Institutionelle und mosaikartige Erzählung darstellen. Genau eine solche hat Kim Stanley Robinson mit seinem Buch „The Ministry for the Future“ vorgelegt. Über einen Zeitraum von über zwei Jahrzehnten erzählt es eine mögliche Zukunft, deren Absprungpunkt im Jahr 2024 liegt. Bei der jährlichen Sitzung des COP, der Versammlung aller Nationen, die die Pariser Klimaverträge von 2014 unterschrieben haben, wird angesichts des mangelnden Fortschritts eine neue internationale Institution geschaffen, die den Spitznamen „Ministerium für die Zukunft“ erhält und von der ehemaligen irischen Diplomatin Mary Murphy geleitet wird. Auf diesem Ministerium und der Person Mary liegt der Fokus der Erzählung, sofern diese überhaupt so etwas wie einen Fokus hat.

Freitag, 20. Oktober 2023

Rezension: Jürgen Osterhammel - Die Verwandlung der Welt: Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts

 

Jürgen Osterhammel - Die Verwandlung der Welt: Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts

Als Christopher Bayly 2004 sein Mammutwerk "Die Geburt der Modernen Welt: Eine Globalgeschichte von 1790 bis 1914" vorlegte, rief er damit ein großes Echo hervor. Die Idee einer Globalgeschichte selbst war für viele Jahrzehnte in der Geschichtswissenschaft außer Mode gekommen und in einer unseriösen Ecke verschwunden, nicht ganz bei kontrafaktischer Geschichtsschreibung, aber doch sehr nahe dran. Bayly allerdings ging mit solcher Sachkenntnis und methodischer Qualität vor, dass sein Werk kaum ignoriert werden konnte und viel diskutiert wurde. Ich habe es seinerzeit gelesen, aber ich muss zugeben, dass es mich damals überforderte. Seither steht es bei mir im Regal und verlangt vorwurfsvoll, noch einmal gelesen zu werden. Dieses Unterfangen ist mit dem Erscheinen von Jürgen Osterhammels ebenfalls nicht unbedingt schlanken Wälzer "Die Verwandlung der Welt" nicht eben nähergerückt. Denn Osterhammel hat 2020 sozusagen seine persönliche Antwort auf Bayly vorgelegt.

Donnerstag, 19. Oktober 2023

Die Tories verniedlichen bei hohem Tempo die gedämpften Hoffnungen auf amerikanische Einigkeit - Vermischtes 19.10.2023

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal komplett zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Dienstag, 17. Oktober 2023

Normale Zeitungen aus Brüssel puschen Sahra Wagenknecht und überholen sie von rinks oder lechts - Vermischtes 17.10.2023

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal komplett zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Montag, 16. Oktober 2023

Rezension: Jürgen Osterhammel - Die Verwandlung der Welt: Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts (Teil 13)

 

Teil 1 hier, Teil 2 hier, Teil 3 hier, Teil 4 hier, Teil 5 hier, Teil 6 hier, Teil 7 hier, Teil 8 hier, Teil 9 hier, Teil 10 hier, Teil 11 hier, Teil 12 hier.

Jürgen Osterhammel - Die Verwandlung der Welt: Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts

Der Schluss, „Das 19. Jahrhundert in der Geschichte“, beginnt mit der Feststellung, dass das Jahrhundert eine Zeit der Selbstreflexionen gewesen sei. Die Zeitgenossen machten sich permanent Gedanken über ihren eigenen Standort in der Zeit und die Charakteristik ihrer Gegenwart. Osterhammel macht sich dann an die Deutungsangebote des Begriffs der Moderne und weist darauf hin, dass Eisenstadts „multiple Modernen“ der wohl einzig sinnvolle Ansatz sind, den Begriff zu fassen. Was überhaupt mit Moderne gemeint ist, wie sie sich abstufen lässt und wo sie stattfand wurde in der Vergangenheit endlos debattiert, macht für ihn allerdings wenig Sinn.

Freitag, 13. Oktober 2023

Rezension: Jürgen Osterhammel - Die Verwandlung der Welt: Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts (Teil 12)

 

Teil 1 hier, Teil 2 hier, Teil 3 hier, Teil 4 hier, Teil 5 hier, Teil 6 hier, Teil 7 hier, Teil 8 hier, Teil 9 hier, Teil 10 hier, Teil 11 hier.

