Es gibt nur wenige Texte, die so oft zitiert und missverstanden werden wie das Grundgesetz. Gerne wird etwa darauf verwiesen, dass das Grundgesetz Meinungsfreiheit garantiert, es aber ein Holocaustleugnungsverbot gibt. Es wird mit Verve betont, dass das Mandat des Abgeordeten laut Grundgesetz frei ist und dass es trotzdem einen Fraktionszwang gibt. Linke finden im Grundgesetz die beinahe schon explizite Anweisungen zu Umverteilungen im großen Stil, während Konservative den Schutz des Eigentums als unbedingte Größe aus dem Grundgesetz verlesen. Dabei beruhen viele dieser Irrtümer auf einem Missverständnis der Rolle des Grundgesetzes und einem Unverständnis gegenüber der richtigen Lesart.
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Dienstag, 17. Dezember 2013
Montag, 9. Dezember 2013
Kulturpessimismus, als versteckte Kapitalismuskritik verkleidet
Der deutsche Umgang mit dem Versandhändler, Cloudanbieter, Hardwarehersteller und Verleger Amazon hat schon etwas Merkwürdiges an sich. Ständig befindet sich das Unternehmen in der Diskussion, ist quasi die Deutsche Bank der Einzelhandelsbranche, aber die vorgebrachten Argumente gegen das Unternehmen (dafür hört man eh keine) haben alle eine merkwürdige kulturpessimistische Schlagseite, die sich selbst als versteckte Kapitalismuskritik tarnt. Klingt merkwürdig? Der Beweis dafür die die gestrige Jauch-Sendung, die die FAZ hier protokolliert und kommentiert.
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Freitag, 6. Dezember 2013
Wird Obama das Thema ändern können?
Die letzten Wochen und Monate waren für Obama nicht leicht. Der katastrophale Start der Website "healthcare.gov", dem administrativen Herzstück der Gesundheitsreform, blockierte fast ein Vierteljahr lang jeglichen Handlungsspielraum des Weißen Hauses (das, angesichts der Kongressblockade, der einzige handlungsfähige Akteur auf Bundesebene ist). Inzwischen hat Obama die Initiative wieder ergriffen und versucht, das Thema zu ändern - in einer vielbeachteten Rede zum Thema Ungleichheit legte er dazu den Grundstein. Aber wird es ihm gelingen?
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Mittwoch, 4. Dezember 2013
Behindert Bildungs-Deutsch den Lernerfolg? - Ein Gespräch mit Martin Lindner
Im Rahmen der aktuellen PISA-Studie laufen wieder einmal alle Kritiker und Apologeten des Bildungssystems zu Hochform auf. Nicht wenige allerdings denken, dass die Themen, die dabei in die Diskussion kommen, effektiv am Thema vorbeigehen und allenfalls Nebenkriegsschauplätze ansprechen. In einem Tweet sprach Martin Lindner das Problem an, dass das Deutsche zwischen der “Kultursprache” der gehobenen Bildungsinstitutionen und des Feuilleton auf der einen und dem “Gossendeutsch” auf der anderen Seite keine mittlere Stufe kenne, die etwa mit dem “Plain Simple English” (PSE) vergleichbar wäre und dass dies möglicherweise ein schwerwiegender Faktor sein könnte:
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meine these zur #pisa -bildungslücke: deutsch als kultursprache hat keine angesehene & eingeübte "mittlere" sprachebene wie "plain english".
— Martin Lindner (@martinlindner) 3. Dezember 2013
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Debatte: Selbstmord aus Angst vor dem Tod? - Die SPD vor der Entscheidung
Der Koalitionsvertrag hat von allen Seiten Kritik hervorgerufen. Darunter befindet sich Kritik, die von hemmungslosem Idealismus und Utopievorstellungen geprägt ist, parteitaktisch motivierte Kritik, sachlich falsche Kritik - und, natürlich, auch berechtigte Kritik. Aber was ist eigentlich was und warum? Jan Falk und Stefan Sasse diskutieren das Minenfeld Koalitionsvertragskritik und die anstehende SPD-Abstimmung.
Freitag, 29. November 2013
Das Grundgesetz, die Demokratie und der SPD-Mitgliederentscheid
Der taktische Zug Gabriels, die Zustimmung zur Großen Koalition von einem Basisvotum abhängig zu machen, gerät erwartungsgemäß in die Kritik. Eine Argumentationslinie, die gerade besonders gerne bemüht wird, ist der demokratietheoretische Aspekt: kann es fair sein, dass eine Zahl von 94.600 Menschen (das Mindestvotum von 20% der 473.000 SPD-Mitglieder) über das Schicksal der nächsten Koalition entscheidet? Schaffen wir da nicht einen Zwei-Klassen-Wähler? Einer, der einmal abstimmt (bei der Bundestagswahl) und einen, der noch einmal abstimmt (beim Mitgliederentscheid)? Die Antwort ist eindeutig: na klar tun wir das. Aber von der Verfassung her ist das mit Sicherheit kein Problem. Der kommt der Mitgliederentscheid näher als die bisherige Praxis. Ist das eine gute Sache? Ein entschiedenes "Vielleicht".
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Montag, 25. November 2013
Die Seimsographen stehen still
Wir erleben dieser Tage ein politisches Erdbeben, und die Seismographen bleiben still. Stattdessen messen sie die Windstärke, halten die Zunge in den Wind und schmecken das Wetter oder beklagen sich über die leichte Bewölkung. Das Äquivalent ist die Klage über irgendwelche Details in den Verhandlungen über die Große Koalition, ist die Konzentration auf den begleitenden Theaterdonner, ist die Debatte darüber, ob vielleicht doch Neuwahlen anstehen. Währenddessen reißen die Parteien die politischen Leitlplanken der letzten 30 Jahre aus.
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Montag, 18. November 2013
Vermischtes
Die Zukunft der ISAF
Die NATO hat immer noch keine konkreten Pläne, wie es in Afghanistan 2014 nach dem eigentlichen Abzug weitergehen soll. Man will nur noch Ausbilder im Land haben, schön und gut, keine Kampfeinsätze mehr, aber wer wie viel und was macht ist völlig unklar, trotz des mit nicht einmal mehr zweieinhalb Monaten eher eng gesteckten Zeitrahmens. Wir müssen uns auch klar machen, was das überhaupt bedeutet: effektiv gibt der Westen Afghanistan auf, und Karsai weiß das, weswegen er auch seit Monaten versucht, mit den Taliban eine neue Ordnung auszuhandeln. Es ist völlig absurd zu glauben, der Westen würde erneut intervenieren, wenn die Taliban den Laden wieder übernehmen - der Abzug ist eine so teure Angelegenheit und so hyperkompliziert (allein die Frage über welche Länder man zu welchen Bedingungen das Land verlässt ist ein logistischer, politischer und kultureller Albtraum), dass sich ein Zurückverlegen von einsatzfähigen Kampftruppen von selbst verbietet, vom zu erwartenden Widerstand zuhause ganz zu schweigen. Afghanistan ist nach Lage der Dinge mittelfristig verloren. Die Frage ist nur noch, wie viel von den Erfolgen bei der Öffnung seiner Gesellschaft gerettet werden können.
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Samstag, 16. November 2013
Wollen wir Eunuchenpolitiker?
Nachdem für eine Weile Ruhe war - Wulffs Rücktritt fand im Frühjahr 2012 statt - hat der nun beginnende Wulff-Prozess das ganze Drama erneut ins Scheinwerferlicht gerückt, was natürlich durch die miese Nachrichtenlage unterstützt wird. Es gibt kaum etwas zu berichten, also warum nicht den Wulff-Prozess anschauen? Die Aufmerksamkeit, die sich darauf richtet, ist ein Glücksfall. Wulff hatte, anstatt für eine Ablass-Zahlung von 20.000 Euro eine Einstellung des Verfahrens zu erwirken, auf einem Prozess bestanden, um seine Unschuld zu beweisen. Ich interpretiere das als als Zeichen seiner Zuversicht, dieses Ziel auch zu erreichen, und ich wünsche es ihm von ganzem Herzen.
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Freitag, 8. November 2013
Die große Umerziehung der Libertären
Es gibt kaum eine Partei, deren Image so sehr mit Verboten und Umerziehungsversuchen verknüpft ist wie die der Grünen. Ob Veggie-Day, Dosenpfand oder Tempo 120 auf deutschen Autobahnen, ob Solarförderung, Steuerpolitik oder Emissionsreduzierung - die Partei möchte gerne das Leben der Deutschen besser machen, indem sie sie zum "richtigen" Verhalten erzieht. Dafür wird ihr ausgeprägter Paternalismus, die Schaffung eines "Nanny-States", vorgeworfen. Doch gegen die Umerziehung, die die Liberären planen, ist das nur ein laues Lüftchen.
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Montag, 4. November 2013
Lektionen aus dem Berliner Volksentscheid
Der Berliner Volksentscheid über den Rückkauf des Stromnetzes von Vattenfall ist knapp gescheitert. Nicht, weil eine Mehrheit dagegen gewesen wäre - die Zustimmungsrate lag bei 83% - sondern weil das erforderliche Qurom von 25% Ja-Stimmen unter allen Wahlbeteiligten um 0,9% knapp verfehlt wurde. Die taz sieht darin eine Niederlage für die Demokratie: "Das knappe Scheitern wird die Debatte um die Höhe des Quorums wiederbeleben. Ist es gerecht, wenn mehr als 80 Prozent für etwas stimmen, aber dennoch scheitern? Wenn eine Mehrheit keine Mehrheit mehr ist? Ehrlicher wäre es, wenn das Quorum ganz wegfiele und es bei einem Volksentscheid nicht um die beste Taktik ginge, sondern schlicht um die besten Argumente." Das halte ich, mit Verlaub, für Unsinn.
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Sonntag, 20. Oktober 2013
Warum ein Jobverlust durch den Mindestlohn eine gute Sache sein könnte
In der aktuellen vollen Breitseite konservativer Medien gegen die geplante Einführung eines bundesweiten Mindestlohns von voraussichtlich 8,50 Euro - besonders in Welt und FAZ - wird immer der Botschaft des drohenden Jobverlusts besonders viel Raum eingeräumt. Bis zu einer Million Jobs (von den insgesamt fünf Millionen betroffenen) seien bedroht. Dabei muss das nicht einmal zwingend eine schlechte Sache sein.
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Freitag, 18. Oktober 2013
Warum der Begriff "Wahlversprechen" abgeschafft gehört
Es gibt kaum einen so billigen und allzeit verwendbaren Witz, als auf Frank Münteferings Wort von den Wahlversprechen, an denen die Politiker zu messen unfair sei. Tatsächlich hat Müntefering nämlich Recht. Aber dass die Menschen und besonders die Medien so aggressiv reagieren, wenn wieder einmal eine Partei ein ihnen teures "Wahlversprechen" bricht, und dass dieselben Leute überhaupt nicht reagieren, wenn ihnen das "Versprechen" egal ist zeigt, dass moralische Maßstäbe anzulegen schlichtweg wenig Sinn macht.
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Mittwoch, 16. Oktober 2013
Vermischtes
Aus Mangel an Zeit, einen vollständigen Blogeintrag zu jedem Thema zu schreiben, das mir gerade unter den Nägeln brennt, mache ich heute einen Gemischtwarenladen auf.
Die Zukunft des Journalismus?
In dem neuen, noch reichlich unbestimmten Angebot des Ebaygründers Omidyar an Glenn Greenwald, ein neues, unabhängiges Medium mit investigativem Schwerpunkt zu schaffen, sieht die FAZ bereits die Zukunft des Journalismus herandämmern. Ich bin da noch nicht so sicher - eine Unternehmung, die sich nicht so sehr um Verkaufszahlen scheren muss ist natürlich besser für schwere, investigative Stoffe als der Boulevardmüll des Millionenpublikums. Aber die Abhängigkeit von einem privaten Finanzier bringt ihre eigenen Gefahren mit sich, spätestens wohl wenn Greenwald gegen Ebay recherchieren wöllte oder in den Geschäftsinteressen von Omidyars Freunden herumstochert. Vielleicht lässt Omidyar ihn gewähren, vielleicht nicht - so oder so sollte man sich nicht der Fiktion hingeben, hier werde unabhängiger Journalismus betrieben. Er ist vielleicht gut, er ist vielleicht sogar brillant, aber unabhängig wird er nicht sein.
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Die Zukunft des Journalismus?
In dem neuen, noch reichlich unbestimmten Angebot des Ebaygründers Omidyar an Glenn Greenwald, ein neues, unabhängiges Medium mit investigativem Schwerpunkt zu schaffen, sieht die FAZ bereits die Zukunft des Journalismus herandämmern. Ich bin da noch nicht so sicher - eine Unternehmung, die sich nicht so sehr um Verkaufszahlen scheren muss ist natürlich besser für schwere, investigative Stoffe als der Boulevardmüll des Millionenpublikums. Aber die Abhängigkeit von einem privaten Finanzier bringt ihre eigenen Gefahren mit sich, spätestens wohl wenn Greenwald gegen Ebay recherchieren wöllte oder in den Geschäftsinteressen von Omidyars Freunden herumstochert. Vielleicht lässt Omidyar ihn gewähren, vielleicht nicht - so oder so sollte man sich nicht der Fiktion hingeben, hier werde unabhängiger Journalismus betrieben. Er ist vielleicht gut, er ist vielleicht sogar brillant, aber unabhängig wird er nicht sein.
