Dienstag, 15. März 2022

Andrew Jackson leistet mit Macron auf Bürgergeld bei Klausuren ein Jahr Freiwilligendienst in Libyen bei der Bundeswehr ab - Vermischtes 15.03.2022

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

Fundstücke

1) Ein Jahr fürs Gemeinwohl würde Deutschland guttun

  • Die Bundeswehr sei gegen die Idee einer Dienstpflicht, auch aus dem Pflegebereich sei vor allem Ablehnung zu hören.

Richtig ist, dass sich gerade erst Generalinspekteur Eberhard Zorn gegen die Rückkehr zur Wehrpflicht ausgesprochen hat. Und auch die Idee der Dienstpflicht stößt bei der Bundeswehr auf wenig Zuspruch, vor allem aus rechtlichen Bedenken. Andererseits sind die Nachwuchsprobleme der Truppe offensichtlich und werden häufig beklagt, vor allem mangelt es der Bundeswehr an jungen Soldatinnen und Soldaten mit höheren Schulabschlüssen. Auch dafür könnte die Dienstpflicht als Vehikel dienen.

  • Man würde jungen Menschen ein Jahr ihres Lebens stehlen.

Das liegt im Auge des Betrachters. Zumal Berufseinsteiger mit Hochschulabschluss in Deutschland ohnehin immer jünger werden, was daran liegt, dass die Schulzeit (Abitur nach 12 statt 13 Jahren) und die Studiendauer verkürzt wurden. Aber klar ist: Wegen all dieser Argumente bräuchte es eine große politische Kraftanstrengung, um trotzdem eine allgemeine Dienstpflicht einzuführen. Diese Kraft, das deutet sich bereits an, ist nicht vorhanden, zu diffus sind die Meinungen in Regierung und Opposition. (Florian Gathmann, SpiegelOnline)

Und ob das im Auge des Betrachtenden liegt! Die ganze Debatte um ein Pflichtjahr, die in Deutschland fast mit der Regelmäßigkeit anderer Sommerlochdebatten hochkommt, war schon immer eine, in der Leute, die es nicht betrifft, hochmütig dekretieren, was der Jugend so alles gut tun würde. Die Argumente sind unverändert die gleichen und werden nur jeweils an den Anlass de jour angepasst. In dem Fall ist es der Ukrainekrieg. Echten Bezug zu diesen Anlässen hat die Debatte dabei nicht. Fast immer sind es irgendwelche Leute, die von einer solchen Dienstpflicht nicht betroffen wären, die verkünden, dass diese die Jugend - die natürlich viel heruntergekommener ist als zu ihrer Zeit - mit irgendwelchen prächtigen Erziehungseffekten beglücken würde. Argumentationen wie die Gathmanns sind da beispielhaft für das niedrige Niveau dieser Debatte.

2) A Leftist Foreign Policy Should Reject Economic Sanctions

A progressive foreign policy should reorient America’s sanctions-enforcement capabilities to do three things. First, financial surveillance powers should be used to begin an international campaign to counter oligarchic power and reduce tax evasion. Second, long-standing sanctions regimes should be removed, and replaced with the promise of increased trade, economic aid, and assistance to reward good behavior by other countries. Third, a left sanctions policy should focus on the international oligarchy as the connecting link between domestic economics and foreign policy. Just as militaries perpetuate international conflict, transnational corporations and international capital shape global patterns of poverty and inequality. These political and economic actors, whether they are Apple or Lockheed Martin, should be explicitly recognized as key players in the 21st-century world. A new American internationalism should hold them accountable, domestically through taxation and regulation, and internationally through multilateral agreements. The US authorities have become adept at tracing, isolating, fining, and expropriating sanctions-busting firms and banks. In 2006, for example, the Treasury found that the Macau-based Banco Delta Asia was managing $25 million of Pyongyang’s foreign assets, and closed it down. By 2014, the French bank BNP Paribas was fined for violating sanctions on Iran and Sudan to the tune of nearly $9 billion, the fifth-largest fine in US corporate history. But these capabilities would be much more potent and legitimate if they were used instead to tackle the urgent problem posed by the $8 trillion in private wealth kept in international tax havens. Shell companies and secrecy jurisdictions would be no obstacle: Just imagine if US policy-makers decide to go after tax cheats operating through countries like Panama, the Cayman Islands, and Luxembourg with even a quarter of the fervor that they have shown in blockading North Korea.  (Nicholas Mulder, Foreign Policy)