Jürgen Osterhammel - Die Verwandlung der Welt: Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts

Auf einer gänzlich anderen Ebene verlief ein anderes Strukturmerkmal des 19. Jahrhunderts: die Abschaffung der Sklaverei. Beginnend im britischen Weltreich baute sie entgegen späterer Annahmen nicht auf den Ideen von Adam Smith, dass die Sklaverei wirtschaftlich der freien Lohnarbeit umzulegen sei. Das ist erwiesenermaßen nicht der Fall. Stattdessen war es die Schaffung eines neuen moralischen Bewusstseins und eines massiven moralischen Drucks einer Minderheit, die über einen jahrelangen Prozess ihre moralischen Vorstellungen mehrheitsfähig machte. Als die britische Regierung den Sklavenhandel abschaffte, tat sie dies also nicht aus ökonomischen, sondern moralischen Motiven. Die Royal Navy unterlegte diesen Moralismus mit einer handfesten Komponente und verhinderte durch ihre Politik der Überprüfungen von Schiffen auch von Drittnationen, dass das Vakuum wieder geschlossen werden konnte, dass durch das Ausscheiden der britischen Händler entstanden war.

Donnerstag, 12. Oktober 2023

Bohrleute 60 - Deutschland rückt nach Rechts, mit Ariane Sophie

 

In einem sind sich alle Kommentierenden der Landtagswahlen von Hessen und Thüringen einig: Deutschland rutscht nach rechts. Wir versuchen uns an einer ersten Einordnung.

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(Musik: Intro aus Accou – Sarabande BWV 1002 (Partita No.1 for violin solo in B-minor), Outro aus Accou – Bourree (I.S. Bach BWV 1002, Violin Partita No 1 in B minor))

Sackgasse in der Migrationspolitik

 

Migration ist ein Dauerthema in der deutschen Debatte. Das ist nicht erst seit 2015 der Fall; mindestens seit Beginn der 1990er Jahre treibt die Furcht vor Zuwanderung Zyklen oft rassistisch konnotierter Hetze, die die allzu oft von realen Gewaltausbrüchen begleitet werden. Die dazugehörigen Debatten wirken zirkulär: von linker und progressiver Seite werden die Menschenrechte, die Leistungsfähigkeit und Aufnahmefähigkeit Deutschlands allgemein und der deutschen Sozialsysteme im Besonderen sowie das Leiden der Betroffenen betont, während von rechter und konservativer Seite die Belastung eben dieser Sozialsysteme, die Befürchtung von „Überfremdung“ und die mangelnde Integrationsfähigkeit der Betroffenen betont werden. Innenpolitisch sind diese Debatten in einen Aufstieg des Rechtsradikalismus eingebunden, für den sich Rechts und Links gegenseitig die Schuld zuschieben. Der aktuelle Zyklus dieser Debatte macht darin keine Ausnahme. Die einzige Hoffnung, die man aus dem Blick zurück auch vorherige Zyklen schöpfen kann, ist, dass das Thema üblicherweise irgendwann von alleine wieder verschwindet. Angesichts der Flurschäden ist das allerdings ein geringer Trost.

Arbeiterkinder im Würgegriff der Toten Hand sind in der Frage der Anziehung von Proteinen einiger als gedacht - Vermischtes 12.10.2023

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal komplett zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Mittwoch, 11. Oktober 2023

Rezension: Jürgen Osterhammel - Die Verwandlung der Welt: Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts (Teil 11)

 

Teil 1 hier, Teil 2 hier, Teil 3 hier, Teil 4 hier, Teil 5 hier, Teil 6 hier, Teil 7 hier, Teil 8 hier, Teil 9 hier, Teil 10 hier.