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Dienstag, 15. Oktober 2013
Sonntag, 13. Oktober 2013
Wir können uns 1700 Flüchtlinge leisten
Laut einem Bericht des Spiegel haben derzeit 250 von insgesamt 1700 Beschäftigten der Bundeswehr, des Auswärtigen Amts und des Innenministeriums eine so genannte "Gefährdung" angezeigt: sie erklärten damit, ihr Leben in Gefahr zu sehen, wenn die alliierten Truppen erst einmal aus Afghanistan abgezogen sind. Die positive Beantwortung dieser Anträge geht eher schleppend voran; in einem 24 Personen umfassenden, dem Verteidigungsressort zugehörigen Bereich etwa wurden bislang nur fünf Personen ein positiver Bescheid ausgestellt. Es steht zu befürchten, dass Deutschland (und andere ISAF Staaten) das Problem auf die lange Bank schieben bis es sich von selbst erledigt, weil die letzten Bundeswehrstiefel den Boden des Landes verlassen. Das ist eine Schande.
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Freitag, 11. Oktober 2013
Warum sich auch Yellens Gegner über ihre Nominierung freuen sollten
Janet Yellen ist die erste Frau an der Spitze der amerikanischen Zentralbank, der Federal Reserve, kurz Fed. Sie ist auch die erste "Taube" seit Den Siebziger Jahren und setzt die Senkung der Arbeitslosigkeit mit einer niedrigen Inflation in ihrer Zielsetzung zumindest gleich, wenn sie ihr nicht sogar den Vorzug gibt - ein Novum, regieren sonst eher auf die Inflationsrate abzielende "Falken" oder ausgleichende Elemente wie Bernanke. Für die von Haus aus ausschließlich auf Inflationsbekämpfung ausgelegte und an gesamtwirtschaftlichen Fragen gar nicht interessierte deutsche Tradition der Geldpolitik ist so etwas natürlich ein rotes Tuch, doch auch vielen anderen eher marktliberal veranlagten Naturen dürfte die Ernennung Bauchschmerzen bereiten. Trotzdem sollten gerade sie sich freuen und für ein möglichst umfassendes Mandat Yellens eintreten.
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Samstag, 5. Oktober 2013
Das All In der Tea Party - Der Shutdown erklärt
Alle Räder stehen still
Weil die Tea Party das so will
In einer für Deutschland undenkbaren Aktion hat der radikale Flügel der Republicans, die Tea Party, einen kompletten Government Shutdown erzwungen. Seit mehreren Tagen kann die US-Regierung nur noch solche Stellen bezahlen, die als "essentiell" eingestuft werden, etwa das Militär. Der Rest ist auf unbezahltem Urlaub. Geradezu absurd mutet an, dass der Sprecher des Repräsentantenhauses, das den Shutdown initiiert hat, John Boehner, nicht in der Lage ist, ein Ziel zu nennen, das mit dem Shutdown erreicht werden soll. Das verwundert nicht: weder er noch die Mehrheit der Republicans im Repräsentantenhaus haben ihn gewollt.
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Weil die Tea Party das so will
In einer für Deutschland undenkbaren Aktion hat der radikale Flügel der Republicans, die Tea Party, einen kompletten Government Shutdown erzwungen. Seit mehreren Tagen kann die US-Regierung nur noch solche Stellen bezahlen, die als "essentiell" eingestuft werden, etwa das Militär. Der Rest ist auf unbezahltem Urlaub. Geradezu absurd mutet an, dass der Sprecher des Repräsentantenhauses, das den Shutdown initiiert hat, John Boehner, nicht in der Lage ist, ein Ziel zu nennen, das mit dem Shutdown erreicht werden soll. Das verwundert nicht: weder er noch die Mehrheit der Republicans im Repräsentantenhaus haben ihn gewollt.
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Montag, 30. September 2013
Warum die SPD nicht mit der LINKEn koalieren kann
Egal, welche Option derzeit im politischen Berlin durchdiskutiert wird, eine ist sicherlich nicht dabei: eine Rot-Rot-Grüne Koalition. In den unsterblichen Worten Monty Pythons: Sie scheidet völlig aus. Dafür gibt es Gründe. Einige liegen bei den Parteien selbst, einige bei der Außenwelt. Wie hat es Gustav Horn wieder ausgedrückt? "Mit der Linken kann sie nicht kooperieren. Den Wortbruch würden die Wähler nicht verzeihen." Das, mit Verlaub, ist Quatsch. Der Wähler hat schon ganz andere Sachen verziehen.
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Sonntag, 22. September 2013
Gefangen im eigenen Erfolg: die Umfrageinstitute
Forsa, die Forschungsgruppe Wahlen und wie sie alle heißen: kaum waren sie jemals so sehr in der Kritik wie in diesem Bundestagswahlkampf. Tendenziös seien sie, parteiisch oder einfach falsch. So lauten die häufigsten Vorwürfe. Da helfen auch Verweise darauf, dass man eine Fehlertoleranz von meist +/- 3% angibt, recht wenig. Der 24/7-Nachrichtenzyklus erfordert neue Nachrichten, und nichts eignet sich so gut für eine Seite Nichts wie die Abweichung einer Partei um 0,3% in der letzten Umfrage.
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Freitag, 20. September 2013
"Simpler": Der freundliche Stupser in die richtige Richtung (Teil 5)
In den letzten beiden Teilen haben wir diskutiert, wie Regierung in die Wahl ihrer Bürger eingreifen kann, um ihre Ziele zu erreichen. Die starken Reaktionen, die dies hervorrief, sind verständlich. Niemand mag es, wenn einem die Entscheidung über Dinge abgenommen wird, die man eigentlich selbst entscheiden möchte - das Essen in der Kantine (Stichwort Veggie-Day), die Art des zu kaufenden Autos, den Stromanbieter, die sexuelle Orientierung, das Freizeitverhalten, die Ausübung der Religion und vieles mehr. Jan Falk beschrieb in seiner Verteidigung des grünen Nanny-States, dass es notwendig sein kann, bestimmte Einschränkungen vorzugeben um die Freiheit als Ganzes zu erhalten: In einer ökologisch verheerten Welt bleiben wenige Freiheiten übrig. Abseits dieser dramatischen Fallstudie ist die Regulierung durch die Regierung aber auch nicht zwingend ein Eingriff in die Wahlfreiheit, wie Cass Sunstein in seinem Buch "Simpler - The Future of Government" beschreibt. Zentral hierfür ist das Konzept des "Nudge", das sich in etwa als "Ellenbogenstupser" übersetzen ließe - ein kleiner, freundlicher Stoß in die richtige Richtung.
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"Simpler": Der grüne Nanny-State bewahrt Freiheiten in Zeiten der Klima-Krise (Teil 4)
Eine der wohl wirkungsvollsten Angriffe auf die Grünen in diesem Bundestagswahlkampf scheint die Kritik an Nanny-State-Vorhaben zu sein, etwa den Veggy-Day und ein Tempolimit auf Autobahnen. Diese, so die Kritik, bevormundeten die Bürger , seien paternalistisch, der Anfang oder gar schon die Realisierung einer “Öko-Diktatur”. Was mehr verwundert als die Polemiken aus der Springerpresse und dem Konrad-Adenauer-Haus gegen die Vorhaben ist das Unvermögen vieler grüner Politiker und Sympathisanten, diese konkreten Policies und letztlich auch das Konzept eines ökologischen Nanny-States an sich offensiv zu verteidigen. Da kommt in Talkshows und Twitter-Debatten einfach sehr wenig.
Woran liegt das? Die Verteidigung des grünen Nanny-States beruht auf zwei Argumenten, einem einfachen, aber wahrscheinlich wenig effektiven, und einem komplizierteren, weil kontrafaktischen, aber zwingerendem Argument. Vielleicht ist letzteres zu voraussetzungsreich für ein Zwei-Minuten-Statement in einer Talkshow.
"Simpler": Wer soll für uns entscheiden? (Teil 3)
Das letzte Mal behandelten wir den Nutzen vereinfachter Entscheidungsstrukturen. Offensichtlich ist es keinesfalls positiv, wenn Menschen zu viele Optionen haben und auf zu vielen Gebieten Entscheidungen treffen müssen. Die Frage aber ist, wer denn dann die Entscheidungen treffen soll. Ist es der Staat, in einer expliziten Ausformung des "Nanny State", der den ultimativen Albtraum der Liberalen darstellt? Viele Entwicklungen scheinen in diese Richtung zu deuten, besonders wenn es sich irgendwie um die Partei der Grünen dreht, die in Deutschland immer wieder mit Vorstößen wie dem Tempolimit 120 auf deutschen Autobahnen, dem Dosenpfand oder dem Veggie-Day brave Bürger(liche) verschrecken. Auch in den USA ist diese Debatte voll im Gange, vielleicht noch prononcierter als hierzulande. Auch Cass Sunstein, Autor des Buches "Simpler: The Future of Government", hat sich mit der Frage beschäftigt und ist sich der Problematik des Themas bewusst.
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“Simpler”: Warum überhaupt eine einfachere Regierung? (Teil 2)
Niemand mag komplexe Antragsformulare. Wer jemals über einer Steuererklärung oder einem Hartz-IV-Antrag gesessen hat, wird eine tief sitzende Abneigung gegen diese Art von bedrucktem Papier entwickeln. Viel mehr Begeisterung dürfte auch der Adressat als Sachbearbeitender der entsprechenden Behörde kaum aufbringen; zumindest hat man bislang selten von Antrag-Fanclubs gehört. Aber abgesehen von dem Aufwand, den die Papiere produzieren – warum sollte man viel Aufwand darauf verwenden, sie einfacher zu gestalten? Kann man von jemandem, der gerne Bafög oder ein Stipendium haben möchte nicht erwarten, dass man sich ein bisschen reinhängt? Cass Sunstein gibt darauf in „Simpler – The Future of Government“ eine verblüffende Antwort.
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"Simpler": Ist einfacher die Zukunft des Regierens? (Teil 1)
Muss die staatliche Bürokratie ein schier undurchdringlicher Dschungel aus Vorschriften und Regulierungen sein, die ein normaler Mensch praktisch nicht verstehen kann? Ist es volkswirtschaftlich sinnvoll, hunderte und tausende von Seiten Anträge jedes Jahr von Bürgern und Unternehmen ausfüllen zu lassen und diese dann auszuwerten? Ist es nicht sogar extrem schädlich? Und, vor allem – wie können wir das verändern? Cass Sunstein, von 2009-2012 Chef der OIRA, der obersten Regulierungsbehörde der USA, hat in seinem Buch „Simpler – The Future of Government“ versucht, diese Fragen zu beantworten.
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Donnerstag, 19. September 2013
Rewe macht Marketing für seine Ja!-Produkte zur Bundestagswahl 2013
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Von Stefan Sasse
Dem einen oder anderen ist vielleicht die Kampagne von Rewe aufgefallen, die mit Wahlplakaten auf ihre Produkte aufmerksam machen ("Wir retten den deutschen Haushalt"). Die offizielle Botschaft der Kampagne lautet so:
Faszinierend ist, wenn man sich das Werbevideo ansieht, tatsächlich die Passgenauigkeit der Sprüche auf die üblichen Politikerphrasen.
Es stellt sich die Frage, wie sinnvoll eine Kampagne mit eindeutigem Bundestagswahlbezug bei einer Bundestagswahl ist, die übereinstimmend als langweilig, uninspiriert und unpolarisiert bezeichnet werden kann. Rewe hatte vermutlich auch auf einen kleinen Skandalfaktor gehofft: wie kann man mit einem so ernsten Gegenstand wie der Wahl des Bundestags Werbung machen? Eingetroffen ist das nicht, obwohl die Kampagne sogar ziemlich clever gemacht ist. Aber der Verweis darauf, dass Politiker nur Phrasen absondern und dass Wahlversprechen häufig nicht besonders ernst gemeint sind ist eben auch nicht gerade eine neuartige Erkenntnis, die einen Schocker darstellen könnte. Die Rewe-Wahlkampagne, obwohl insgesamt wohl tatsächlich ehrlicher als der politische Wahlkampf, fällt in diesen dahinplätschernden Politikgefilden daher lange nicht so auf, wie man sich das in den Rewe-Chefetagen wohl gewünscht hat.
Unter diesen Umständen könnte man die Werbekampagne fast als subversiv bezeichnen. Fast.
Dieser Post wurde gesponsort.
Von Stefan Sasse
Dem einen oder anderen ist vielleicht die Kampagne von Rewe aufgefallen, die mit Wahlplakaten auf ihre Produkte aufmerksam machen ("Wir retten den deutschen Haushalt"). Die offizielle Botschaft der Kampagne lautet so:
Die Bundestagswahl steht vor der Tür und so mancher Wähler ist noch unentschieden, wo er das Kreuzchen setzen soll.
