Donnerstag, 5. Juli 2007

Obsolete Trennungen

Wahrscheinlich hat jeder das Merkel-Wort von der "überholten" Trennung von Innerer und Äußerer Sicherheit gehört. Damit hat sie ihre Zurückhaltung aufgegeben und sich auf die Seite der rollenden Ein-Mann-Parallelgesellschaft geschlagen, Wolfgang "Shooter" Schäuble. Und sie hat Recht, zumindest ein bisschen. Die Trennung zwischen Innerer und Äußerer Sicherheit ist in der Tat schon ziemlich alt, so alt wie die konstituierte Demokratie. Wie Telepolis so richtig aufzeigt, wird hier ein ganz neues "Argument" eingebracht: die Trennung ist alt und damit überholt, und muss zugunsten des "Neuen" weg. Dass das Neue schlechter ist als das Alte - wen stört es? Hauptsache neu. Dass sich dieser Verein "konservativ" schimpft, ist echt der Abschuss.
Auch das Fazit des Artikels ist zu unterstreichen: Merkel setzt mit ihrem primitiven Wort nichts weniger als den Staat aufs Spiel, wie er bisher besteht. Die unglaubliche Stärkung vollkommen intransparenter Organisationen - seien es der Verfassungsschutz, sei es der BND - kann sich umso leichter gegen den Staat als Gemeinwesen wenden, desto stärker sie werden. Die Geschichte bietet zahlreiche Lehren dafür. Die Stärkung der allgemeinen Überwachung erzeugt eine duckmäuserische Haltung bei der Bevölkerung; der massive Einsatz von staatlicher Gewalt in allen Lebenslagen, besonders auch bei Demonstrationen, tut sein Übriges. Dazu kommt die beständige Diskussion über den Bundeswehreinsatz im Inneren.
Demokratische Partizipation und der Schutz vor dem Staat durch die Grundrechte gehören aber unmittelbar zusammen. Warum bloggen so viele Blogger anonym? Doch kaum, weil in diesem Land weiterhin ein Klima der Meinungsfreiheit herrscht. Nein, weil Repressalien eines mehr und mehr autoritär werdenden Staates zu befürchten sind, in dem die gestärkten Organe mehr und mehr unabhängig von parlamentarischer und damit demokratischer Kontrolle agieren. Ohne demokratische Partizipation und Kontrolle allerdings kann keine Demokratie funktionieren. In dieses Gebiet gehört viel mehr, auch Lobbyismus und die Ausschusspolitik des Bundestages. Aber worin liegt genau diese Gefahr?
Es wird viel darüber geredet, dass Kameras Selbstmordattentäter nicht abhalten werden, den Anschlag durchzuführen. Wie die Zeit darstellte, soll die Summe der Überwachungsmaßnahmen die Terroristen zu Fehlern verleiten. Das mag sein. Vielleicht gibt es einen kleinen Sicherheitsgewinn durch die Maßnahmen (von einem großen können nicht einmal die Befürworter reden). Aber die Frage ist, ob diese Maßnahmen die Kosten lohnen. Teilweise habe ich diese bereits oben angerissen; es läuft auf eine Unterdrückung der Bevölkerung hinaus, auf eine Unterdrückung ihrer Grundrechte und der Schaffung einer vollkommenen Obrigkeitshörigkeit, die latent hier im Land ohnehin schon immer verankert ist.
Die Geschichte zeigt (Weimar steht hier lediglich als pars pro toto), dass der Versuch, mittels Abschaffung von Rechten eben diese zu schützen, die Tyrannei steht. Oder um es mit Benjamin Franklin zu sagen: "Wer Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu erlangen, wird am Ende beides verlieren." Darin liegt die große Gefahr: die Abschaffung der Demokratie. Ich will glauben, dass diese nicht intendiert ist. Aber sie steht zwangsläufig am Ende dieses sich derzeit immer schneller verschärfenden Prozesses.

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