Donnerstag, 10. Dezember 2020

Sebastian Kurz cancelt mit progressiven MinisterInnen und einem silbernen Löffel das Abitur in London - Vermischtes 10.12.2020

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

1) Sebastian Kurz und das Balkan-Virus

Von all diesen Fehleinschätzungen bzw. der Verantwortung, auf die falschen ExpertInnen gehört zu haben entledigt sich Kurz, wenn er die "Schuld" jemand Anderem umhängt. Und diese Anderen sind mit groben Pinselstrichen "die Ausländer". In diesem Fall vor allem jene vom Balkan und aus der Türkei. In dieser Zuschreibung werden alle Menschen, die Familie in diesen Ländern haben, zu AusländerInnen gemacht - ganz gleich, ob sie in Österreich geboren wurden oder nicht. Der Verweis auf die "Herkunftsländer" unterstreicht das. Es suggeriert, die Loyalitäten lägen bei diesen "Herkunftsländern" und "die" hätten "uns" das Virus wieder "eingeschleppt", weil "die" ja unbedingt in diese Länder fahren mussten. Kurz tut so, als sei das etwas Anstößiges, dabei geht es hier um Familienbesuche, wie sie zigtausende andere Menschen zu diesem Zeitpunkt gemacht haben. Aber, wenn die Oma in Sarajevo statt irgendwo in Österreich wohnt, dann wird auf diese Menschen Schuld geladen. Das ist insofern dreist, als das Österreich ja eine der internationalen Drehscheiben der Virusverteilung war (Ischgl) und über den ganzen Sommer immer wieder Hotspots auftauchten (St. Wolfgang). Kurz ist wie der frisch ertappte Dieb, der "Haltet den Dieb!" schreit. (Natascha Strobl, Moment.at)

Kurz ist ein Demagoge, der sehr gut darin ist, sich in einem bürgerlichen Gewand zu tarnen. Der Mann ist großartig darin, eine tendenziöse Behauptung aufzustellen und danach zu erklären, er habe das nie gesagt. Und meist kommt er damit auch durch, wobei ihm eine freundlich gewogene Boulevardpresse in Österreich hilft (Stichwort Kronenzeitung). Mich erinnert die Corona-Kommunikationsstrategie ein bisschen an China: Wuhan und Ischgl waren beide die jeweiligen Ground Zeros der ersten Welle, und in beiden Fällen wurde das geleugnet und dann die Schuld auf AusländerInnen geschoben, die das Virus angeblich eingeschleppt hätten. Im Falle Chinas waren es amerikanische AgentInnen, im österreichischen Fall MigrantInnen vom Balkan. Eklig ist das in beiden Fällen.