REWE greift einem bei der Entscheidungsfindung mit der Kampagne „ja! wählen“ unter die Arme. Zugegebenermaßen zwar nicht für die tatsächliche Bundestagswahl, sondern vielmehr bei der alltäglichen Frage welchen Supermarkt man wählen soll.
In dem Wahlwerbespot 2013 („Wir halten unsere billigen Versprechen“) nimmt das Unternehmen die vielen Phrasen der Politiker auf und schickt damit ihre ja! Kandidaten in den Wahlkampf. Diese stehen vor Supermärkten, sitzen an öffentlichen Partei-Wahlkampftischen, streicheln Kindern über den Kopf und schütteln Hände. Genauso wie im wahren Leben. Bloß, dass die Wahlkampfsprüche der „ja!“-Kandidaten auch tatsächlich eingehalten werden.
Faszinierend ist, wenn man sich das Werbevideo ansieht, tatsächlich die Passgenauigkeit der Sprüche auf die üblichen Politikerphrasen.
Es stellt sich die Frage, wie sinnvoll eine Kampagne mit eindeutigem Bundestagswahlbezug bei einer Bundestagswahl ist, die übereinstimmend als langweilig, uninspiriert und unpolarisiert bezeichnet werden kann. Rewe hatte vermutlich auch auf einen kleinen Skandalfaktor gehofft: wie kann man mit einem so ernsten Gegenstand wie der Wahl des Bundestags Werbung machen? Eingetroffen ist das nicht, obwohl die Kampagne sogar ziemlich clever gemacht ist. Aber der Verweis darauf, dass Politiker nur Phrasen absondern und dass Wahlversprechen häufig nicht besonders ernst gemeint sind ist eben auch nicht gerade eine neuartige Erkenntnis, die einen Schocker darstellen könnte. Die Rewe-Wahlkampagne, obwohl insgesamt wohl tatsächlich ehrlicher als der politische Wahlkampf, fällt in diesen dahinplätschernden Politikgefilden daher lange nicht so auf, wie man sich das in den Rewe-Chefetagen wohl gewünscht hat.
Unter diesen Umständen könnte man die Werbekampagne fast als subversiv bezeichnen. Fast.
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Donnerstag, 5. September 2013
Vier Moderatoren muss kein Fehler sein - Gegenvorschlag zu Stefan Niggemeier
Mit seinem mittlerweile berühmten Vorschlag, beim TV-Duell vollständig auf Moderatoren zu verzichten und stattdessen die Kandidaten ein echtes Duell durchführen zu lassen, hat Stefan Niggemeier einen Nerv getroffen. Es gibt wohl niemanden, der das offizielle Duell als besonders spannende oder informative Angelegenheit wahrgenommen hat - Begriffe wie "Duett" prägen stattdessen die Berichterstattung. Die Hauptkritik entlädt sich zurecht gegen das Format. Aber ist die Anzahl der Moderatoren wirklich entscheidend?
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Montag, 2. September 2013
War das eigentlich ein Duell?
Das TV-Duell ist vorüber. Wie zu erwarten hat es nicht gerade dazu gedient, eine Begeisterungswelle demokratischen Partizipationswillens loszubrechen oder die Verhältnisse im Wahlkampf grundlegend umzuwühlen. Einige interessante Beobachtungen ließen sich trotzdem machen, auch wenn sie in der offiziellen Choreographie nicht vorgesehen waren.
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Sonntag, 1. September 2013
Was die Parteien im Wahlkampf wollen – AfD
Es ist Wahlkampfzeit in Deutschland. Hochsaison für Spin-Doktoren, Phrasendrescher und Plakatekleber. Es ist jedoch immer auch wieder erstaunlich, welch unterschiedliche Zielrichtungen sich bereits im Wahlkampf erkennen lassen. Denn obwohl die äußere Form nur ihrem Plakaten am Straßenrand gleich scheint, verfolgen die Parteien unterschiedliche Ziele. Heute: die AfD.
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Was die Parteien im Wahlkampf wollen - SPD
Von Stefan Sasse
Es ist Wahlkampfzeit in Deutschland. Hochsaison für Spin-Doktoren, Phrasendrescher und Plakatekleber. Es ist jedoch immer auch wieder erstaunlich, welch unterschiedliche Zielrichtungen sich bereits im Wahlkampf erkennen lassen. Denn obwohl die äußere Form nur ihrem Plakaten am Straßenrand gleich scheint, verfolgen die Parteien unterschiedliche Ziele. Heute: die SPD.
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Es ist Wahlkampfzeit in Deutschland. Hochsaison für Spin-Doktoren, Phrasendrescher und Plakatekleber. Es ist jedoch immer auch wieder erstaunlich, welch unterschiedliche Zielrichtungen sich bereits im Wahlkampf erkennen lassen. Denn obwohl die äußere Form nur ihrem Plakaten am Straßenrand gleich scheint, verfolgen die Parteien unterschiedliche Ziele. Heute: die SPD.
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Was die Parteien im Wahlkampf wollen - CDU
Von Stefan Sasse
Es ist Wahlkampfzeit in Deutschland. Hochsaison für Spin-Doktoren, Phrasendrescher und Plakatekleber. Es ist jedoch immer auch wieder erstaunlich, welch unterschiedliche Zielrichtungen sich bereits im Wahlkampf erkennen lassen. Denn obwohl die äußere Form nur ihrem Plakaten am Straßenrand gleich scheint, verfolgen die Parteien unterschiedliche Ziele. Heute: die CDU.
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Es ist Wahlkampfzeit in Deutschland. Hochsaison für Spin-Doktoren, Phrasendrescher und Plakatekleber. Es ist jedoch immer auch wieder erstaunlich, welch unterschiedliche Zielrichtungen sich bereits im Wahlkampf erkennen lassen. Denn obwohl die äußere Form nur ihrem Plakaten am Straßenrand gleich scheint, verfolgen die Parteien unterschiedliche Ziele. Heute: die CDU.
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Mittwoch, 28. August 2013
In der Ferne Wahlen verlieren - warum die NachDenkSeiten falsch liegen
Von Stefan Sasse
Unter dem Titel "In der Ferne töten, um zu Hause die Umfragen zu verbessern und Wahlen zu gewinnen – mit solchen Spießgesellen leben wir in einer „Wertegemeinschaft“" beklagt Albrecht Müller, dass Großbritannien, die USA und Frankreich nur deswegen einen Militärschlag gegen Syrien erwägen würden, weil sie damit auf bessere Umfragewerte und leichteres Regieren zuhause hoffen. Die Medien bereiteten dem demnach bereits den Boden und manipulierten die Öffentlichkeit in Richtung eines Kriegseinsatzes. Diese Argumentation weist jedoch erhebliche Mängel auf und taugt als Erklärung praktisch überhaupt nicht.
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Unter dem Titel "In der Ferne töten, um zu Hause die Umfragen zu verbessern und Wahlen zu gewinnen – mit solchen Spießgesellen leben wir in einer „Wertegemeinschaft“" beklagt Albrecht Müller, dass Großbritannien, die USA und Frankreich nur deswegen einen Militärschlag gegen Syrien erwägen würden, weil sie damit auf bessere Umfragewerte und leichteres Regieren zuhause hoffen. Die Medien bereiteten dem demnach bereits den Boden und manipulierten die Öffentlichkeit in Richtung eines Kriegseinsatzes. Diese Argumentation weist jedoch erhebliche Mängel auf und taugt als Erklärung praktisch überhaupt nicht.
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Samstag, 24. August 2013
Was Sarah Palin uns über die Rolle der Medien verrät
Wenn man in diesen unruhigen Tagen einen Blick ins Jahr 2008 zurückwirft (lang, lang ist's her), in dem Obama noch der Präsidentschaftskandidat der Democrats war und gegen McCain und seine Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin ankämpfte, dann kann man dem kometenhaften Aufstieg und Fall Palins eine wichtige Lehre darüber entnehmen, was Medien nicht tun - und zu welchen Problemen es führt. Die Rede ist, natürlich, von der viel zitierten Rolle als "vierter Gewalt", der Kontrollfunktion gegenüber der Politik.
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Mittwoch, 7. August 2013
Wie die Progressiven eine Generation verlieren
Von Stefan Sasse
Die Bedeutung ökonomischer Bildung wird besonders von den Wirtschaftsverbänden beständig betont. Nicht ohne Grund - in den letzten Jahren ist das Bewusstsein für die Bedeutung von ökonomischen Prozessen in der Öffentlichkeit immer mehr in den Vordergrund gerückt worden. Konsequenterweise drängen die Schulreformer in den Kultusministerien mit Nachdruck auf die Implementierung von Wirtschaft in die Bildungspläne. Auf diesem Feld aber haben die Progressiven den Kampf um die Deutungshoheit praktisch bereits verloren - mit schwerwiegenden Folgen für die Zukunft.
Die Reformen der jüngsten Zeit in Baden-Württemberg etwa haben dazu geführt, dass Wirtschaft als ordentliches Kernfach in der Oberstufe wählbar ist und wirtschaftliche Inhalte in den Politik- und Erdkundeunterricht integriert werden. Das nötige Fachwissen dafür - in beiden Studiengängen spielte Wirtschaft bislang kaum eine Rolle, was sich erst mit den jüngsten Prüfungsordnungsreformen geändert hat - haben die Lehrer in der Regel nicht, was sie extrem abhängig von offiziellen Fortbildungen oder, im Fall der neu ausgebildeten Lehrer, von an das normale Programm angehängten "Fortbildungen" macht, deren Gewicht aber nicht auf den Inhalten, sondern auf der Didaktik liegt. Entsprechend viel Gewicht haben die wenigen inhaltlichen Informationen, die es zu dem Thema gibt. Ich möchte eine exemplarische Episode zu diesem Thema schildern, um die Problematik deutlich zu machen.
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Die Bedeutung ökonomischer Bildung wird besonders von den Wirtschaftsverbänden beständig betont. Nicht ohne Grund - in den letzten Jahren ist das Bewusstsein für die Bedeutung von ökonomischen Prozessen in der Öffentlichkeit immer mehr in den Vordergrund gerückt worden. Konsequenterweise drängen die Schulreformer in den Kultusministerien mit Nachdruck auf die Implementierung von Wirtschaft in die Bildungspläne. Auf diesem Feld aber haben die Progressiven den Kampf um die Deutungshoheit praktisch bereits verloren - mit schwerwiegenden Folgen für die Zukunft.
Die Reformen der jüngsten Zeit in Baden-Württemberg etwa haben dazu geführt, dass Wirtschaft als ordentliches Kernfach in der Oberstufe wählbar ist und wirtschaftliche Inhalte in den Politik- und Erdkundeunterricht integriert werden. Das nötige Fachwissen dafür - in beiden Studiengängen spielte Wirtschaft bislang kaum eine Rolle, was sich erst mit den jüngsten Prüfungsordnungsreformen geändert hat - haben die Lehrer in der Regel nicht, was sie extrem abhängig von offiziellen Fortbildungen oder, im Fall der neu ausgebildeten Lehrer, von an das normale Programm angehängten "Fortbildungen" macht, deren Gewicht aber nicht auf den Inhalten, sondern auf der Didaktik liegt. Entsprechend viel Gewicht haben die wenigen inhaltlichen Informationen, die es zu dem Thema gibt. Ich möchte eine exemplarische Episode zu diesem Thema schildern, um die Problematik deutlich zu machen.
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Montag, 22. Juli 2013
Die Durchschnittsverdiener in Deutschland - wie mit Sonderfällen Politik gemacht wird
Von Stefan Sasse
In der Wirtschaftswoche findet sich eine Brandmarkung von Rot-Grün, die im Bundesrat einen CDU-Vorschlag blockiert haben, die Kalte Progression dadurch abzuschaffen, dass ein automatischer Inflationsausgleich eingeführt wird (Rot-Grün hatte flankierend einen höheren Spitzensteuersatz gefordert, den Schwarz-Gelb natürlich nicht mitmacht, und so bleibt das Thema heiß für den Wahlkampf - business as usual). Interessant ist die weitergehende Erklärung der Wirtschaftswoche, die anhand einiger typischer Beispiele die Wirkung der Kalten Progression erläutert. Diese Beispiele sind so typisch, dass rund 90% der deutschen Bevölkerung nicht darunter fallen. Das ganze hat System.
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In der Wirtschaftswoche findet sich eine Brandmarkung von Rot-Grün, die im Bundesrat einen CDU-Vorschlag blockiert haben, die Kalte Progression dadurch abzuschaffen, dass ein automatischer Inflationsausgleich eingeführt wird (Rot-Grün hatte flankierend einen höheren Spitzensteuersatz gefordert, den Schwarz-Gelb natürlich nicht mitmacht, und so bleibt das Thema heiß für den Wahlkampf - business as usual). Interessant ist die weitergehende Erklärung der Wirtschaftswoche, die anhand einiger typischer Beispiele die Wirkung der Kalten Progression erläutert. Diese Beispiele sind so typisch, dass rund 90% der deutschen Bevölkerung nicht darunter fallen. Das ganze hat System.