Jürgen Osterhammel - Die Verwandlung der Welt: Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts

Das Gegenstück des Adels im 19. Jahrhundert war mit Sicherheit das Bürgertum. Es zu definieren, ist noch schwieriger als beim Adel. Man landet immer beim selben Zirkelschluss: Bürger ist, wer sich als solcher definiert. Dadurch ist das Bürgerturm die agilste und durchlässigste Klasse. Gleichzeitig ist sie die, deren Mitglieder am stärksten vom Abstieg bedroht sind. Im 19. Jahrhundert verbreitete sich die Kategorie außerdem um die Kategorie der Kleinbürger, gegen die es mannigfaltige Abgrenzungsbewegungen gab. Die Kleinbürger waren weniger vernetzt und lokaler, als es die traditionellen bürgerlichen Schichten waren. Gleichzeitig sieht Osterhammel in allen Bürgern einen beständigen Drang nach oben, zu einem sozialen Aufstieg.

Dienstag, 10. Oktober 2023

Die CDU rettet Friedrich Merz durch Gratis-Subventionen von Farbe am Brandenburger Tor - Vermischtes 10.10.2023

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal komplett zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Montag, 9. Oktober 2023

Rezension: Alan Sepinwall/Matt Zoller Seitz - TV (the Book). Two Experts Pick the Greatest American Shows of All Time

 

Alan Sepinwall/Matt Zoller Seitz - TV (the Book). Two Experts Pick the Greatest American Shows of All Time (Hörbuch)

 Die Frage nach der größten Serie aller Zeiten ist eine, die einschlägige Kreise beständig beschäftigt. Wie die beiden Autoren des vorliegenden Buches bereits in ihrem Vorwort deutlich machen, gibt es dieselbe Debatte für Filme bereits sehr viel länger, genauso wie es für Filme auch einen wesentlich größeren Fundus an Analysen, Rezensionen und Debatten gibt. Alan Sepinwall und Matt Zoller Seitz sind vermutlich die beiden bekanntesten TV-Kritiker überhaupt und haben sich zusammengetan, um eine Art Kanon der 100 besten Serien zu schreiben. Das ist natürlich ein reichlich vermessenes Unterfangen, weswegen die beiden es auch als eine Einladung zur Debatte verstanden haben wollen.

Freitag, 6. Oktober 2023

Rezension: John Foot - Blood and Power. The Rise and Fall of Italian Fascism

 

John Foot - Blood and Power. The Rise and Fall of Italian Fascism (Hörbuch)

Besonders unter amerikanischen Linken ist es derzeit leider Mode geworden, den Faschismusbegriff inflationär gegen politische Gegner einzusetzen. Gleichzeitig sind Mächte im Aufstieg, die nur noch als protofaschistisch zu beschreiben sind, während in Italien eine Regierung fleißig an der Rehabilitation Mussolinis arbeitet. Es macht daher Sinn, sich mit dem historischen realen Phänomen des Faschismus auseinanderzusetzen und es besser zu verstehen. Den Anspruch, hierzu beizutragen, hat das vorliegende Werk von John Foot. Er möchte die Realität des Faschismus im Alltag der Italiener*innen begreiflich machen, statt eine Art verkappte Biografie Mussolinis zu schreiben. Dieser Anspruch gefällt, weil die systemischen Ursachen deutlich relevanter sind als die in der Person liegenden.

Sackgasse in der Migrationspolitik, Teil 3: Auswege

 

Teil 1 hier. , Teil 2 hier.

In diesem Spannungsfeld finden nun reale Policies statt. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass die Seenotrettung staatlicherseits komplett eingestellt worden ist. Selbst das ist eigentlich noch eine Beschönigung, weil durch illegale Pushbacks, unterlassene Hilfeleistung und gezielte Versenkungen sogar aktiv Migranten*innen getötet werden. Andererseits sind die Aufnahmelager inzwischen Gefängnisse, die jedem menschenrechtlichen Anspruch spotten. Da die Lebenslügen beide Seiten eine ernsthafte Bewegung in der Migrationspolitik unmöglich machen, greifen institutionelle Logiken und Pfadabhängigkeiten. Das bedeutet eine Stärkung der Exekutive, im Rahmen der Europäischen Union also der Minister*innenkonferenzen, der Kommission und natürlich in der Agenturen wie Frontex. Was sie nicht erlauben ist das konstruktive Schaffen neuer Regelungen und Systeme.

Donnerstag, 5. Oktober 2023

Sackgasse in der Migrationspolitik, Teil 2: Lebenslügen

 

Teil 1 hier.