2) Demokratisierung durch „Cancel Culture“

Politische Korrektheit“ und “Cancel Culture” sind also Ausdruck des konservativen Beklagens eines gesellschaftlichen Machtverlustes. Nun kann es so aussehen, als laufe diese Interpretation auf die Affirmation reiner Machtpolitik ohne universalistische Geltungsgründe hinaus. Um diesen Einwand zu entkräften, ist es nötig, genauer zu erläutern, was es heißt, dass die emanzipativen Normänderungen auf die Erweiterung des demokratischen Projekts abzielen. Hierbei helfen radikaldemokratische Theorien, die zeigen, dass demokratische Deliberation nicht gleichberechtigt abläuft, sondern von Hegemonien durchzogen, die viele Menschen ausschließen. Das demokratische Projekt ist unvollendet und für seine stückweise Weiterentwicklung und Verbesserung auf die Neuverhandlung und Kritik seiner aktuellen Ausschlüsse angewiesen. Dafür ist Kritik nötig, beispielsweise an Sexismus, Rassismus und Transphobie. „Politische Korrektheit“, „Identitätspolitik“ und „Cancel Culture“, also die konservativen Ausdrücke für diese radikale Kritik, sind deshalb nicht die Einschränkung der demokratischen Pluralität und Inklusivität, sondern ihre weitere Verwirklichung. Nur über die partikular formulierten Kritiken am Universalismus kann dieser stückweise realisiert werden. [...] Normverschiebungen auf der nicht-staatlichen Ebene und die Demokratisierung von Neutralitätsvorstellung auf der parastaatlichen Ebene sind also keine Einschränkungen der Kunst- und Meinungsfreiheit, sondern Änderungen des Feldes des Sagbaren, die längerfristig mit darüber entscheiden, welche Positionen und Künste Gehör finden, und welche nicht. Davon sind tatsächliche und unmittelbare Einschränkungen der Kunst- und Meinungsfreiheit durch Recht und Politik zu unterscheiden. [...] Emanzipative Gesellschaftskritik stellt keine Gefahr für die Kunst- und Meinungsfreiheit dar. „Politische Korrektheit“, „Identitätspolitik“ und „Cancel Culture“ tragen tatsächlich zur inklusiveren Verwirklichung der Demokratie bei. Doch in der aktuellen Debatte stehen sich die Forderung nach Meinungs- und Kunstfreiheit einerseits und Projekte der emanzipativen Gesellschaftskritik andererseits gegenüber. Weil die Forderung von Kunstfreiheit und Meinungsfreiheit dabei zur zentralen Strategie des konservativen Projekts geworden ist, ist es wichtig, ihren machtpolitischen Ge- bzw. Missbrauch klar von ihrer grundrechtlichen Dimension zu trennen. (Karsten Schubert, Verfassungsblog)

Ich teile die dargelegte Argumentation Schuberts, möchte aber hinzufügen, wie schwierig das alles voneinander zu trennen ist. Das macht aber die Trennung auf der einen und die Unternehmung auf der anderen nicht minder notwendig. Ich habe in meinen bisherigen Äußerungen zugegeben wenig Gewicht auf die unbestreitbaren Gefahren gelegt, die unter der "politischen Korrektheit", "Identitätspolitik", "Cancel Culture" oder wie auch immer man es aktuell nennen will, schlummern. Diese Befürchtungen sind ja nicht grundlos.

Sie machen aber die ganze Unternehmung weder überflüssig noch illegitim. Denn was die GegnerInnen konstant nicht anzuerkennen bereit sind ist, dass auch der Status Quo Einschränkungen mit sich bringt, seine eigene Form von "political correctness", "Identitätspolitik" und "Cancel Culture" aufweist. Jahrzehntelang wurde etwa die Identität der hetero-normativen Mehrheitsgesellschaft politisch gefördert, wurden abweichende Identitäten wie LGTBQ+-Menschen systematisch "gecancelt" (von der Strafbarkeit homosexueller Handlungen zu "don't ask, don't tell").

Letztlich ist die Frage immer, wie das ja auch Schubert formuliert, wo die Grenzen des Sagbaren verlaufen. Diese Grenzen existieren aber immer. Das anzuerkennen und dann gesellschaftlich auszudiskutieren ist der notwendige Schritt.

3) Prüfungen abschaffen!