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Dienstag, 2. Juli 2013
Woran man den rechtsstaatlichen Zustand Russlands erkennt
Die verzweifelten Asylgesuche Edward Snowdens aus dem Transitbereich des Moskauer Flughafens zeigen deutlich auf, welche Grenzen und rechtlichen Hindernisse es für Asylgesuche gibt. Praktisch alle bisherigen Ablehnungen - zehn an der Zahl - wurden mit der geltenden Rechtslage begründet: ein Asylantrag kann nur vom Boden des jeweiligen Staates aus gestellt werden, in einigen Fällen auch in einer Botschaft oder einem Konsulat, was für Snowden, der ohne gültige Papiere den Flughafen nicht verlassen kann, auf dasselbe hinausläuft (es sei denn, die russischen Sicherheitsbehörden würden in die falsche Richtung sehen und ihn entwischen lassen). Das Asylgesuch an Russland hat Snowden zurückgezogen, und dieser Vorgang ist in der Tat interessant, verrät er doch mehr über Russland als Putin lieb sein kann.
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Montag, 1. Juli 2013
Debatte: Prism und Tempora – was kommt nach der Empörung?
Edward Snowdens Veröffentlichungen der wesentlichsten Funktionsdetails
aus den westlichen Geheimdiensten ziehen immer weitere Kreise. Neben der
offensichtlichen Dimension (was geht die NSA mein Mailverkehr an?) und
dem willkommenen Futter für Antiamerikanismus (“schlimmer als die
Stasi”) bleiben wichtige Fragen bislang unbeantwortet. Haben
Geheimdienste überhaupt eine Daseinsberechtigung? Wenn ja, wen dürfen
sie ausspionieren? Welche Handlungsmöglichkeiten bleiben der nationalen
Politik? Und ruiniert nicht ein diplomatischer Konfrontationskurs die
Beziehungen, ohne etwas an der Spionage zu ändern? Ein Deliberation
Daily Gespräch von Jan Falk und Stefan Sasse.
Donnerstag, 27. Juni 2013
Best of - Zitate von Polit-Aussteigern
Die ZEIT hat einigen Politikern, die dieses Jahr den Bundestag endgültig verlassen, einen Fragebogen zugeschickt. Teilweise kommen da echte Brüller oder interessante Sachen rum. Die Highlights auf Deliberation Daily.
Dienstag, 25. Juni 2013
Wann Medien als vierte Gewalt fungieren
Wolfgang Michal und Frank Lübberding haben eine interessante Debatte darüber in Gang gesetzt, ob Medien überhaupt als “vierte Gewalt” gesehen werden können oder ob sie nicht einfach ständig das Fazit vom “schön, dass wir darüber geredet haben” reproduzieren, ehe sie den nächsten Skandal aufgreifen oder schaffen. Tatsächlich scheint es so, als ob das größte Problem, wie Michal es anspricht, die mangelnde Verantwortlichkeit von Medien “in the long run” ist. Nur, wie verbesser man das? Sehen wir uns an, wie Medien überhaupt als vierte Gewalt fungieren können.
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Montag, 17. Juni 2013
Warum Skandale an Obama einfach abzuperlen scheinen
Das Göttinger Institut für Demokratieforschung hat sich mit der Frage befasst, warum Obama scheinbar keinen Schaden aus den Skandalen von Benghazi über die IRS hin zu der NSA nimmt und kommt zum Schluss, dass er zu sehr als Projektionsfläche für ein besseres Amerika diene und von seinen Anhängern, die er mit den Skandalen enttäuscht, apologetisch in Schutz genommen wird. Während dieses Phänomen zweifellos vorhanden ist, übersehen die Göttinger wenn sie nach den Ursachen für den ausbleibenden breiten Druck auf Obama fragen dabei meiner Meinung nach den springenden Punkt.
Donnerstag, 13. Juni 2013
Warum der Keynesianismus die bessere Wahl ist (nicht, was ihr denkt)
Der große Konflikt zwischen den Wirtschaftswissenschaften hat nicht nur Eingang in die Popkultur gefunden, wo Keynes und Hayek gegeneinander rappen. Kaum eine wissenschaftliche Disziplin konnte sich in den letzten Jahrzehnten so stark aus dem akademischen Elfenbeinturm lösen und das Leben und Streben von Millionen und Milliarden Menschen so sehr beeinflussen wie die Wirtschaftswissenschaften. Von der Euro-Krisenpolitik über die Abenomics hin zur Dollarpolitik der Fed kämpfen die Ökonomen in der politischen Arena um die Richtigkeit ihrer Ideen. Es wird kaum einen regelmäßigen Leser überraschen, dass ich eher Keynes als Hayek oder Friedman zuneige, aber es gibt dafür einen relativ simplen Grund, der viel zu wenig Aufmerksamkeit erfährt.
Montag, 10. Juni 2013
Die Herrschaft der Experten bedroht nicht nur die Parlamente
Die Rolle von Experten im Gesetzgebungsprozess ist in den letzten Jahren mehrmals irrlichtartig in der öffentlichen Debatte aufgeleuchtet und danach schnell wieder verschwunden, ob dies nun die dubiose Entscheidung Guttenbergs war, den Gesetzesentwurf der Einfachheit gleich von einer auswärtigen Kanzlei schreiben zu lassen oder ob es die Beratung der EU-Institutionen in Sachen Griechenlandbailout ist, die hauptsächlich von denen geleistet wird, die Anlagen dort haben, aber eben auch dien Fachkenntnis.
Mittwoch, 5. Juni 2013
Der Tod des Einzelhandels – nicht nur das Internet ist schuld
In der FAZ steht heute ein melancholisches Stück über den Untergang der Einzelhändler und ihrer Ladengeschäfte in der Fußgängerzone. Der Rückgang an diesen Läden beträgt längst Zahlen im höheren zweistelligen Prozentbereich, eine Entwicklung, die sich eher noch verschlimmern dürfte. Als Hauptschuldiger wird häufig das Internet ausgemacht – günstige Preise und kostenloser Versand in den Onlineshops erlauben den Händlern vor Ort keinen echten Wettbewerb mehr. Doch der Online-Einkauf ist nicht der einzige Grund, der zu dem Ladensterben führt. Er ist allerdings die Hauptursache, daran kann kein Zweifel bestehen. Für viele Branchen gibt es überhaupt keinen Grund, noch anderswo einzukaufen. Der aktuelle Niedergang der Einzelhändler folgt einem anderen, praktisch nicht diskutierten Niedergang, der mit diesem eng zusammenhängt: dem der Lebensmittel-Einzelhändler, der berühmten “Tante-Emma-Läden”. Früher gab es von denen noch ziemlich viele, kleine Klitschen, in denen man Lebensmittel, Zigaretten, vielleicht auch Zeitschriften und anderen Kleinkram bekam. Kinder nutzten ihn für den Erwerb von Süßigkeiten. Diese Läden existieren heute fast nicht mehr, sie wurden verdrängt. Nicht vom Internet, sondern von den Discountern – Aldi, Lidl, Penny, Rewe, Edeka und Co. Gegen diese Giganten besteht praktisch niemand.
Dienstag, 4. Juni 2013
Wenn der Lärm die Fakten übertönt
2002 fand der Politologe Larry Bartels in seiner bahnbrechenden Studie heraus, dass sich Menschen in ihren Ansichten dramatisch von ihren Anschauungen leiten lassen und dass Fakten einen überzeugten Parteigänger nicht umstimmen können, sondern eher in seiner Ansicht bestärken – die “truth-feedback”. Er untersuchte das anhand der Einstellung von den Democrats zuneigenden Personen, die 1988 nach ökonomischen Fakten befragt wurden und schlicht verleugneten, dass Inflation und Arbeitslosigkeit gesunken waren – weil sie damit Ronald Reagan’s Programm als funktionierend anerkennen müssten. Doch eine neue Studie ergänzt diese Ergebnis um eine weitere wichtige Erkenntnis: die Leute glauben gar nicht, was sie sagen.
Freitag, 31. Mai 2013
Eine Sprache gehört niemandem
Von Stefan Sasse
Mein geschätzter Kollege Theophil hat postuliert, dass der zunehmende “falsche” Sprachgebrauch innerhalb der EU-Institutionen das Englische zerstören würde. Dem liegt in meinen Augen eine grundlegende Fehleinschätzung zugrunde: dass es eine irgendwie “richtige” Sprache gebe, die gewissermaßen ehern steht und an der sich alle Anwender zu messen haben. Das aber ist für das Englische ebenso falsch wie für das Deutsche, nur für das Englische wahrscheinlich noch falscher. Was übrigens auch kein Wort ist, aber trotzdem versteht es jeder, was uns direkt zum nächsten Punkt führt.
Mein geschätzter Kollege Theophil hat postuliert, dass der zunehmende “falsche” Sprachgebrauch innerhalb der EU-Institutionen das Englische zerstören würde. Dem liegt in meinen Augen eine grundlegende Fehleinschätzung zugrunde: dass es eine irgendwie “richtige” Sprache gebe, die gewissermaßen ehern steht und an der sich alle Anwender zu messen haben. Das aber ist für das Englische ebenso falsch wie für das Deutsche, nur für das Englische wahrscheinlich noch falscher. Was übrigens auch kein Wort ist, aber trotzdem versteht es jeder, was uns direkt zum nächsten Punkt führt.
Dienstag, 28. Mai 2013
Gibt es einen mutigen und fairen Krieg?
Jakob Augstein schreibt in seiner aktuellen Kolumne über das Drohnen-Desaster. Während er in seiner Argumentation am Ende zu einer durchaus richtigen Einschätzung kommt, ist der Weg dorthin gelinde gesagt fraglich. Dreht man seine Argumentation nämlich um, so sind die Folgen mehr als merkwürdig, besonders für jemanden, der sich als im Zweifel links stehend sieht. Effektiv spricht sich Augstein nämlich für blutigere Konflikte aus, die von deutschen Soldaten ausgefochten werden.
Mittwoch, 22. Mai 2013
Warum der Austritt aus der Sozialistischen Internationale für die SPD richtig ist
Die SPD hat letzthin ihre Mitgliedschaft in der Sozialistischen
Internationale gekündigt. Nicht offiziell, natürlich, aber das Abziehen
der Mitarbeiter und praktische Einstellen der Zahlung von
Mitgliedsbeiträgen dürfte der alten SI den Exitus bereiten, war doch die
SPD der Hauptsponsor der alt-ehrwürdigen Organisation, als deren
Vorstand etwa SPD-Legende Willy Brandt lange Jahre tätig war.
Stattdessen betrieb die SPD die Gründung der “Progressive Alliance”, mit
rund 70 Gründungsmitgliedern. Diese soll “moderne” sozialdemokratische
Ziele befördern. Der Schritt mag manchen Traditionalisten sauer
aufstoßen, aber er macht absolut Sinn.
Donnerstag, 16. Mai 2013
Die Meute wird zur Jagd geblasen – die Medien und die “Obama-Skandale”
Von Stefan Sasse
Obama hat eine furchtbare Woche hinter sich, an die sich die nächste voraussichtlich nahtlos anschließen wird. Erst fingen die Medien an, die Vorwürfe von Cover-Ups im Falle Benghazi ernstzunehmen, die bisher auf Kreise rechter Verschwörungstheoretiker beschränkt gewesen waren, dann platzte die Nachricht, dass die IRS (die Steuerbehörde der Amerikaner) Tea-Party-Gruppierungen gezielt von Steuernachlässen auszunehmen versuchte (die nur unter sehr diffizilen Bedingungen möglich sind) und am Ende verbreitete sich das Gerücht, dass das Justice Department Telefone und Mails von AP-Journalisten abgehört habe. Es war, als hätte jemand das Horn zum Jagen geblasen, und die Journalisten sprangen auch darauf an.
Obama hat eine furchtbare Woche hinter sich, an die sich die nächste voraussichtlich nahtlos anschließen wird. Erst fingen die Medien an, die Vorwürfe von Cover-Ups im Falle Benghazi ernstzunehmen, die bisher auf Kreise rechter Verschwörungstheoretiker beschränkt gewesen waren, dann platzte die Nachricht, dass die IRS (die Steuerbehörde der Amerikaner) Tea-Party-Gruppierungen gezielt von Steuernachlässen auszunehmen versuchte (die nur unter sehr diffizilen Bedingungen möglich sind) und am Ende verbreitete sich das Gerücht, dass das Justice Department Telefone und Mails von AP-Journalisten abgehört habe. Es war, als hätte jemand das Horn zum Jagen geblasen, und die Journalisten sprangen auch darauf an.