Ich hab auch schon auf Twitter geschrieben als plötzlich diese perversen 800-Millionen-Dollar-Yachten der russischen Oligarchen konfisziert wurden, dass ich völlig verstehe, dass das die Interessenvertretenden der Reichen und Mächtigen beunruhigt. Sanktionen gegen die breite Masse der russischen Bevölkerung, die diese in bittere Armut stoßen (oder Iran, oder Venezuela) riefen da viel weniger Beunruhigung dieser Leute hervor. Aber nimm den Oligarchen die Yachten, da machen sie sich Sorgen um die Unantastbarkeit des Eigentums. Und sie wissen, warum. So unantastbar ist es nämlich gar nicht, wie man aktuell ja sieht.

3) What a Decade-Old Conflict Tells Us About Putin

Having largely gotten away with the takeover of the breakaway Georgian regions of South Ossetia and Abkhazia in 2008, Putin saw the Libya intervention as the result of a chain of revolutions followed by Western military interventions that could eventually reach him. And he saw in Gaddafi someone who had accepted the West’s terms and yet nevertheless paid the price, a fate that could ultimately await him. The lesson is a dire one for Ukraine: In Putin’s current worldview, backing down or making any concessions is a death sentence. [...] Zygar writes that “Putin was apoplectic” when Gaddafi was killed. According to several accounts, including in current CIA chief William Burns’s book The Back Channel, Putin frequently replayed the gruesome footage of Gaddafi’s capture in a drainage pipe, being beaten to death. The capture, trial, and execution of Saddam Hussein did not seem to affect Putin as much. He had flippantly told French President Nicolas Sarkozy that he would hang Georgian President Mikheil Saakashvili just as “the Americans had hanged Saddam Hussein.” But the lesson Putin drew from Libya was different: Being a pariah had served Gaddafi best; only when he had opened up to the West had they come after him. To some extent, the psychoanalysis of “why” Putin invaded Ukraine doesn’t matter at this stage. But the Libya episode remains relevant for several reasons. It shows us the lengths to which Putin is willing to go to ensure his supremacy and survival; it illustrates the ways he tries to outmaneuver the West, including with diplomatic and UN processes; and most tragic, in what followed in Syria, it provides a visual reminder of what victory looks like for someone like him. (Kim Ghattas, The Atlantic)

Der Verweis auf Libyen ist sicherlich ein angemessener. Ich finde es immer wieder faszinierend, wie unterschiedlich historische Ereignisse aus westlicher Sicht und aus Sicht der Autokratien bewertet werden. Sehr auffällig ist es ja mit dem Zusammenbruch des Ostblocks und der Sowjetunion, der etwa für Putin die totale Katastrophe und für die Autokraten in China eine ständige cautionary tale darstellt, auf keinen Fall irgendwelche Freiheiten zuzulassen. Gleichzeitig hat Libyen die klare Botschaft an Diktatoren, mit allen Mitteln an der Macht festzuhalten, eine Lehre, die durch den Erfolg Assads in Syrien nur noch unterstrichen wird. Ebenfalls spannend finde ich, wie wenig der ganze Irakkrieg Putins Weltbild zu beeinflussen scheint.

4) Tweet

Ich will das noch etwas ausführlicher kommentieren, weil es für mich einen ziemlich häufigen Denkfehler bezüglich Schule und Unterricht offen legt. Es ist nämlich eine Geschichte darüber, was im Unterricht gelernt wurde und wie erfolgreich er war. Und gleichzeitig auch ein bisschen Bauchpinseln für @Bildungskind selbst. Denn was er gemacht hat, ist nicht (nur) Glück. Klar, er hat genau das Gedicht ein paar Tage vorher vorinterpretiert bekommen, das drankam. Das ist Glück. Aber eine Menge Vorbedingungen müssen gegeben sein, damit dieses Glück überhaupt "abrufbar" ist. Analog: um Glück im Lotto haben zu können, muss ich Lotto spielen. In diesem Fall hat @Bildungskind folgende Vorbedingungen mitgebracht:

1) Die Fähigkeit, den Kram aus der Unterrichtsstunde zu behalten. 2) Die Fähigkeit, diese Ergebnisse kohärent wiederzugeben. Das können viele nicht, selbst wenn sie die inhaltlichen Sachen auf der Platte haben, und ohne die Fähigkeit kann es keine 15 Punkte mündlich geben. 3) Die Fähigkeit, die Informationen zu strukturieren und anzuordnen. 4) Er wusste, wie man ein Gedicht interpretiert. Jemand, der das nicht weiß, kann in noch so viele Stunden sitzen und noch so viele Musterinterpretationen hören, er oder sie würde es trotzdem nicht wiedergegeben bekommen. 5) Er hat sich die Mühe gemacht, den anderen Unterricht zu besuchen. Vulgo: er hat sich vorbereitet. Wer unvorbereitet ins Abi geht, schafft keine 15 Punkte. Das ist keine Frage des Glücks. Es ist einfach unmöglich.

Das bedeutet, dass @Bildungskind die zentralen Fertigkeiten erworben hat, die für ein (Deutsch-)Abitur notwendig sind. Erst an dieser Stelle kam das Glück dazu. Und das ist im Leben immer so. Ja, ich brauche Glück. Aber ich brauche eben AUCH die Vorbedingungen, dass dieses Glück mich überhaupt treffen kann. Und die hat sich @Bildungskind erworben.

5) Die Bedrohung der amerikanischen Demokratie und die Schwäche der Demokraten

Die Demokraten haben darauf bislang nicht mit einer vergleichbaren Entschlossenheit reagiert. Im Kampf um die politische, gesellschaftliche und kulturelle Ordnung besteht eine auffällige Asymmetrie. Auf die Ankündigung des Präsidenten, erstmals in der Geschichte eine schwarze Frau für den Supreme Court nominieren zu wollen, reagierten Konservative mit einer aggressiven Mischung aus misogynoir und weißen patriarchalen Bedrohungsängsten. Republikanische Politiker kündigten sofort unbedingten Widerstand an – während führende Demokraten scheinbar unverdrossen beteuerten, es werde ganz bestimmt parteiübergreifende Unterstützung für Bidens Kandidatin geben. Nancy Pelosi, die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, betont gerne, das Land brauche eine starke GOP, während extremistische republikanische Abgeordnete wie Marjorie Taylor Greene und Paul Gosar in Gewaltfantasien gegen den politischen Gegner schwelgen und dafür nicht etwa isoliert werden, sondern in der Parteihierarchie weiter aufsteigen. Als der texanische Senator Ted Cruz im Januar erklärte, die Republikaner würden so bald wie möglich ein Amtsenthebungsverfahren gegen Joe Biden anstreben, „whether it’s justified or not”, rief das Weiße Haus ihn schlicht dazu auf, „to work with us on getting something done”… Kurz, während die Republikaner kaum deutlicher ausdrücken könnten, dass sie in der Demokratischen Partei einen grundsätzlich illegitimen, „unamerikanischen“ Feind sehen, den es mit allen Mitteln zu bekämpfen gelte, klammern sich Teile der demokratischen Führung an die Vorstellung, eine Rückkehr zur „Normalität“ stehe unmittelbar bevor. [...] Diese demokratische Beißhemmung drückt sich auch in handfesten politischen Entscheidungen aus. Der Präsident hat den Kampf gegen die antidemokratischen Kräfte bislang nicht ins Zentrum seiner Agenda gerückt und setzt stattdessen auf eine betont moderate Wirtschafts-, Sozial- und Infrastrukturpolitik, für die er – weitestgehend erfolglos – auf Mithilfe der Republikaner hoffte. Die Spitzen der demokratischen Partei sind derweilen nicht gewillt, den Kampf gegen den Autoritarismus zu ihrer zentralen Botschaft für die Midterm-Wahlen im November zu machen. Der eindrücklichste Beleg für diese Zurückhaltung ist die Tatsache, dass der beispiellose Angriff der GOP auf das öffentliche Bildungswesen bislang kaum eine demokratische Antwort hervorgerufen hat: Weit mehr als einhundert Gesetze haben die Republikaner seit der letzten Wahl in bislang 33 Staaten eingebracht, die auf eine beinahe totalitäre Überwachung des Bildungssektors abzielen und jede Kritik an der weißen christlichen Vorherrschaft streng unter Strafe stellen. Doch aus Washington hört man dazu von demokratischer Seite so gut wie nichts. (Thomas Zimmer, Geschichte der Gegenwart)