Prüfungen sind mit die stärksten „Influencer“ im Bereich Unterricht, Ausbildung oder Studium. Wenn Lehrende gefragt werden, weshalb sich der digitale Wandel nicht in ihren Lernsettings abbilde, sie ihren Unterricht nicht öffnen, agile Didaktik verwenden oder Projekt­arbeit anbieten, werden als Grund häufig „Prüfungen“ genannt. Schließlich mündet alles bei ihnen. Sie bestimmen die Abschluss­noten – und über Erfolg oder Miss­erfolg im weiteren Leben. Prüfungsformate beeinflussen somit massiv, wie und worauf­hin gelernt wird. Stünde am Ende keine Prüfung, könnten Lernende und ihre individuellen Lernprozesse in den Mittel­punkt rücken – und nicht die jeweiligen Prüfungs­formate. Wie individuelles Lernen mit standardisierten Prüfungs­formate zusammen­passen soll, bleibt ohnehin ein Rätsel. Und wie sieht es mit der notwendigen Fehler­kultur aus, die im Rahmen der digitalen Transformation genannt wird? Zum Lernen gehören auch Fehler dazu sowie die Fähigkeit, sie zu erkennen, zu verstehen und zu verbessern. Bei Prüfungen hingegen werden Fehler bestraft und sind „schlecht“. Weshalb also nicht auf Prüfungen komplett verzichten und im letzten Schuljahr alle Leistungen wie in den Jahren zuvor erfassen? Abgesehen von den frei werdenden Ressourcen, die an anderer Stelle eingesetzt werden könnten, würde dadurch auch manches Leid erspart bleiben – bei den Geprüften, bei Eltern oder Prüfenden. Geht es denn in der Schule nicht darum, junge Menschen zu befähigen, ein mündiges und erfülltes Leben führen zu können? Was tragen Prüfungen dazu bei, oder was verhindern sie vielleicht? Diese Fragen verdienen eine Prüfung. (Dejan Mihaljovic)

Ich halte genauso viel von den aktuellen Prüfungen wie von Hausaufgaben, nämlich fast nichts. In den meisten Fällen sind sie überflüssig, allzu häufig sogar schädlich. Die Schule wie auch die Universität sind in einem völlig ungesunden Ausmaß auf Prüfungen geeicht. Ich erlebe das tagtäglich in der Schule: Die SchülerInnen zu irgendetwas zu motivieren, das nicht klausurrelevant ist, ist unglaublich schwierig, weil ihnen jahrelang eingeimpft wurde, nur Noten (die durch Prüfungen entstehen) als legitim anzuerkennen.

Umgekehrt bin ich gezwungen, ein ständiges "teaching to the test" zu betreiben. Anstatt Interessen zu fördern, eigenständiges Denken zu trainieren oder aktuelle Themen zu besprechen muss ich konstant Prüfungsformate eintrainieren, die so unglaublich künstlich sind, dass sie im Leben der SchülerInnen nie wieder eine Rolle spielen werden. Das ist ungeheuer frustrierend. Und es gäbe Alternativen! Aber ich darf sie nicht nutzen, weil die Prüfungsordnung das vorschreibt. Zum Heulen.

4) Der Brit-Populist

Ihre Herablassung gegenüber Rechts­staatlichkeit und Judikative zeigt die Regierung auch in ihrer Rhetorik zur Asyl- und Migrations­politik. Auf dem Tory-Parteitag im Herbst verkündete die Innen­ministerin Priti Patel, dem «Missbrauch» des Einwanderungs­systems durch «linke Rechts­anwälte und andere Gutmenschen» einen Riegel vorschieben zu wollen. Johnson schloss sich ihrer Einschätzung wie auch ihrer Wortwahl ausdrücklich an. [...] Johnsons politische Heimat, die Konservative Partei, hat sich in den letzten Jahren zu einer Gruppierung entwickelt, in der von der harten Brexit-Linie abweichende Stimmen nicht länger geduldet werden. Der bewahrende Grund­gedanke eines klassischen Konservatismus ist für die heutigen Tories kaum mehr von Bedeutung. [...] Die Johnson-Regierung hat das Grund­prinzip, dass vom Volk gewählte Ministerinnen und nicht die Beamtenschaft die Verantwortung für politische Fehlentscheidungen zu tragen haben, de facto ausser Kraft gesetzt. [...] Angesichts dieser doppelten Krise ist – ganz unabhängig von Johnsons psychologischem Profil oder seiner Popularität als Person – nicht zu erwarten, dass sich der Brexit als Wende­punkt erweisen wird. Der Schaden, welchen der Populismus der politischen Kultur und den rechts­staatlichen Institutionen zugefügt hat, bleibt bestehen. Der Populismus selbst auch. (Helene von Bismarck, Republic.ch)

Das lange Essay von von Bismarck ist in seiner Gänze lesenswert, ich habe hier nur einige Ausschnitte zitiert. In meinem Artikel zum Putschversuch der GOP in den USA habe ich die Auswirkungen beschrieben, die die Verabschiedung vom Rechtsstaat einer Hälfte eines Zwei-Parteien-Systems hat. Großbritannien ist noch lange nicht dort, aber die Tories entwickeln sich mehr und mehr in die Richtung der GOP. Das ist extrem gefährlich. Einige weitere Punkte in diese Richtung werden in Fundstück 5 gemacht, weswegen ich den Faden dort noch einmal aufgreifen will.