Dienstag, 14. Mai 2013
Warum Vergangenheitsbewältigung so wichtig ist
Von Stefan Sasse
Die Forderung, endlich einen Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen und mit der fast obsessionshaften Beschäftigung mit der "Vergangenheit, die nicht vergehen will" aufzuhören, kommt in Deutschland mit schöner Regelmäßigkeit immer wieder hoch. Bislang hat die Forderung, obwohl grundsätzlich populär, jedoch keinen bleibenden Einfluss erwirken können. Weder die Totalitarismusdiskussion des Historikerstreits in den 1980er Jahren, noch die Forderung nach der Historifizierung des Nationalsozialismus, noch die Wiedervereinigung konnten dem grundsätzlichen deutschen Konsens etwas anhaben, dass Deutschland eine furchtbare Schuld auf sich geladen hat, die es nicht einfach wird abschütteln können und der es sich stets aufs Neue zu stellen hat. Was passiert, wenn ein solcher Konsens nicht existiert, lässt sich immer wieder in Japan beobachten.
Montag, 13. Mai 2013
Sie sprechen in Zungen! - Warum wir uns in der Politik nicht verstehen
Von Stefan Sasse
Im zweiten Teil unseres Online-Seminars zu Arnold Klings "Three languages of politics" soll es um die Frage gehen, warum sich politische Debatten so oft im Kreis drehen. Beispielhaft ist das ja stets in den Talkshows zu begutachten: zwei bis fünf "Diskutanten" sitzen sich gegenüber und werfen sich Zufallsgriffe aus dem Phrasenschwein an den Kopf. Der Erkenntnisgewinn geht gegen null. Arnold Kling würde nun Argumente um die bessere Verkaufbarkeit polarisierenden Unsinns beiseite wischen (obgleich das natürlich eine wichtige Rolle spielt) und stattdessen auf die unterschiedlichen politischen Sprachen verweisen, die eine Verständigung praktisch unmöglich machen.
Im zweiten Teil unseres Online-Seminars zu Arnold Klings "Three languages of politics" soll es um die Frage gehen, warum sich politische Debatten so oft im Kreis drehen. Beispielhaft ist das ja stets in den Talkshows zu begutachten: zwei bis fünf "Diskutanten" sitzen sich gegenüber und werfen sich Zufallsgriffe aus dem Phrasenschwein an den Kopf. Der Erkenntnisgewinn geht gegen null. Arnold Kling würde nun Argumente um die bessere Verkaufbarkeit polarisierenden Unsinns beiseite wischen (obgleich das natürlich eine wichtige Rolle spielt) und stattdessen auf die unterschiedlichen politischen Sprachen verweisen, die eine Verständigung praktisch unmöglich machen.
Freitag, 10. Mai 2013
Das Geld findet immer einen Weg - warum die Debatte um eine Parteispendenreform sich immer im Kreis drehen wird
Von Stefan Sasse
Der von mir geschätzte Hans-Martin Tillack vom Stern hat in einer Serie zu der Finanzierung der Parteien mehrere Problem offengelegt, die die Spendenpraxis im deutschen Parteienrecht umgeben. Er bedauert, dass es in Deutschland keine Höchstgrenzen für Unternehmensspenden gibt und dass die Kontrolle über die Parteispenden bei den Parteien selbst. Er diskutiert Alternativen wie eine reine Beschränkung auf Staatszuschüsse oder Gesamtausgabegrenzen im Wahlkampf. Allein, seine Argumentation ist weder neu noch originell, und sie wird stets so aktuell wie folgenlos bleiben. Das Geld findet immer einen Weg.
Der von mir geschätzte Hans-Martin Tillack vom Stern hat in einer Serie zu der Finanzierung der Parteien mehrere Problem offengelegt, die die Spendenpraxis im deutschen Parteienrecht umgeben. Er bedauert, dass es in Deutschland keine Höchstgrenzen für Unternehmensspenden gibt und dass die Kontrolle über die Parteispenden bei den Parteien selbst. Er diskutiert Alternativen wie eine reine Beschränkung auf Staatszuschüsse oder Gesamtausgabegrenzen im Wahlkampf. Allein, seine Argumentation ist weder neu noch originell, und sie wird stets so aktuell wie folgenlos bleiben. Das Geld findet immer einen Weg.
Donnerstag, 9. Mai 2013
Generalverdacht „Meinungs-Mache“: Wie die NachDenkSeiten billige Ressentiments bedienen
Von Jan Falk
Am 21. September dieses Jahres, am Tag vor der Bundestagswahl, wird, so haben es die Movers and Shakers im Hause Springer entschieden, mal wieder eine Gratis-BILD an alle Haushalte verteilen werden. „Die ‚Bild zur Wahl‘ – so der offizielle Name - soll aktuelle politische Zusammenhänge beleuchten, Wahlprogramme der Parteien hinterfragen, die Kanzlerkandidaten vorstellen und die wichtigsten Umfragen analysieren", berichtet Meedia.
Das wird, vorsichtig formuliert, interessant, und ist jetzt schon Grund genug für Jens Berger, eine gefährliche und potentiell wahlentscheidende Manipulation durch den Springerverlag zu vermuten: "Die 'BILD zur Wahl' [greift] sprichwörtlich in letzter Minute direkt auf die Wahlentscheidung der Bürger [ein]", so Berger. Diese Einschätzung ist wenig überraschend, erscheinen doch auf den NachDenkSeiten fast täglich neue Artikel über "Meinungs-Mache" und "Manipulation" durch die Massenmedien. Doch es wird Zeit, dass das populäre Blog diese Begriffe mitsamt ihrer Implikationen endlich über Bord wirft. Sie bedienen nur noch Ressentiments und haben mit Nachdenken nicht viel zu tun.
Weiterlesen auf Deliberation Daily ->
Am 21. September dieses Jahres, am Tag vor der Bundestagswahl, wird, so haben es die Movers and Shakers im Hause Springer entschieden, mal wieder eine Gratis-BILD an alle Haushalte verteilen werden. „Die ‚Bild zur Wahl‘ – so der offizielle Name - soll aktuelle politische Zusammenhänge beleuchten, Wahlprogramme der Parteien hinterfragen, die Kanzlerkandidaten vorstellen und die wichtigsten Umfragen analysieren", berichtet Meedia.
Das wird, vorsichtig formuliert, interessant, und ist jetzt schon Grund genug für Jens Berger, eine gefährliche und potentiell wahlentscheidende Manipulation durch den Springerverlag zu vermuten: "Die 'BILD zur Wahl' [greift] sprichwörtlich in letzter Minute direkt auf die Wahlentscheidung der Bürger [ein]", so Berger. Diese Einschätzung ist wenig überraschend, erscheinen doch auf den NachDenkSeiten fast täglich neue Artikel über "Meinungs-Mache" und "Manipulation" durch die Massenmedien. Doch es wird Zeit, dass das populäre Blog diese Begriffe mitsamt ihrer Implikationen endlich über Bord wirft. Sie bedienen nur noch Ressentiments und haben mit Nachdenken nicht viel zu tun.
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Mittwoch, 8. Mai 2013
Politische Analphabeten bei der Arbeit
Der SPD bei der Wahlkampfarbeit zuzusehen ist ungefähr wie "Pleiten, Pech und Pannen", nur nicht so lustig. Wer ihr Verhalten in den letzten Monaten beobachtet kommt kaum um die Feststellung umhin, dass die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut, und dass der Kopf die Augen fest verschließt in der Hoffnung, dass beim Wieder-öffnen alles schon irgendwie gut wäre. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die absurde Auseinandersetzung um ein Tempolimit auf Autobahnen. Sigmar Gabriel, seines Zeichens Parteivorsitzender der SPD, hat sich für ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen ausgesprochen; 120 soll es sein.
Dienstag, 7. Mai 2013
Die Grenzen unserer politischen Sprache...
Von Theophil
… bestimmen die Grenze unserer politischen Vorstellungskraft. So könnte man Arnold Klings “The Three Languages of Politics” zusammenfassen und damit beginnt unser kleines Onlinelektüreseminar. Seine These: Wir beschreiben die Welt durch eine von drei politischen Sprachen. Jede dieser Sprachen bildet gleichzeitig eine Heuristik, mit der wir politische Probleme analysieren. Unsere politische Diskussionskultur leidet, weil wir uns nur in einer Sprache ausdrücken können und weil wir diese Sprache hauptsächlich zur Kommunikation mit unserem eigenen “politischen Stamm” benutzen.
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… bestimmen die Grenze unserer politischen Vorstellungskraft. So könnte man Arnold Klings “The Three Languages of Politics” zusammenfassen und damit beginnt unser kleines Onlinelektüreseminar. Seine These: Wir beschreiben die Welt durch eine von drei politischen Sprachen. Jede dieser Sprachen bildet gleichzeitig eine Heuristik, mit der wir politische Probleme analysieren. Unsere politische Diskussionskultur leidet, weil wir uns nur in einer Sprache ausdrücken können und weil wir diese Sprache hauptsächlich zur Kommunikation mit unserem eigenen “politischen Stamm” benutzen.
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Sonntag, 5. Mai 2013
Von Bismarcks Parlamentsreden direkt ins heimische Wohnzimmer
Frank Schäffler und Horst Krahmer, FDP-Abgeordnete in Bundestag und Europaparlament und schon länger Rebellen gegen den Kurs der Parteiführung, haben in der FAZ einen gemeinsamen Artikel veröffentlicht, in dem sie Grundlinien für eine andere FDP skizzieren. Angesichts der Ergebnisse des jüngsten FDP-Parteitags erscheint der Artikel eher wie eine Erklärung des Parteiübertritts zur AfD, aber beide Autoren legen Wert darauf, die FDP von innen verändern zu wollen. Sie sind quasi für die Liberalen, was Albrecht Müller für die SPD ist. Ihre Kritik ist ein merkwürdiges Konglomerat von unheimlich treffenden Analysen und völlig fehlgeleiteten Prämissen, das zu sezieren sich lohnt.
Samstag, 4. Mai 2013
Wann du Sex hast bestimme ich!
Von Stefan Sasse
Das Thema Sex ist in den USA von genausovielen Merkwürdigkeiten umrankt wie bei uns das Thema Gewalt in den Medien. Eine aktuelle Debatte befasst sich mit der Frage, ab welchem Alter es Mädchen gestattet sein sollte, die "Pille danach" zu kaufen, ohne dass die Eltern informiert werden müssen. Die Obama-Administration würde die Grenze gerne bei 18 setzen, wurde aber gerichtlich zu 15 gezwungen, ein Urteil, das sie nun anfechtet und das möglicherweise mit einer Aufhebung sämtlicher Altersgrenzen enden könnte. Die Washington-Post-Kolumnistin Kathleen Parker definiert das Grundproblem:
Das Thema Sex ist in den USA von genausovielen Merkwürdigkeiten umrankt wie bei uns das Thema Gewalt in den Medien. Eine aktuelle Debatte befasst sich mit der Frage, ab welchem Alter es Mädchen gestattet sein sollte, die "Pille danach" zu kaufen, ohne dass die Eltern informiert werden müssen. Die Obama-Administration würde die Grenze gerne bei 18 setzen, wurde aber gerichtlich zu 15 gezwungen, ein Urteil, das sie nun anfechtet und das möglicherweise mit einer Aufhebung sämtlicher Altersgrenzen enden könnte. Die Washington-Post-Kolumnistin Kathleen Parker definiert das Grundproblem:
There’s no point debating whether such young girls should be sexually active. Obviously, given the potential consequences, both physical and psychological, the answer is no. Just as obvious, our culture says quite the opposite: As long as there’s an exit, whether abortion or Plan B, what’s the incentive to await mere maturity?
Mittwoch, 1. Mai 2013
Informationen sind im Politikbetrieb doch eher hinderlich
Könnte man zumindest denken, wenn man die aktuellen Verwerfungen in den
USA über die Implementierung von Obamacare ansieht. Nicht nur weiß die
Bevölkerung praktisch nichts über das Gesetz – was angesichts seiner
Komplexität durchaus zu verschmerzen wäre -, auch die
Kongressabgeordneten offenbaren erschreckende Lücken, die für Millionen
Menschen direkte Folgen haben, wie Jonathan Chait in zwei Artikeln untersucht. Der
Fall war ein typisches Beispiel dafür, wie Politiker es schaffen,
Lose-Lose-Situationen zu schaffen, quasi ein Musterbeispiel in
Rufselbstmord. Politico, ein Magazin das sich auf krawallige
Überschriften spezialisiert hat, glaubte herausgefunden zu haben, dass
der Kongress sich selbst aus der Obamacare-Gesetzgebung herausnehmen
will – ein Gerücht, das man nur allzugerne glaubte, schien es doch alles
Schlechte, das man den Politikern so gerne zutraut, zu bestätigen. Ohne
sich groß mit Informationssuche aufzuhalten nutzten die Republicans auch sofort die Gelegenheit und forderten die Democrats
auf, das Gesetz aus sich anzuwenden, was die auch sofort lautstark
bejahten. Später fand man heraus, dass die entsprechende Gesetzespassage
etwas unklar formuliert gewesen war. Der Kongress fiel genauso nicht
unter das Gesetz wie alle anderen Amerikaner, die bereits eine
Versicherung hatten. Viel Lärm um nichts, aber der Ruf der Politik hat
wieder einmal Schaden genommen.
