Montag, 26. November 2007

Generalstreik verfassungsfeindlich?

Oskar Lafontaine hat die Forderung erhoben, den Generalstreik zu einem Mittel der Politik zu machen. Inspirieren lassen hat er sich dabei wohl von den Ereignissen in Frankreich, auf die er immer wieder referiert hat.
Im Tagesspiegel, der traditionell stark gegen Lafontaine eingestellt ist, findet sich ein Artikel von Robert Leicht, der geradezu absurd Stellung gegen Lafontaine und dessen Vorschlag bezieht. Der schon fast übliche Vorwurf, Lafontaine bewege sich in neonazistischen Kreisen, ist dabei nicht einmal gemeint. Viel schlimmer ist das restliche dumme Gerede, das Leicht von sich gibt. So fabuliert Leicht vom "Bürgerkrieg", den der Generalstreik als "ultima ratio" ankündige. Das ist Unsinn. Schlimmer wird es aber, wenn er andere Behauptungen anstellt:
In Wirklichkeit aber ist Lafontaines Generalstreik-Rhetorik durchaus geeignet (und auch dazu bestimmt), die Legitimität und die Funktionsfähigkeit des demokratisch-parlamentarischen Systems auszuhöhlen.
oder
Aber man sollte das Ende der Melodie kennen, deren erste Töne Oskar Lafontaine anschlägt. Es ist nichts anderes als das alte antidemokratische, antiparlamentarische und antiliberale Lied von der schmutzigen und nutzlosen Parlamentspolitik („Schwatzbude“), das seit jeher linken wie rechten Extremisten als Hymne bei ihrem Kampf gegen die geordnete Verfassung (mit all ihren Flöhen, zugegeben) gedient hat. Dass mit diesem angeblich verrotteten System keine richtige Politik zu machen sei, das sagen schließlich auch die Neonazis wieder.
Die billige rhetorische Masche, den Sinnzusammenhang zu den Neonazis herzustellen wollen wir wie gesagt beiseite lassen, ihr Niveau ist deutlich zu niedrig, um sich hier damit zu beschäftigen. Der Autor stellt vielmehr einen Zusammenhang zwischen Generalstreik und Aushöhlung des Rechtsstaats her, und das ist Unfug. Nicht nur, dass zahlreiche unserer Nachbarstaaten (von Frankreich über Italien und Griechenland zu Spanien) den Generalstreik kennen, ohne dass gleich die Demokratie auseinanderbräche (besonders Frankreich hat seit deutlich längerer Zeit eine deutlich besser funktionierendere als wir) - es gibt auch überhaupt keinen Ansazpunkt dafür, dass der Generalstreik - wie von Leicht behauptet - verfassungswidrig wäre. Der Generalstreik ist in Deutschland per Gerichtsbeschluss verboten worden. Das war in den 1950er Jahren, durch den Juristen Hans Carl Nipperdey, der durch seine Tätigkeit und Überzeugung während der Zeit der NS-Diktatur ohnehin einschlägig vorbelastet ist (Titel eines Aufsatzes 1938: “Die Pflicht des Gefolgsmannes zur Arbeitsleistung.”).
Das dämliche Gerede Leichts, der typische rechte Argumente gegen die Demokratie, den Parlamentarismus und den Rechtsstaat einfach Lafontaine unterschiebt, der davon nicht einmal ansatzweise gesprochen hat ist eigentlich nur billige Hetze. Leichtfertig, Herr Leicht.

2 Kommentare:

  1. Das paßt ja ganz hierzu:

    http://feynsinn.org/?p=657

    Feynen Gruß!

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  2. "Im Tagesspiegel, der traditionell stark gegen Lafontaine eingestellt ist", der Tagsspiegel ist zu einem Schmierenblättchen der schlimmeren Sorte geworden, weil die Chefredaktion ihre Politik daran ausrichtet, dass auch Berliner Politiker diese Zeitung lesen könnten.

    Der Tagesspiegel war mal eine eher links orientierte Zeitung, die in den letzten Jahren immer weiter nach rechts wanderte.

    Der Tagesspiegel hat aber nicht allein Probleme mit der Ausrichtung sondern auch mit der journalistischen Qualität. Leider.

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