5) How the Conservatives are morphing from a party of power to a party of protest

Labour has never quite escaped the politics of protest. In part, this is a product of its history. The Labour Party was formed to represent the interests of trade unions and their members. It exists to represent one section of society, not to govern all of society. There is also a question of temperament. As a party of the Left, it has tended to attract dreamers and idealists who value ideological purity and the clean conscience available to those who do not have to take responsibility. It has always been a party for the placard-holders. The Conservative Party, in contrast, exists for the purpose of being in power. One way or another, it has been in office for 67 of the last 100 years and, as such, can claim to be the natural party of government. It is a party capable of obtaining and retaining power but also a party changed by the experience of power. [...] The Conservative Party has become less disciplined and more comfortable with the politics of protest. In some respects, Boris Johnson is a natural leader for such a party – a columnist and controversialist; an insurgent rather than an administrator – but it would be wrong to ascribe the change in the party to him. He is a symptom not the cause, reflecting changing attitudes amongst MPs, party members and many of its supporters. It may still have an appetite to be in office, but the Conservative Party no longer has the temperament of a natural party of government. (David Gauke, Conservative Home)
Was Gauke hier für Labour sagt, gilt für die meisten, wenn nicht alle, linken Parteien. Die "Politik des Protests" ist in ihrer DNA, so wie für konservative Parteien das Regieren in ihrer DNA ist. Diese Erkenntnis ist kaum neu, sie ist vielfach von verschiedenen AutorInnen aufgeschrieben worden, ich werfe einfach mal Sebastian Haffner in den Raum. Diese häufige Links-Rechts-Dichotomie erfasst aber nicht das Auftauchen der Rechtspopulisten in den letzten anderthalb Jahrzehnten. Eine "Politik des Protests" kann man denen glaube ich mit Fug und Recht auch unterstellen, aber sie ist gepaart mit dem Willen zum Regieren, den normalerweise vor allem die konservativen Parteien aufweisen. Vielleicht liegt darin das Geheimnis ihrer Stärke, sieht man doch auf der Linken das Erringen und vor allem Halten von Macht allzu häufig als etwas Schmutziges.

6) Gefährliche Freiräume

In einer Mail Mitte Oktober schreibt die Schule: „Die Spielräume werden noch einmal deutlich enger“, man sei darum bemüht „das noch Erlaubte genau zu ergreifen“. Das lange Tragen von Masken habe „bedenkliche Seiten“, man müsse versuchen, nicht „geistig zu verhärten“ und sich „nicht eng zu machen“. Husch sagt: „Nie hat sich die Schule zur Maskenpflicht bekannt, sie schürt Ängste und will Vorschriften umgehen.“[...] Für den Religionswissenschaftler und Experten für Verschwörungsmythen Michael Blume ist das keine Überraschung. „Anthroposophen sind eher obrigkeitskritisch, viele sind skeptisch gegenüber der Schulmedizin“, sagt er. Dazu kämen strukturelle Probleme der Waldorfpädagogik, etwa das Prinzip kollektiver Führung, das gefährliche Freiräume schaffen könne. [...] Vor der Waldorfschule Ulm hielten Eltern Ende Oktober eine Mahnwache gegen die Maskenpflicht ab. Der Ulmer Waldorflehrer Wilfried Kessler sprach im Mai auf einer Demo von „Zensur, Hetz- und Diffamierungskampagnen der Regierung und der Hofmedien“, er forderte, die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen, und verbreitete Verschwörungsmythen. Ähnlich argumentierte Christoph Hueck auf Querdenker-Demos. Hueck bildet Waldorflehrer aus und sagt etwa: „Wenn wir ein gutes Immunsystem haben, dann kann uns das Virus überhaupt nichts ausmachen.“ Bei Schlagworten wie „Bill Gates“, „Freiheit“ und „Diktatur“ brandet Applaus auf, wie Videos zeigen. [...] Unter einem durchaus differenzierten Beitrag von BdFWS-Sprecher Kullak-Ublick – in dem er den Medien allerdings ein „meist unterirdisches journalistisches Niveau“ attestiert – fordern viele Kommentatoren, dass sich der Verband von den Coronamaßnahmen distanziere. Kullak-Ublick kommentiert: „Ich kenne etliche Beispiele dafür, wie Menschen aus dem unmittelbaren Waldorfumfeld sich mit rechtsradikalen, knallhart verschwörungsmythischen und teilweise extrem aggressiven Äußerungen in die Debatte eingeschaltet haben.“ (Paul Wrusch, taz)