Die Analyse, die hier von Zimmer aufgestellt wird, teile ich bekanntlich voll. Ich bin mir immer etwas unsicher, was daraus folgen muss. Können die Democrats eine größere "Beißlust" entwickeln und den Eskalationslauf der Republicans mitmachen, einmal ungeachtet dessen, dass dies für die Demokratie insgesamt ein extremes Problem darstellt? Ich bin da skeptisch, weil die Wählenden-Koalition der Democrats mir wesentlich unempfänglicher für diese Art des Wahlkampfs scheint. Aber: es besteht in meinen Augen trotzdem Luft nach oben. Die Partei ist extrem zaudernd und nicht einmal in der Lage, ihre eigenen Erfolge zu vermarkten (was schon ein wesentlicher Fortschritt wäre und das Klima nicht so vergiften würde wie die GOP).

Gleichzeitig aber ist es auf Dauer nicht aufrechtzuerhalten, dass nur eine von zwei Parteien die Demokratie am Laufen hält. Die Democrats können nicht permanent die andere Wange hinhalten, weil das die Proto-Faschisten ja nur bestärkt. Gleichzeitig sehe ich aber in einer Gegen-Eskalation wenig, das die GOP wieder zurück zu demokratische Normen bringt. Es ist ein Dilemma ohne gute Alternativen.

6)

Vor dem Hintergrund einer Systematik der Zukunftsperspektiven des Sozialstaats, wie sie zuletzt im „Zukunftslabor Schleswig-Holstein“ unsererseits vorgeschlagen wurde, erscheint das „Bürgergeld“ im Koalitionsvertrag der Ampelregierung auf den ersten Blick konservativ und bestandswahrend und weit entfernt von den mutigen Grundeinkommensexperimenten wie zuletzt in Finnland (Merrill et al., 2022). Unsere Diskussion zeigt jedoch, dass die Synthese der unterschiedlichen Herkunftslinien das Potenzial zu einer inkrementalistischen, aber nachhaltigen Reform der Sozialpolitik in Richtung Bürgerversicherung und Grundeinkommen birgt. Die Ängste der politischen Eliten sind hierbei weitaus größer als die Erwartungen der Bürger:innen, genau in diese Richtung hin zu gestalten. Die angedeutete Integration mit anderen Sozialleistungen (Wohngeld, Kindergrundsicherung) und vor allem ein einfacherer und digitaler Zugang zu den Leistungen dürften die bisher hohe Nichtinanspruchnahme der Grundsicherung verringern und das Bürgergeld in Richtung Grundeinkommen für alle Sozialbürger:innen bewegen. (Michael Opielka/Wolfgang Strengmann-Kuhn, Wirtschaftsdienst)

Ein weiteres Gebiet, auf dem die Ampel innerhalb weniger Monate massive Änderungen anzuschieben beginnt, ist die Sozialpolitik. Natürlich gibt es keinen kompletten Systemwechsel - so etwas kann es wegen der Pfadabhängigkeit nie geben, und gigantische Reformen erforderten die Mitarbeit der CDU zwecks Bundesratsmehrheit -, aber zumindest ein Paradigmenwechsel ist wahrnehmbar. Ich bin noch nie ein Freund des bedingungslosen Grundeinkommens gewesen, aber die Richtung, in die sich das hier entwickelt, sehe ich insgesamt etwas positiver. Zumindest scheint sie angetan, die schlimmsten Probleme des Hartz-IV-Systems, die wahrlich sattsam bekannt und seit mittlerweile fast zwei Dekaden unangetastet sind, endlich anzugehen. Ich bin gespannt, was da noch kommt.

8) Waking a Sleeping Giant: What’s Next for German Security Policy?