Dienstag, 30. April 2013
Kurze Sätze, ernst gucken, nix verstehen
Man fragt sich immer wieder, wie es eigentlich möglich ist, eine so
unsinnige Politik wie Kürzungsmaßnahmen bei gleichzeitiger Erwartung von
Wachstum zu vetreten. Oder wie es möglich ist, dass jemand, der völlig
unreflektierte Kürzungen ankündigt, dafür gefeiert wird, ganz besonders
wenn er von Vernunft, Maß, Mitte, Realismus und ähnlichem quatscht. Etwa
so, wie es Winfried Kretschmann und Boris Palmer im Umfeld des
Grünen-Parteitags getan haben. Die beiden stehen in Baden-Württemberg
für eine Finanzpolitik, die sich von der der CDU und FDP darin
unterscheidet, dass SPD und Grüne sie machen. Sie lieben die
Schuldenbremse, sie wollen Kürzungen in allen Bereichen (“unangenehm”,
“unbequem”, nur um weitere Buzzwords einzuwerfen, die ständig
auftauchen), weil das irgendwie gute Politik auszeichnet. Für die
meisten professionellen Beobachter der politischen Szene gilt noch immer
der große Konsens, dass alles, was Budgets kürzt, gut sein muss – es
sei denn, es betrifft die eigene Klientel, aber das tut es
glücklicherweise selten. Es gibt einen Grund dafür, dass beide Seiten
mit diesem Unsinn durchkommen, und der liegt in der
Kommunikationsstrategie: kurze Sätze, ernst gucken, nix verstehen.
Montag, 29. April 2013
Es geht nicht um den Excel-Fehler – das Problem ist die Realität
Der Wirtschaftswurm hat auf meine zugegebenermaßen reichlich sarkastische Kritik reagiert:
Reinhard, Rogoff und viele andere, darunter auch ich, sind nun der Meinung, dass das nicht alles sein kann, zumindest dann nicht, wenn man auch die mittlere und lange Frist betrachtet. Unter bestimmten Bedingungen bringt Neuverschuldung nicht nur keinen positiven Effekt, sondern ist sogar schädlich für die Wirtschaft. Wie könnte es sonst überhaupt zu Staatsbankrotten kommen?
Damit habe ich das wissenschaftliche Paradigma formuliert, das ich meine. Auf diesem Paradigma aufbauend ist es weiterhin sinnvoll, wenn Ökonomen sich auf die Suche nach den Bedingungen machen, unter denen Neuverschuldung mittel- und langfristig schädlich ist. (Quelle)
Ok, das ergibt mehr Sinn. Zu der Frage
“Unter bestimmten Bedingungen bringt Neuverschuldung nicht nur keinen positiven Effekt, sondern ist sogar schädlich für die Wirtschaft. Wie könnte es sonst überhaupt zu Staatsbankrotten kommen?”
Sonntag, 28. April 2013
Höhere Steuern um jeden Preis? - Warum die Steuerpläne von SPD und Grünen Unsinn sind
Der Furor läuft durch die Leitartikel der großen Zeitungen: sowohl SPD
als auch Grüne (die LINKE sowieso) gehen mit Steuererhöhungs-Plänen in
den Wahlkampf. Neue Progressionsstufen für Gutverdiener sollen
eingezogen werden, die Vermögenssteuer wieder eingeführt und die
Abgeltungssteuer auf 32% (SPD) erhöht beziehungsweise Einkommen
gleichgestellt (Grüne) werden, die Erbschaftssteuer grundsätzlich
reformiert und erhöht werden. Die Leitmedien hassen die Pläne
überwiegend, was wenig wundert, denn zum Anwalt der Betroffenen haben
sich die Zeitungen längst gemacht. Aber tatsächlich sind einige der
erbrachten Vorschläge nicht besonders sinnvoll, wenn nicht
wirtschaftlich, so doch politisch.
Freitag, 26. April 2013
Zurückhaltung als richterliche Tugend
Von Stefan Sasse
Andreas Voßkuhle ist ein ungewöhnlicher Präsident des Bundesverfassungsgerichts, besonders was die Menge der öffentlich geäußerten Kritik über ihn angeht. In den letzten zwei, drei Jahren ist die Politik immer schärfer zum Angriff auf das BVerfG übergegangen und kreidet nicht nur dessen Entscheidungen an, sondern stellt grundsätzlich die Legitimität mancher Entscheidungen in Frage - genauer, die Legitimität des Gerichts, diese Entscheidungen überhaupt zu fällen. Besonders Regierungskritiker sehen darin gerne autoritäre Tendenzen, aber was, wenn die Politiker Recht haben?
Donnerstag, 25. April 2013
Die direkte Konsequenz aus dem Rogoff-Reinhard-Desaster – eine Welt der Unsicherheit
Von Stefan Sasse
Dass Rogoff und Reinhards Studie einen vergleichsweise unbedeutenden Excel-Fehler und einen extrem bedeutenden Gewichtungsfehler enthält, dürfte inzwischen bekannt sein. Nicht ganz so klar ist, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind. Freunde der Austerität dürften nicht plötzlich zum Licht des Keynsianismus finden, genausowenig wie sich vorher Keynesianer von der scheinbaren Richtigkeit der Rogoff-Reinhard'schen Annahmen haben beeindrucken lassen. Der Wirtschaftswurm etwa geht in dieselbe Verteidigungsstellung, in die auch die Studienautoren gehen: Studie Blödsinn, aber Hypothese immer noch valide. Lassen wir den Wirtschaftswurm direkt sprechen:
Dass Rogoff und Reinhards Studie einen vergleichsweise unbedeutenden Excel-Fehler und einen extrem bedeutenden Gewichtungsfehler enthält, dürfte inzwischen bekannt sein. Nicht ganz so klar ist, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind. Freunde der Austerität dürften nicht plötzlich zum Licht des Keynsianismus finden, genausowenig wie sich vorher Keynesianer von der scheinbaren Richtigkeit der Rogoff-Reinhard'schen Annahmen haben beeindrucken lassen. Der Wirtschaftswurm etwa geht in dieselbe Verteidigungsstellung, in die auch die Studienautoren gehen: Studie Blödsinn, aber Hypothese immer noch valide. Lassen wir den Wirtschaftswurm direkt sprechen:
Montag, 22. April 2013
Grenzen des Wettbewerbs – Die Telekom macht ernst
Die Telekom macht ernst. In der neuesten Firmenankündigung wurde verkündet, dass künftig Volumentarife verkauft werden sollen, wie sie im Mobilfunkmarkt bereits üblich sind. Ab einer bestimmten Datenvolumenmenge soll die Leitung auf 384Kbits/s reduziert werden. Für all diejenigen, die auf einen nostalgischen Ausflug in die Zeiten des 56k-Modems gerne verzichten können, ist das eine mehr als schlechte Nachricht, und sie zeigt uns gleichzeitig ein riesiges Problem mit Wettbewerb auf: der Telekommunikationssektor galt lange als Musterbeispiel der Privatisierung, mit massiv fallenden Preisen für Kunden. Jetzt schlägt das Pendel in die entgegengesetzte Richtung, ohne dass es dafür einen Grund etwa in einer Ressourcenverknappung gäbe. Was passiert?
Donnerstag, 18. April 2013
Deliberation Daily ist gestartet
Von Stefan Sasse
Was lange währt, wird endlich gut - Deliberation Daily ist gestartet!
Deliberation, die: beratschlagen, abreden,
in Bedenken ziehen, Aufschub nehmen
in Bedenken ziehen, Aufschub nehmen
Offener Diskurs ist wichtig für demokratische Gesellschaft,
Blogs können dazu einen hervorragenden Beitrag leisten. Sie bieten
Möglichkeiten, offen miteinander zu diskutieren und bieten Experten und
interessierten Bürgern eigene Öffentlichkeit abseits traditioneller
Medien. Sie können deshalb traditionelle Medien ergänzen und
hinterfragen. Sie bieten auch Freiraum, Hintergründe zu veröffentlichen,
die in Zeitungen keinen Platz finden können.
Aber viele deutsche Politikblogs nutzen diese Möglichkeiten
zu wenig. Mit wenigen Ausnahmen begnügen sie sich damit, selbsternannte
Gegenöffentlichkeiten gegen einen vermeintlichen Mainstream sein zu
wollen. Aus vielen dieser Netz-Communities sind Meinungsblasen geworden,
die sich nur noch selber bestätigen. Andere Meinungen werden reflexhaft
abgewertet, eine Auseinandersetzung mit ihnen wird oft gar nicht mehr
in Betracht gezogen.
Deliberation Daily soll sich nicht nur an Leser richten, die mit
uns von vornherein einer Meinung sind. Wir möchten auf diesem Blog nicht
unsere eigenen Vorurteile bestätigen. Wir wollen versuchen, die Dinge
nicht nur Schwarz und Weiß zu sehen. Zu oft wird “Kompromiss” als
Verrat, die Diskussion als überflüssig, das Aufgeben von unhaltbaren
Positionen als Schwäche empfunden.
Echte Deliberation funktioniert nur, wenn man
Differenzierungen zulässt und Ideologien immer wieder hinterfragt. Wenn
man dem Anderen gute Absichten unterstellt und seinen Ansichten ein
Mindestmaß an Verständnis entgegenbringt. Das wollen wir hier mit einem
kleinen Team täglich versuchen.
Stefan Sasse bloggt bisher als Oeffinger Freidenker, auf The Nerdstream Era und beim Geschichtsblog. Die Beiträge des Geschichtsblogs werden in überarbeiter und editerter Form als eBooks verkauft. Auf Twitter ist er unter @StefanSasse aktiv. Er schreibt regelmäßig Beiträge über Game of Thrones für Tower of the Hand und unterhält einen regelmäßigen Podcast (BLAH) zum gleichen Thema mit Sean T. Collins. Er hat Deutsch, Geschichte und Politikwissenschaften auf Lehramt studiert. Zur Zeit lebt und arbeitet er in Oeffingen.
Theophil bloggt bisher unter Theophils Blog und twittert als @stheophil. Er studierte Informatik und Politikwissenschaft in Berlin und Toulouse. Derzeit lebt und arbeitet er in Berlin.
Jan Falk twittert unter @FalkJan. Er hat Kommunikations-, Politik-, Literatur- und Sprachwissenschaft in Münster studiert und arbeitet als freier Journalist. Privat mag er diversen Nerdkram.
Droht eine Rückkehr der Nationalliberalen? - Die ideologischen Wurzeln der AfD
Von Stefan Sasse
Ich weiß nicht was es soll, dass ich so traurig bin
Das Märchen von Weimar, es geht mir nicht aus dem Sinn.
Oder so ähnlich. Dass neben dem von den Leitmedien mit einiger Penetranz als "braver Professor" titulierten AfD-Gründer Lucke auch eine ganze Menge Rechtspopulisten von der neuen Partei angezogen ist, dürfte Beobachter des politischen Prozesses kaum überraschen. Das Gesindel hängt sich an jede neue Protestbewegung. Sie vergifteten 2005 den Aufstieg der LINKEn, sie mischten bei den Piraten mit und tummeln sich jetzt in der AfD. Der Partei das zum jetztigen Zeitpunkt vorzuwerfen ist intellektuell unehrlich, denn die hat gerade andere Probleme als ihre innere Kommunikationsdisziplin. Das wird, vorausgesetzt es gibt die Partei überhaupt so lange, Jahre dauern.
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Mittwoch, 17. April 2013
Durchsage an die AfD-Fans
Von Stefan Sasse
"Darf man in Deutschland seine Meinung zu allen Themen äußern?" fragte eine Umfrage AfD-Anhänger, die von einem "vorgefertigten Meinungsklima" ausgehen und, in einer interessanten Parallele zu ihren Gegnern auf der Linken, die beherrschende Rolle von "Systemmedien" feststellen. Kurz zum Mitschreiben:
"Seine Meinung nicht frei äußern dürfen" heißt, mit schwerwiegenden Konsequenzen bei Äußerung einer bestimmten Meinung konfrontiert zu sein - Haft, Verlust der körperlichen Unversehrtheit, Verlust sozialer Stellung, etc. Das ist in Deutschland nur bei Holocaustleugnung oder sonstiger Volksverhetzung der Fall.
Was ihr meint ist "die meisten Leute finden unsere Meinung doof". Das ist eben die Kehrseite der Meinungsfreiheit. Du kannst sagen was du willst, aber du hast kein Anrecht darauf, dass jemand deine Meinung gut findet oder gar weiterverbreitet. Und das ist doch ein gewisser Unterschied, Freunde.
Sonntag, 14. April 2013
Obamas "Long Game": Ist nachhaltiger Wandel möglich?
Von Stefan Sasse und Jan Falk
white house / flickr |
Donnerstag, 11. April 2013
Weiterhin keine belastbaren Informationen in der Familienpolitik
Von Stefan Sasse
Die Familienpolitik ist neben Schuldendienst und Arbeitslosenunterstützung einer der größten Posten im Bundeshaushalt; Kindergeld, Elterngeld, Erziehungsgeld und Witwenrente sorgen dafür. Es ist überraschend, wie wenig Informationen über die Wirksamkeit und Akzeptanz dieser Leistungen es gibt, ein Missstand, dem eltern.de abhelfen wollte und Forsa beauftragt hat, eine Studie (ausführliche Version) anzufertigen. Die Ergebnisse sind zwar teilweise interessant; ihr Nutzen aber wird durch grundlegende methodische Probleme stark verringert.