Ich sage es einmal so: Meine ohnehin nicht sonderlich ausgeprägte Zuneigung zu den Waldorfschulen erhält durch diesen Artikel keinen Bonus. Es ist immer wieder spannend, wie bestimmte Milieus sich an Themen hängen können. Genauso wie die MaskenverweigerInnen problemlos Anschluss ans rechtsextreme Lager finden, wäre es mehr als überraschend gewesen, wäre nicht die Fraktion der EsoterikerInnen ebenfalls auf den Zug aufgesprungen. Dieses Milieu lässt sich politisch schwer packen, aber wenn man ihre bisherige politische Vertretung vor allem auf einem Flügel der Grünen vermutet, liegt man nicht allzu falsch. Was übrigens auch der Hauptgrund ist warum ich bis heute ein Problem damit habe, mich mit der Partei zu identifizieren. Ich finde die Impf-Narrheiten und Globuli-Verschwörungen absolut zum Kotzen.

7) Tweet

Es ist die Attitüde der Möchtegern-Reagans. "Nicht ich habe die CDU verlassen, die CDU hat mich verlassen!" Dramatischer Einspieler, Vorhang fällt. Genauso wie bei Reagan steckt dahinter nichts als die große Geste der kleinen Tat. Man hat, aus welchen Gründen auch immer, die eigene politische Einstellung geändert. Er ging dabei in eine Richtung, die als nicht sonderlich fein gilt. Um den Gestank zu übertünchen, wirft man den Mantel freigeistiger Querdenkerei drüber. Das funktioniert rechts wie links hervorragend, wo man sich dann als armes Opfer stilisieren kann, das ja gar keine politische Heimat mehr habe, was aber natürlich nicht an einem selbst liegt, sondern an den anderen. Und dann als Rechtfertigung herhält, die eigene Radikalisierung zu institutionalisieren.

8) Too Few of the President’s Men

A president can only accomplish his policy objectives if administration personnel are both capable and ideologically aligned, willing and able to engage the machinery of government and to bend it toward implementation of the president’s priorities. This was especially so for President Trump, whose policy priorities either upended his own party’s orthodoxy—from economics and trade to foreign policy—or forcefully engaged on social and cultural issues where Republicans had long emphasized rhetoric over policy substance. Nor is a strong inner circle sufficient. A single cabinet official cannot redirect an executive agency by sheer force of will, gravitas, or even expertise. She requires assistance from philosophically committed, expert staff at the subcabinet level and below—something that was missing in the Trump administration’s agencies, whose heads found themselves frequently undermined by their own political appointees. The Trump administration suffered from an abundance of heavyweights, “experts,” and vipers, but a notable lack of loyalty to the president’s agenda. The result was an unwillingness to subordinate D.C. political machinations to a focus on accomplishing the president’s agenda, and long periods of infighting, drift, and internal gridlock that hamstrung the Trump policy agenda in key areas. (Rachel Bovard, The American Conservative) 