Bevor ich über Auswege sprechen will, möchte ich zuerst einmal die Probleme mit den bisherigen Ansätzen näher untersuchen.

Das Problem bei den Linken ist, dass die grundsätzliche Idee, wir seien eine ausreichend reiche Gesellschaft, um die Aufnahme und Versorgung all dieser Menschen zu gewährleisten, zwar grundsätzlich richtig, aber gleichzeitig bedeutungslos ist. Wir können uns eine ganze Menge Dinge leisten, wenn wir entsprechend auf andere Dinge verzichten. Nun ist natürlich die Rettung und Aufnahme von Menschen ein edles Ziel als sämtliche Autobahnen rosa anzustreichen, was durchaus auch in unserem Vermögen läge. Gleichzeitig allerdings beruhen große Investitionen und Umschichtungen des gesamten Volksvermögens und der Ausrichtung der Volkswirtschaft - und das verbirgt sich hinter der locker-flockigen Aussage, das ist grundsätzlich möglich wäre - auf der grundlegenden Zustimmung derjenigen, die sich einschränken, die Mittel aufbringen und die nötige Arbeit leisten müssen. Dass hierfür auch nur im Ansatz demokratische Mehrheiten vorhanden oder gewinnbar wären, ist eine komplette Illusion.

Mittwoch, 4. Oktober 2023

Sackgasse in der Migrationspolitik, Teil 1: Grundlagen

 

Migration ist ein Dauerthema in der deutschen Debatte. Das ist nicht erst seit 2015 der Fall; mindestens seit Beginn der 1990er Jahre treibt die Furcht vor Zuwanderung Zyklen oft rassistisch konnotierter Hetze, die die allzu oft von realen Gewaltausbrüchen begleitet werden. Die dazugehörigen Debatten wirken zirkulär: von linker und progressiver Seite werden die Menschenrechte, die Leistungsfähigkeit und Aufnahmefähigkeit Deutschlands allgemein und der deutschen Sozialsysteme im Besonderen sowie das Leiden der Betroffenen betont, während von rechter und konservativer Seite die Belastung eben dieser Sozialsysteme, die Befürchtung von „Überfremdung“ und die mangelnde Integrationsfähigkeit der Betroffenen betont werden. Innenpolitisch sind diese Debatten in einen Aufstieg des Rechtsradikalismus eingebunden, für den sich Rechts und Links gegenseitig die Schuld zuschieben. Der aktuelle Zyklus dieser Debatte macht darin keine Ausnahme. Die einzige Hoffnung, die man aus dem Blick zurück auch vorherige Zyklen schöpfen kann, ist, dass das Thema üblicherweise irgendwann von alleine wieder verschwindet. Angesichts der Flurschäden ist das allerdings ein geringer Trost.

Montag, 2. Oktober 2023

Bill Clinton, Donald Trump und Elon Musk kritisieren auf Twitter die Letzte Generation - Vermischtes 02.10.2023

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal komplett zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Rezension: John Foot - Blood and Power. The Rise and Fall of Italian Fascism (Teil 2)

 

Teil 1 hier.

John Foot - Blood and Power. The Rise and Fall of Italian Fascism (Hörbuch)

1922 erfolgte dann die Abschlussaktion der Faschisten. Sie vernichteten planmäßig weitere linke Zentren, wobei sie immer offener Hand in Hand mit Polizei, Justiz und Militär arbeiteten. In den Orten, in denen sie die Linke zerschlagen hatten, übernahmen sie danach direkt selbst die Macht und zerschlugen so auch die liberale Demokratie. Widerstand seitens des Bürgertums gab es keinen. Die eigentliche Machtübernahme, der „Marsch auf Rom“, war dann in Wirklichkeit kein Marsch, sondern ein Trip per Eisenbahn, während Mussolini von einem Hotel in Milan aus Befehle per Telegraph erteilte. Ein letztes Mal versuchte ein Liberaler, Widerstand zu leisten: er legte dem König einen Befehl zur Erklärung des Ausnahmezustands vor, so dass das Militär die Faschisten aufhalten würde. Die Militärs selbst erklärten, dass sie dies selbstverständlich tun könnten, die Regierung allerdings nicht das Risiko einer Meuterei auf sich nehmen solle. Der König lehnte die Erklärung ohne ihn ab.