Dienstag, 15. Januar 2008

Bahn baut Stellen ab und erhöht Preise

Mehdorn hat verkündet, dass er nun "radikal" Stellen streichen bzw. in "Billiglohngebiete" verlagern sowie die Preise der Tickets erhöhen will. Als Begründung nahm er den "weit über das wirtschaftlichen vertretbare Maß hinaus vertretbaren" Tarifvertrag mit der GDL her. Um der Chose noch eins aufzusetzen, jammerte er über die "Niederlage, nicht nur für die Bahn, sondern auch den Standort Deutschland" und nannte es Phantasiezahl einen jährlichen "Schaden" von 200 Millionen Euro durch den Abschluss.
Neoliberale Vordenker mögen sich jetzt wieder bestätigt fühlen. Aber schauen wir uns die Sache doch einmal genauer an.
1) Die Bahn erhöht jeden verdammten Januar die Preise. Bisher hat immer die Inflation dafür herhalten müssen. Jetzt hat Mehdorn einen idealen Sündenbock dafür in der GDL gefunden. So gesehen hätte diese die Tarifverhandlungen noch bis März verschleppen sollen, um Mehdorn dieses Argument zu nehmen.
2) Die Bahn ist katastrophal überteuert und hat einen grauenerregend schlechten Service. Ständig legt Mehdorn irgendwelche Strecken still oder dünnt das Angebot aus, so dass die Bahn effektiv keine Alternative für Berufspendler ist.
3) Mehdorn will mit der Bahn immer noch dringend an die Börse, und obwohl seine All-Parteien-Koalition dafür von der Basis der SPD zum Wanken gebracht wurde, muss er die Hoffnung noch längst nicht aufgeben. Entlassungen sind für Anleger immer Himmelstöne, Aktien steigen so sicher wie man in Regen nass wird, kündigt man sie an. Man darf also getrost annehmen, dass diese Ankündigungen mit dem geplanten Börsengang in Verbindung stehen.
4) Mehdorn hat indessen einen furchtbar schlechten Ruf, sowohl bei seinen Kunden, als auch seinen Angestellten und in der Wirtschaft und Politik. Die ersten beiden wird er kaum mehr rumkriegen, aber die letzten beiden hofft er wohl noch auf seine Seite zurückziehen zu können. Die GDL, die konstant hohe Sympathiewerte auf sich vereinen konnte, soll dafür nun als Sündenbock herhalten, während er "halt nicht anders kann" und wirtschaftliche Nöte vorschiebt, die er sich selbst zuzuschreiben hat. Dass er an anderer Stelle im Konzern kürzen will, wird wahrscheinlich für weitere innerbetriebliche Verstimmung mit der GDL sorgen.

So oder so ist das ein ebenso widerwärtiges wie durchschaubares Manöver.

Nachtrag: Einen fundierten Artikel mit zahlreichen Infos gibt es hier.

14 Kommentare:

  1. Wen wunderts??

    Springer hats doch vor gemacht! Vom eigenen Versagen ablenken und alles auf die eigenen Angestellten schieben ,die zurecht ein paar Euro mehr am Ende des Monats in den Taschen haben wollen.
    Warum begründet er denn das ganze nicht mit seinem überhöhten Gehalt(3Mio) und mit denen der anderen Vorstände , Aufsichtsräte, Personalchefs etc. .

    Falls er den Laden tatsächlich noch an die Börse bringen sollte , springen für ihn doch bestimmt noch über die Jahre zig Millionen Prämien, Boni und Aktienoptionen raus. Hier wird wohl auch Motivation seines Handelns zu finden sein.

    Bleibt zu sagen , dass er dieses Jahr wohl nicht der letzte Manager gewesen sein wird. Dazu wird der Rest der neoliberalen Mietmäuler , Experten und Politker werden in dem Chor mit einstimmen. Arm ist das Land , was solche "Eliten" hat.

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  2. Verlagerung von Jobs in "Billiglohngebiete"???

    Wie muß ich das jetzt verstehen? Verkehrt die Regionalbahn Oldenburg-Bremen jetzt zwischen Tschenstochau und Kattowitz?... weil da die Zugbegleiter billiger sind???

    Bei the way... wo sind eigentlich die Millionen aus dem Verkauf der ganzen Bahngrundstücke geworden?