Diese Analyse aus Sicht eines Trump-Unterstützenden betrachtet ausführlich die Personalpolitik des scheidenden Präsidenten und ist Teil einer ganzen Serie mit dem Titel "What happened" (eine Ironie im Titel, die ich sehr schätze). Regelmäßige LeserInnen dieses Blogs sollte nicht überraschen, dass ich mit der These voll übereinstimme. Personell is policy. Ein guter Teil meiner Skepsis bezüglich der Chancen einer Sanders-Präsidentschaft speiste sich daraus, und wir haben im Falle Trumps gesehen - und der American-Conservative-Artikel legt das auch gut dar - wie eine eigentlich vielversprechende Präsidentschaft durch mangelhafte Personalentscheidungen zerstört werden kann.

Um ein mit näheres Beispiel zu wählen: Einer der großen Kritikpunkte vieler Progressiver und Linker an Obama ist seine Personalauswahl. Larry Summers, Timothy Geithner, Rahm Emanuel, Robert Gates und Hillary Clinton waren alles nicht eben progressive Leitsterne, und sie haben eine fundamental zentristische Politik gefahren. Obama ging davon aus, dass das die damals einzig mögliche war, und ich bin geneigt, ihm Recht zu geben. Aber Personal war auch in diesem Fall policy. Deswegen lohnt es sich, ein Auge darauf zu haben, welche Personalpolitik Biden fährt, und zwar nicht nur in den Top-Posten, sondern auch auf den tiefer liegenden Ebenen. Da Mitch McConnell vieles ist, aber kein Idiot, wird er hier so viel sabotieren und blockieren wie er kann.

9) Populist Uprisings and the Inversion of Inflation

When reading about the 1890s, the terms “bimetallism” and “free silver” often get thrown around. These were terms widely used and understood that argued for a shift in American monetary policy. From 1873 on, the United States had a hard gold standard for the dollar, removing the silver dollar from circulation. The effect of this decision was massive deflationary pressure designed to protect the value of the currency. [...] By removing inflationary silver, the gold standard led to the inverse. Prices fell, meaning that farmers couldn’t grow and sell enough to repay their debts. This was a good move for the value of the currency, but disastrous for rural Americans, who dubbed the betrayal of “King Silver” as the “crime of ‘73.” Many populists and rural Americans believed that the gold standard that came in was a monetary system designed to help the powerful: those with Gilded Age assets who wanted to protect the value thereof. State banks could print their own money without oversight from the Federal government, leading many populists to believe that this was a corrupt system designed to favor wealthy elites with no democratic legitimacy.  [...] In September of 2008, Hank Paulson dropped to one knee and begged Nancy Pelosi to approve a $700 billion stimulus package to provide immediate liquidity to the American economy. She agreed. It’s hard to see what other option she had. But in that singular moment, the seeds of modern economic populism were sown. If the removal of silver was the crime of ‘73, for many rural and working Americans, this could be considered the crime of ‘08. [...] Whether the populists have, or had, a point, is to be determined by the reader. Perhaps the reader will conclude that the populists don’t know anything about economics. But one thing is undeniable: no matter how much American life may transform; some dynamics will never change. (Dylan Stevenson, The American Conservative) 

Ich finde diese Perspektive absolut faszinierend, wenngleich ich mangels Fachkenntnissen sowohl für die Bi-Metall-Debatte in den USA (die ich nur in den hier skizzierten Grundzügen kenne) als auch der generellen wirtschaftspolitischen Hintergründe nicht allzu viel dazu beitragen kann. Ich würde das daher gerne als Denkanstoß für die Kommentare verstanden wissen. Wer zu den hier vorgestellten Ideen etwas beitragen kann, sehr gerne. Ich halte es für eine interessante Analyse.

10) How Dare Joe Biden Choose Partisan Democrats for His Cabinet!

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