Mittwoch, 10. April 2013
Werbespots von 1992/93
Von Stefan Sasse
Werbespots von 1992/93, nach dem Break. Krass nicht nur die Nostalgie, die da geweckt wird (selige Kindheitstage) sondern auch, wie weit weg das schon ist. Nicht nur technisch; was da dargestellt wird ist teilweise so krass sexistisch, das würde heute niemand mehr bringen. Auch die ganzen Familienidyllen werden so nicht mehr dargestellt. Und der Cornflakes-Spot ist ja schon 1992 aus der Zeit gefallen, der hätte genauso in den 70ern laufen können.
Dienstag, 9. April 2013
Thatcherismus und Linkspopulismus
Von Tobias Fuentes
Hyperinflation in Chile unter Allende, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Niedergang Venezuelas, Dahinsiechen des bankrotten Kubas, Massenarbeitslosigkeit und massive Inflation bei Nachfrageexzessen der 1960er und 70er - alles unschädlich, soweit nur ein linker Führer Besserung und Wohlstand faselt. Das mag der Linkspopulist. Wohlstands-, Beschäftigungsaufbau und Armutsbekämpfung ignoriert und bestreitet er, wenn nur ein Kapitalist dahintersteckt. Die linkspopulistische Kritik am Thatcherismus ist so vage und unsinnig, dass Linke erröten müssten, wären sie ehrlich zu sich selber.
Montag, 8. April 2013
Nachruf auf Thatcher
Von Stefan Sasse
Heute ist Margret Thatcher im Alter von 87 Jahren verstorben. Thatcher war und ist eine Ikone dessen, was erst lange nach ihrer Amtszeit als Premierministerin als "Neoliberalismus" bekannt werden sollte. Wie sie wohl auf Tony Blairs Politik reagiert hat, der nach 18 Jahren der Tory-Dominanz deren Politik wenn nicht nahtlos, so doch im Geiste fortführte, indem er ihre Prämissen anerkannte? Vielleicht hat sie gelächelt.
Freitag, 5. April 2013
Merkel muss "Staatsfernsehen" im Netz machen dürfen
Von Jan Falk
Jörg Wellbrock kritisiert [edit: der Originalartikel ist mittlerweile entfernt worden] beim Spiegelfechter Merkels Pläne, sich in einem Google-Hangout (möglicherweise vorab ausgewählter) Bürgerfragen zu stellen:
Jörg Wellbrock kritisiert [edit: der Originalartikel ist mittlerweile entfernt worden] beim Spiegelfechter Merkels Pläne, sich in einem Google-Hangout (möglicherweise vorab ausgewählter) Bürgerfragen zu stellen:
Journalisten können nerven. Längst nicht alle, aber es gibt sie eben doch, diejenigen, die unangenehme Fragen stellen, sich nicht mit ausweichenden Antworten zufriedengeben und womöglich sogar peinliche Wahrheiten ans Licht bringen. Wie lässt sich das in aller Ruhe umgehen? Ganz einfach, indem Journalisten gar nicht erst beteiligt werden. Genau das plant Kanzlerin Angela Merkel mit ihrem Hangout auf Google+, das am 19. April 2013 um 17 Uhr starten soll. Bürgernah gibt die Kanzlerin an, dass sie den Bürgern die Möglichkeit einräume, mit ihr zu diskutieren. [...] Letztlich läuft es darauf hinaus, Staatsfernsehen zu betreiben. Merkel wird so antworten, wie es ihr gefällt. Und die einzige Zwischenbemerkung wird die des Regisseurs sein, wenn er „Gut so, weiter Frau Merkel“ ruft.
Dienstag, 2. April 2013
Rechtschreibung und der dräuende Untergang des Abendlandes
Der allgemeine Verfall, der Niedergang der Bildung und die im Vergleich zur guten alten Zeit generell mangelhaften Fähigkeiten der heutigen Schüler sind beliebte Themen, die zu jeder Zeit schnell hochgekocht werden können. Auch eine aktuelle Studie schein dazu wieder Anlass zu geben - aber die Apologeten des Untergangs irren sich.
Donnerstag, 28. März 2013
Zur Bundestagswahl: Der grüne Kampf um Windmühlen
Von Theophil (@stheophil)
Noch sechs Monate bis zur Bundestagswahl und die meisten Parteien haben einen Entwurf für ihr Wahlprogramm veröffentlicht. Die Grünen haben bisher das umfangreichste Programm vorgelegt. Es hat den Anspruch, Klimaschutz und die Energiewende mit wirtschaftlicher Vernunft und Gewinn zu gestalten. Aber dieser Anspruch scheitert, denn Effizienz lässt sich nicht vorschreiben.Mittwoch, 27. März 2013
It's not the money, stupid! - Wie politische Beeinflussung wirklich funktioniert
Von Stefan Sasse
Spenden von Unternehmen an Politiker gehören verboten, Großspenden sowieso. Es kann ja schließlich nicht sein, dass das Land einfach an den meistbietenden verkauft wird. Und wer sieht die Zusammenhänge nicht? Die Unternehmen spenden Geld an die politischen Kampagnen, und die Gesetzgebung ist in ihrem Sinne. So oder ähnlich denkt eine gewaltige Mehrheit der Bevölkerung. Oder ist irgendwem der Zusammenhang zwischen der Parteispende Mövenpicks und der Mehrwertsteuersenkung entgangen? Also! Eine aktuelle gemeinsame Studie der Washington University und Georgetown University hat sich aber mit dem Emailverkehr von Enron zwischen 1999 und 2001 beschäftigt und kommt zu einigen überraschenden Schlüssen. Wer bis hierher gelesen hat dürfte wenig überrascht sein, dass Enron nicht durch Parteispenden seinen Einfluss in Washington bekommen hat.
Dienstag, 26. März 2013
Debatte: Die Politik des Klimawandels - Annäherung an ein ungeliebtes Thema
Von Jan Falk & Theophil
Die
Grünen und die FDP haben ihre Programmentwürfe für die kommende
Bundestagswahl vorgestellt. Im Entwurf der Grünen steht an vorderster
Stelle die Reaktion auf den Klimawandel und die weitere Steuerung der
Energiewende und die Entwicklung einer sozial-ökologischen
Marktwirtschaft. Die FDP steht dem bislang eingeschlagenen Weg kritisch
gegenüber. Genug Anlass für eine Diskussion.
Sonntag, 24. März 2013
Filmbesprechung: Unsere Mütter, unsere Väter, Teil 2/2
Von Stefan Sasse
Teil 1 findet sich hier.
Teil 1 findet sich hier.
Besonders beeindruckend ist in diesem
Zusammenhang auch die in der zweiten Folge dargestellte Schlacht um
Kursk, die für Friedhelm und Wilhelm zu einer Wasserscheide wird.
Wilhelm, von einer Panzerfaust temporär außer Gefecht gesetzt, zerbricht
innerlich unter dem Druck, seine Männer für völlig sinnlose Ziele in
den Tod führen zu müssen und desertiert, während Friedhelm den letzten
Rest seiner einstigen Ideale über Bord wirft und schreiend, angetrieben
vom scheinbaren Tod seines Bruders, das Ziel mit der Maschinenpistole in
der Hand faktisch im Alleingang erobert - um dort weinend
zusammenzubrechen, als er erkennt, für welch sinnloses Ziel die
Kameraden um ihn herum gefallen sind. Seine Konsequenz ist genau das
Gegenteil von Wilhelm. Wo der einstige Karrieresoldat, stets seine
Pflicht tun, nun von Zweifeln völlig übermannt ist und den Entschluss
fasst, aus dem Krieg auszusteigen (auch um den Preis seiner eigenen
Vernichtung), wandelt sich Friedhelm zum "perfekten Soldaten", der tut
was man ihm sagt und nicht darüber nachdenkt, ob es nun das Erschießen
von Bauernmädchen oder Hängen ihrer Mütter und Väter ist. Ohne mit der
Wimper zu zucken arbeitet er mit dem SS-Mann zusammen, den er in der
ersten Folge am liebsten noch umgebracht hätte, als er mit der
ukrainischen Hilfspolizei Juden tötete. Seine völlige Entmenschlichung
wird offenkundig, als er bei der Partisanenbekämpfung plötzlich Auge in
Auge Viktor gegenübersteht und man nicht sicher sein kann, ob er
schießen wird oder nicht.
Samstag, 23. März 2013
Filmbesprechung: Unsere Mütter, unsere Väter, Teil 1/2
Von Stefan Sasse
Es ist das Fernsehereignis des Jahres, wenn man der Eigenwerbung von ZDF glauben darf: der monumentale Dreiteiler "Unsere Mütter, Unsere Väter", 14 Millionen Euro schwer und ein Triumph des gebührenfinanzierten Fernsehens. Für deutsche Verhältnisse ist die Miniserie tatsächlich monumental, und für deutsche Verhältnisse ist sie sehr gut gelungen. So sehr einige Exponenten der Öffentlichkeit die Serie in den Himmel loben - etwa Frank Schirrmacher, der in ihr gar die letzte Gelegenheit für einen generationenübergreifenden Dialog erblickt, oder Christian Buß, der ins selbe vom ZDF bereitwillig hingehaltene Horn stößt - so sehr kritisieren andere, ob in taz, beim Kölner Stadtanzeiger oder im Cargo-Blog, für seine überzeichneten Klischees und die völlig anachronistischen Hauptfiguren, die von ihrer Mentalität her so gar nicht nach 1941 passen wollen. Um den Film aber bewerten zu können, muss ich eigentlich in zwei Rollen schlüpfen: die des Historikers, der versucht, die historische Faktentreue und Intepretation einzuordnen, und die des Filmkritikers, der die Serie aufgrund ihrer dramaturgischen Kriterien durchleuchtet. Denn eines wird beim Ansehen bewusst: das Projekt ist ambitioniert, wesentlich ambitionierter, als man es vom deutschen Geschichtsfernsehen gewohnt ist (siehe dazu auch mein Beitrag "Zum Elend des deutschen Geschichtsfernsehens"), und muss fast zwangsläufig an äußerst widerstreitenden Erwartungen und Zielrichtungen scheitern. Aber ein Ereignis ist es, eines, das man gesehen haben muss und das eine Zeitenwende im deutschen Geschichtsfernsehen einläuten könnte. Warum, wird im Folgenden zu zeigen sein. Bevor ich beginne, nur eine kurze Spoiler-Warnung: wer den Film noch nicht gesehen hat, sollte das nun nachholen, denn ich werde Details aus der Geschichte verraten. Er ist etwa bei Amazon auf DVD und Blueray erhältlich.
Weiter geht's im Geschichtsblog.
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Donnerstag, 21. März 2013
Wer das Internet verantwortlich macht, flieht aus der eigenen Verantwortung
Von Stefan Sasse
Das Internet vergisst nur wenig. Was einmal irgendwo gepostet war kann von jemandem, der es nur entschlossen genug sucht, häufig genug wiedergefunden werden, ganz besonders dann, wenn die Kontrolle längst bei Instanzen außerhalb der persönlichen Kontrolle liegt - vom peinlichen Party-Foto bei Facebook bis zum Wutausbruch auf Youtube ist alles möglich, leicht zu vervielfältigen und von den jeweiligen Plattformhostern nur träge zu beseitigen. Solcherlei peinlichen oder gar schädlichen Dinge im Netz aufzufinden gehört daher zu den leichteren Übungen, und die Verzweiflung darüber, unangenehme Seiten des eigenen Selbst jederzeit bei der Google-Suche finden zu können, gehört zu den Schattenseiten des Netzes. Nur macht es wenig Sinn, "dem Netz" einen Akteursstatus zu unterstellen, als ob allein seine Existenz dafür verantwortlich wäre, dass solcherlei Dinge passieren. Das Internet ist ein Instrument, ein Medium, ein Werkzeug, und dahinter stehen Menschen, die die Verantwortung für ihre Handlungen tragen oder doch zumindest tragen sollten. In der Akteurisierung des Internets findet eine Flucht aus dieser Verantwortung statt.
Dienstag, 19. März 2013
Das Zeitungssterben als Lifestyle-Element
Von Stefan Sasse
Für das objektiv kaum zu verleugnende Zeitungssterben werden viele Gründe angeführt. Wer die Leitmedien schon immer kritisiert hat weiß, dass die Qualität furchtbar ist. Viele Meldungen werden nur von dpa übernommen, eigene Recherche kaum betrieben und die Journalisten sind in einem Dickicht aus PR und Lobby-Interessen gefangen. Fragt man die Verlage, liegt die Schuld beim Kunden, der nicht bereit ist, für "Qualitätsjournalismus" Geld auszugeben und lieber eine "Kostenloskultur" im Netz pflegt. Fragt man Zyniker, erklären die, dass die Leute eben kriegen, was sie wollen - stupiden Boulevard statt fein recherchierter Analysen. Ich behaupte, dass die Krise der Zeitung - der Tageszeitung zuvordererst - eine Lifestyle-Krise ist. Genauer, dass sie mit dem Ende eines Life-Styles zusammenhängt und dass guter Journalismus sowieso noch nie verkauft wurde.