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  3. Also dass diese Argumentation Unsinn ist und Mehdorn sich damit lächerlich macht ist denke ich bekannt.
    Wenn eine Lohnerhöhung von 10% für einen kleinen Teil der Belegschaft ein Unternehmen derart in Bedrängnis bringt, dann kann es wohl keine 2,5 Mrd. JÜ (2007) machen... lustig.

    Bahn und Börse... ich meine selbst in der Politik geht kehrt ja so langsam die Einsicht ein das bis auf die Telekom keine Privatisierung so wirklich das gebracht hat was sie sollte... so lange das verhindert werden kann wäre es sicherlich keine schlechte Sache.

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  4. Bei der Geschichte mit dem Telekom (oder T-com :) ) hat neuen Technologien (Glasfaser/Optoelektronik, IP-Technik, leistungsfähigere Rechner)
    große Rolle gespielt. Das lies die Preise fallen. Und die Service beim T-com ist genau so schlecht viel früher.

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  5. Und das Netz ist noch nicht richtig privatisiert – die Bundesnetzagentur muss immer wieder tätig werden und die Preise fest legen.

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  6. Halte ich nicht für logisch... warum sollten neue Technologien die Preise fallen lassen? Ist MSVista billiger als zuvor XP, 2k usw. bei der Einführung?

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  7. Schlechter Vergleich. Denk mal an RAM. Wer würde heute noch 300 Euro für 2MB zahlen? Gab mal ne Zeit, in der das utopisch war ^^

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  8. Gemäß unabhängiger Tarif-Fachleute erhöhen sich die Ausgaben der Bahn durch diesen Tarifabschluss um 50-60 Millionen Euro. Dem gegen zu rechnen sind die von Mehdorn schon ausgehandelten Tariferhöhungen der anderen Bahngewerkschaften für die Lokführer von ca. 25-30 Mio Euro. Es bleiben also unter dem Strich Mehrkosten von ca. 30 Mio Euro pro Jahr (bei Gewinnen von 2,500 Mio).
    Das ist etwa die Summe die der Bahnvorstand (8 Mitglieder)in 1 1/2 Jahren als Salär bezieht.
    Und diese Herren haben innerhalb von 7 Jahren ihre Bezüge um 300% erhöht (also ca.43% pro Jahr).
    Quelle Focus http://www.focus.de/finanzen/news/
    bahn-vorstand_aid_117429.html

    Aus den paar Fakten kann man die ganze Verlogenheit des Herrn Mehdorn ermesssen.
    Leider erwähnt die ganze mittlerweile vollkommen gleichgeschaltete Presse sowie Rundfunk/Fernsehen solche wichtigen meinungsbildenden Informationen gar nicht mehr.
    Es könnte ja sonst der Eindruck entstehen, die Lokführer haben recht.

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  9. muss mich korrigieren:

    Der Bahnvorstand benötigt 1 3/4 Jahre um die selbe Summe zu verdienen wie 34000 GDL-Mitglieder im Jahr zusätzlich erhalten sollen.

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  10. "Schlechter Vergleich. Denk mal an RAM. Wer würde heute noch 300 Euro für 2MB zahlen? Gab mal ne Zeit, in der das utopisch war ^^"

    Doch genau so war der Vergleich gewählt... musste lange überlegen. Hinweis: Was haben Microsoft und die (unprivatisierte) Telekom gemeinsam?

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  11. Ok, war unzureichend der Hinweis...

    Also, um was es mir ging war die Marktstellung des Unternehmens. Der Vergleich war bewusst so gewählt. Der Markt für Arbeitsspeicher weist eindeutig eine andere Struktur auf als der der Deutschen Telekom vor ihrer privatisierung. Ich halte es für vollkommenen Unsinn das Technologien an sich die Preise senken? Warum sollte ein Monopolist das tun?

    Daher, der so ausgewählte Vergleich.

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  12. Naja, die Entwicklung von höherwertiger Software ist ja auch Sachzwängen geschuldet. Die Bahn war schon immer ein Monopolist, und trotzdem werden die Lokomotiven indessen nicht mehr mit Kohle befeuert...

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  13. Hä? Nein, Junge, schickt!

    Das ist mir auch klar... darum gehts doch gar nicht, aber:
    "...neuen Technologien (Glasfaser/Optoelektronik, IP-Technik, leistungsfähigere Rechner)
    große Rolle gespielt. Das lies die Preise fallen"

    Das ist ein Gerücht! Daher der Vergleich.

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