The war is also already re-energizing discussions over Europe’s defense architecture. It is demonstrating, once again, the drawbacks of Europe’s almost total dependence on U.S. deterrence, capabilities, and intelligence — a dependence that grows more perilous as U.S. elections draw nearer. The European Union itself and many of its member states are delivering weapon systems to Ukraine, but NATO has clearly taken the lead on Europe’s military response to Russia. Policymakers in Berlin and elsewhere dread thinking what that response would have looked like with a different president in the White House. French President Emmanuel Macron — a big proponent of European “strategic autonomy,” whose country currently holds the E.U. presidency — is once again calling on the bloc to become a more independent defense actor. But even though the current German government is committed to the European Union as a central framework for its technology, economic, and energy policies, it has so far been reluctant to embrace the notion of E.U. strategic autonomy in military terms. [...] For one, the government will have to agree how to spend it. It has long been a challenge for European governments to decide what they prefer: filling capability gaps fast through off-the-shelf purchases, but at the cost of developing the European defense industry, or investing as much as possible in European capability projects to strengthen the European defense industrial base, but at the cost of long development times. This tension will persist even with more money available./, War on the Rocks)

Ich halte die "strategische Autonomie" à la Macron für eine Mirage. Ja, er fordert sie gerne ein, aber es gibt außer Frankreich praktisch kein Land der EU, das ein Interesse an der Entwicklung dieser Strukturen hat, Trump hin oder her. Das Maximum, das mir hier erreichbar scheint, ist eine Parallelisierung von EU-Strukturen innerhalb der NATO, aber mit Sicherheit keine Parallelisierung außerhalb von ihr. Dazu kommt, dass bei Macrons Forderungen der übliche Verdacht im Raum steht - nicht unbegründet - dass der Quai d'Orsay nur die EU-Flagge um französische Sicherheitsinteressen wickelt und dies als großen Wurf verkauft. Gleichzeitig hat eine EU-"Autonomie" den dummen Seiteneffekt, Großbritannien nicht zu beinhalten, dessen militärische Fähigkeiten aber Grundpfeilfer jeder europäischen Verteidigungsstrategie sein müssen. Nein, am transatlantischen Bündnis führt kein Weg vorbei, auch in den nächsten zwei, drei Dekaden nicht.

9) The GOP's future is Jacksonian, but Tom Cotton is no Andrew Jackson

More than specific deeds, though, Jackson stands for a distinctive political disposition. "Neither an ideology nor a self-conscious movement," historian Walter Russell Mead argues, Jacksonianism is characterized by suspicion of centralized government and its credentialed functionaries, impatience with formal institutions and corresponding admiration for strong leaders, and an opposition to taxation that doesn't prevent the enjoyment of federal benefits for those who are presumed to deserve them. Sometimes described as "folk libertarianism," it's a contradictory set of attitudes that makes less sense on paper than in practice. But that's exactly why it's so appealing to the large numbers of Americans who think of politics as an exercise in common sense rather than a challenge of philosophy. [...] Jacksonians, so understood, don't think about the rest of the world all that often. When they do, they're sympathetic to underdogs, jealous of national honor, and predisposed to seek decisive solutions in military force rather than protracted negotiation. As in domestic affairs, the results aren't always theoretically coherent. But they are predictable. [...] Trump was able to forge an extraordinary connection with his supporters, but turned off even more Americans than he thrilled. That leaves Republicans still waiting for a new Jackson, a more broadly appealing leader who can turn widespread discontent into a governing coalition. (Samuel Goldman, The Week)

Die Parallele zu Jackson ist nicht ganz uninteressant, was den Aspekt des aggressiven und ethno-nationalistischen Populismus angeht, der die klassischen Parteilinien überschneidet. Dieser Teil der Analogie hilft, die Wählendenverschiebungen zwischen Democrats (Stichwort weiße Arbeitendenklasse) und Republicans (Stichwort weiße Vororte) zu verstehen. Aber wie Goldman im Artikel auch selbst ausführt, war Jackson gegenüber Einwandernden ziemlich aufgeschlossen, was so auf die Trumpisten nicht zutrifft. Der Jacksonische Rassenhass richtete sich gegen Schwarze und Native Americans. Nicht, dass die Trumpisten da anders drauf wären, aber ihre virulente Abwehr von Migration hat gar nichts Jacksonisches an sich. Dazu kommt, dass die Bewegung insgesamt sehr wenig Interesse an kohärenter Ideologie ist. Es ist ein Führerkult: was auch immer Trump sagt, ist Doktrin der Stunde und kann genauso leicht wieder abgestoßen werden.