Sonntag, 17. März 2013
Die Rolle der Agenda 2010 und Lohnentwicklung für die Euro-Krise
Von Tobias Fuentes
Viele Themen und Aufreger sind diese Woche wieder aufgelaufen, die es demnächst abzuarbeiten gilt. Großes Thema war der zehnjährige Jahrestag der Agenda 2010. Hier ranken sich viele Mythen über die Relevanz der Agenda für die wirtschaftliche Erholung Deutschlands und über die deutsche "Schuld" an der Euro-Krise. Mit Verweis auf einige aktuelle Artikel möchte ich manche Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten verdeutlichen. In den Kommentaren zu meinem Austeritäts-Beitrag vom 27.2. wurde dem auch schon näher nachgegangen.
Freitag, 15. März 2013
Ein Rant gegen Adblocker-Blocker
Seit Google die Adblocker aus dem Play Store entfernt hat, ist eine
neue Diskussion entfacht worden. Die Einen argumentieren, meist
Entwickler, sie seien auf Werbung angewiesen um weiter Apps entwickeln
zu können, außerdem würde Google nur die Nutzungsbedingungen
durchsetzen. Die Anderen kritisieren Google, die EFF spricht gar von
Zensur (http://lallus.net/9qp).
Liebe Entwickler, Ihr erinnert mich immer mehr an die notleidenden Verlage, die für ein Leistungsschutzrecht kämpfen und an die Hinterwäldler der Union, die für Netzsperren, Vorratsdatenspeicherung und andere netzpolitische Vorhaben kämpfen.
Liebe Entwickler, Ihr erinnert mich immer mehr an die notleidenden Verlage, die für ein Leistungsschutzrecht kämpfen und an die Hinterwäldler der Union, die für Netzsperren, Vorratsdatenspeicherung und andere netzpolitische Vorhaben kämpfen.
Montag, 11. März 2013
Erstickt am eigenen Erfolg - warum heutige Protestbewegungen so kurzlebig sind
Von Stefan Sasse
Von Anti-Acta über den Arabischen Frühling, von Attac über Occupy bis hin zum #Aufschrei, die Protestbewegungen der letzten Dekade erreichten den Zenit ihres Erfolgs schnell und rutschten danach in den Verfall. Eine lang andauernde Protestbewegung wie etwa die Umwelt-oder Friedensbewegung der 1980er Jahre scheint es nicht mehr zu geben, so jedenfalls die These von Wolfgang Michal bei Carta. Er arbeitet acht Gründe für die Kurzlebigkeit aktueller Protestbewegungen heraus, die in sich alle stimmig sind und sicherlich dazu beitragen, übersieht jedoch den Wichtigsten und lässt sich etwas zu sehr von einem historischen Narrativ der Sieger mitreißen.
Freitag, 8. März 2013
Wir kommen, euch zu stören
Konstantin Wecker, Georg Schramm, Urban Priol, Roger Willemsen u.v.m. – die (Gäste)Liste ist lang und liest sich wie ein Who’s Who des deutschen politischen Kabaretts/der politischen Kultur in Deutschland, aber erst einer macht das Ganze komplett: Dieter Hildebrandt. Der große alte Mann des Nachkriegskabaretts (den Ausdruck würde er sicher zum Speien finden) findet angesichts der zunehmend desolaten Lage Europas wie soviele seiner Bürger anscheinend keine Ruhe mehr und will jetzt “stören”. So startet diesen Monat stoersender.tv im Internet und hofft auf viele “Gestörte”.
Mittwoch, 6. März 2013
Debatte: Hat der Euro eine Zukunft und wenn ja welche?, Teil 2/2
Von Stefan Sasse
Die Zukunft des Euro und der Europäischen Union sind Reizthemen, nicht erst seit die neue Partei "Alternative für Deutschland" gegründet wurde. Zwischen Euro-Befürwortern und Euro-Gegnern finden heftige Wortgefechte statt. Sämtliche Parteien im Bundestag sind, zu mehr oder weniger großer Begeisterung, Befürworter des Euro, was dazu führt, dass sich Euro-Gegner parlamentarisch kaum repräsentiert fühlen. Diese Problemstellung haben der Wirtschaftsphilosoph und ich zum Anlass genommen, um eine Debatte zur Zukunft von Euro und EU zu führen. Zur besseren Lesbarkeit haben wir sie hier beim Oeffinger Freidenker in zwei Teile unterteilt.
Teil 1 der Debatte findet sich hier.
Die Zukunft des Euro und der Europäischen Union sind Reizthemen, nicht erst seit die neue Partei "Alternative für Deutschland" gegründet wurde. Zwischen Euro-Befürwortern und Euro-Gegnern finden heftige Wortgefechte statt. Sämtliche Parteien im Bundestag sind, zu mehr oder weniger großer Begeisterung, Befürworter des Euro, was dazu führt, dass sich Euro-Gegner parlamentarisch kaum repräsentiert fühlen. Diese Problemstellung haben der Wirtschaftsphilosoph und ich zum Anlass genommen, um eine Debatte zur Zukunft von Euro und EU zu führen. Zur besseren Lesbarkeit haben wir sie hier beim Oeffinger Freidenker in zwei Teile unterteilt.
Teil 1 der Debatte findet sich hier.
Dienstag, 5. März 2013
Die Zukunft der EU: Don't Mention the War
Von Theophil (@stheophil)
Die Idee eines friedlichen Europas genügt schon lange nicht mehr als Begründung weiterer politischer Einigung. Wenn Europa nicht den Europäern dient, dann muss es scheitern. Dafür müssen Deutschland und Frankreich verbal abrüsten und zu einem nüchternen Eigeninteresse finden. Dann ließe sich die Europäische Union gemeinsam mit Großbritannien auf eine neue, solide Basis stellen, die ein weiteres Zusammenwachsen der Europäer erst ermöglicht.
Die Idee eines friedlichen Europas genügt schon lange nicht mehr als Begründung weiterer politischer Einigung. Wenn Europa nicht den Europäern dient, dann muss es scheitern. Dafür müssen Deutschland und Frankreich verbal abrüsten und zu einem nüchternen Eigeninteresse finden. Dann ließe sich die Europäische Union gemeinsam mit Großbritannien auf eine neue, solide Basis stellen, die ein weiteres Zusammenwachsen der Europäer erst ermöglicht.
Montag, 4. März 2013
Debatte: Hat der Euro eine Zukunft und wenn ja welche?, Teil 1/2
Von Stefan Sasse
Die Zukunft des Euro und der Europäischen Union sind Reizthemen, nicht erst seit die neue Partei "Alternative für Deutschland" gegründet wurde. Zwischen Euro-Befürwortern und Euro-Gegnern finden heftige Wortgefechte statt. Sämtliche Parteien im Bundestag sind, zu mehr oder weniger großer Begeisterung, Befürworter des Euro, was dazu führt, dass sich Euro-Gegner parlamentarisch kaum repräsentiert fühlen. Diese Problemstellung haben der Wirtschaftsphilosoph und ich zum Anlass genommen, um eine Debatte zur Zukunft von Euro und EU zu führen. Zur besseren Lesbarkeit haben wir sie hier beim Oeffinger Freidenker in zwei Teile unterteilt.
Freitag, 1. März 2013
Ich würde so gerne etwas tun, bitte zwing mich dazu!
Von Stefan Sasse
Die USA hangeln sich von Haushaltskürzungsmechanismus zu Haushaltskürzungsmechanismus. Deutschland hat sich eine Schuldenbremse ins Grundgesetz geschrieben und führt den Kreuzzug des wahrlich Gerechten, um sie in ganz Europa einzuführen. Das Diktum der "Alternativlosigkeit" ist mittlerweile zu seiner eigenen Karikatur geworden. Die ungemeine Popularität dieser Art von Politik in den letzten zwei, drei Jahren hat aber handfeste Gründe, die in mehr als nur einer zynischen Einstellung der Politiker zu ihrem eigenen Geschäft beruhen.
Donnerstag, 28. Februar 2013
Wer nicht gehackt wird ist out
Von Stefan Sasse
Der ultimative Kommentar zum chinesischen Hacking in Washington:
Der ultimative Kommentar zum chinesischen Hacking in Washington:
Mittwoch, 27. Februar 2013
Eurokrise und Austerität - Teil 2 - worüber streiten wir?
Von Tobias Fuentes
Missverständnisse, Widersprüche und Pseudo-Alternativen. Was würde Keynes machen? Sollten deutsche Löhne steigen? Die Flucht aus ökonomischen Zwängen.
Missverständnisse, Widersprüche und Pseudo-Alternativen. Was würde Keynes machen? Sollten deutsche Löhne steigen? Die Flucht aus ökonomischen Zwängen.
Dienstag, 26. Februar 2013
Eurokrise und Austerität - worüber streiten wir? (Teil 1 - Basics)
Von Tobias Fuentes
Nichts ist schwieriger als einen sinnvollen Einstieg in die Krisen-Problematik zu finden, der nicht gleich unnötigen Widerspruch hervorruft. Ich versuch es so einfach, allgemeinverständlich und unverfänglich wie möglich und beginne mal von hinten. Manche Punkte wären sicher noch erläuterungsbedürftig, aber für unseren Zweck soll es ausreichen. Teil 1 behandelt wichtige Grundlagen, die hoffentlich als Orientierung nützen. In Teil 2 geht es um weitere konkrete Streitpunkte bei der Lösung der Eurokrise.
Nichts ist schwieriger als einen sinnvollen Einstieg in die Krisen-Problematik zu finden, der nicht gleich unnötigen Widerspruch hervorruft. Ich versuch es so einfach, allgemeinverständlich und unverfänglich wie möglich und beginne mal von hinten. Manche Punkte wären sicher noch erläuterungsbedürftig, aber für unseren Zweck soll es ausreichen. Teil 1 behandelt wichtige Grundlagen, die hoffentlich als Orientierung nützen. In Teil 2 geht es um weitere konkrete Streitpunkte bei der Lösung der Eurokrise.
Montag, 25. Februar 2013
Ihr Durchschnittssteuersatz wird steigen!
Von Stefan Sasse
Falls dieses Kleinod aus dem Wall Street Journal noch jemand entgangen ist, möchte ich noch einmal darauf aufmerksam machen: Laura Saunders hat die Auswirkungen des Obama-Steuerreformplans für den Durchschnittsbürger leicht verständlich auf den Punkt gebracht und mit einem netten Schaubild versehen. Wer sich über den Geisteszustand dieser Leute informieren möchte, kann das eigentlich kaum besser als an dem völlig ernst gemeinten Bild tun.
Samstag, 23. Februar 2013
Warum die grünen Wähler Merkels Euro-Politik lieben
Von Jan Falk
Angela Merkels Eurokrisen-Politik ist eine Katastrophe. Ihre bewusste Inkaufnahme der Rekordarbeitslosigkeit in Südeuropa, ihr ungeniertes Hinauszögern der Krise im Namen „deutscher Interessen“, wo es doch darum gehen müsste, für ganz Europa eine Lösung zu finden, ihre Ignoranz gegenüber wirtschaftlichen Zusammenhängen. Aber darum soll es hier nicht gehen. Möglich ist diese Politik, weil sie eine überwältigende Zustimmung in der deutschen Öffentlichkeit und bei den Wählern findet – sogar, wie jetzt eine Umfrage gezeigt hat, bei vielen Wählern der Grünen. Das ist bedauerlich, und doch ist der Befund letztlich nicht überraschend.
Freitag, 22. Februar 2013
Framing - Wie Begriffe laufen lernen
Von Stefan Sasse
Wer glaubt, dass Worte unbestechlich objektiv einen Tatbestand ausdrücken, läuft genau ins Netz der Spin-Doktoren und Politikkommunikationsexperten. Kaum etwas ist im öffentlichen Diskurs so umkämpft wie die Deutungshoheit über bestimmte Begriffe, das Aufladen von Worten mit einer impliziten Bedeutung, und damit die Hersschaft über die öffentliche Meinung. Wer glaubt, hier handle es sich nur um letztlich bedeutungslose politische Spielereien, ein weiteres Beispiel des "schmutzigen" Politikbetriebs, der macht sich selbst blind gegenüber den Tricks der politischen Werbung und erkennt sie nicht, wenn er sie sieht. Es ist merkwürdig, wie wenig Aufmerksamkeit den Begriffen entgegengebracht wird, die in der Debatte verwendet werden - niemand glaubt schließlich dem allerort auf die Packung gedruckten "Delikatess-" oder "Premium-" Zusatz auf den Packungen der Billiglebensmittel. Im Folgenden soll anhand einiger Beispiele aus dem deutschen und amerikanischen Politikbetrieb aufgezeigt werden, wie das Aufladen von Worten mit politischer Bedeutung - das so genannte Framing - funktioniert.
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