10) Das zeugt von purer Arroganz

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) fordert es, auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will es: Energiesparen gegen den Kriegstreiber Wladimir Putin. "Jeder und jede an seinem Platz" könne das, sagte von der Leyen im ZDF-"Morgenmagazin" am Mittwoch.  [...] Doch solche Aussagen sind wenig hilfreich, ja, mehr noch: Sie zeugen von einer unfassbaren Arroganz. Und sie lenken von der eigentlichen Lösung für unser Energieproblem ab. Während der Atomausstieg in wenigen Wochen entschieden wurde, verschlief der Bund es über Jahre, die erneuerbaren Energien entsprechend auszubauen. Wind- und Solarkraft können die drohende Versorgungslücke deshalb nun nicht schließen. Flüssiggas aus der ganzen Welt soll Deutschland helfen. Die nötigen Terminals zum Entladen der Frachtschiffe? Gibt es hier nicht. Kein einziges. Ausbaden sollen es nun die Verbraucher. Wieder einmal. [...] Sicher: Wer sein Thermostat herunterdreht, das Fenster zum Stoßlüften aufreißt, statt es stundenlang zu kippen, und auf unnötige Autofahrten verzichtet, schont seinen Geldbeutel. Und das Klima sowieso. Doch gerade junge Familien mit Kindern, Senioren, Alleinerziehende und Geringverdiener können kaum weiter sparen: Wo die Heizkörper eh nur lauwarm sind, die Pullis zweilagig und das Auto für Arztbesuche oder Arbeitsweg unverzichtbar ist, lässt sich nichts mehr nachbessern. Für Menschen in dieser Situation müssen Solidaritätsforderungen über Tank und Thermostat wie blanker Hohn klingen. Ganz davon abgesehen: Tatsächlich spüren dürfte der Kreml den Verzicht der Bevölkerung kaum. Putins Kriegskassen kann nur die Regierung austrocknen. [...] Immerhin: Robert Habeck sagte, er sehe das Energiethema als "eine politische Verpflichtung auch für mich selbst und mein Haus". So ist es. Und hier muss der Fokus liegen. (Mauritius Kloft, T-Online)

Ich finde, Enno Park hat es in seinem Thread sehr gut ausgedrückt: wann immer Politiker*innen an die Allgemeinheit appellieren, stehlen sie sich aus der Verantwortung. Das hier ist kein Problem, das wir mit Heizung runterdrehen lösen. Dazu bedarf es staatlicher Politik, sowohl Außenpolitik (im Verhältnis zu Russland) als auch Energiepolitik (woher kommt das Zeug künftig?) als auch Sozialpolitik (wie federn wir die Kosten dieser Umwälzung ab?). Nichts davon kann durch Appelle an Heizung runterdrehen gelöst werden. Es ist genau dasselbe Thema wie bei der Klimakrise, wo auch ständig so getan wird, als ob ein bisschen Verzicht auf Auto Fahren oder ein Sojaschnitzel mehr statt dem Beef die Welt retten könnte. Es ist organisierte Verantwortungslosigkeit.

Resterampe

- Wer sich für die Debatte über die Stellung des Realismus in der aktuellen Krise interessiert, findet in diesem komplementären Artikelpaar tolle Anregungen.

- Solche Reaktionen der Opposition liebe ich einfach an deutscher Politik. Sie sprechen für ein gesundes Staatswesen.

- Die taz hat ihre eigene Version meiner linkshändigen Wasserträger.

- In der FR ist ein Artikel zu rechten Umtrieben in den Offiziersrängen der Bundeswehr.

- Florida-Gouverneur deSantis attackierte auf offener Bühne Highschool-Schüler*innen, weil sie Masken trugen, und nutzte den inszenierten Vorfall dann fürs Fundraising. Was für ein Stück Scheiße.

- Guter Punkt zu diesem unsäglichen "Wir sind weich"-Argument bei der Ukraine.

- Ein ausführlicher Blick auf die Sabotage der IRS durch die Republicans.

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