Mittwoch, 7. Februar 2007

Diagnose: kränklich und nur eingeschränkt einsatzfähig

Die Rede ist vom deutschen Bildungssystem. Es krankt an allen Ecken und Enden.
1) Da wären die Grundschulen. Hier besteht ein extremes Leistungsgefälle. Besonders krass wird dies am Beispiel Berlin deutlich: auf die Frage, ob er seine (hypothetischen) Kinder auf eine Schule in Kreuzberg schicken würde, antwortete SPD-Bürgermeister Wowereit überraschend ehrlich: "Nein. Und ich kann jeden verstehen, der sagt, dass er seine Kinder nicht hinschickt." Wie immer, wenn Politiker sagen was sie denken, müssen sie hernach zurückrudern, weil eine Welle heuchlerischer Empörung über ihnen zusammenbricht. Fakt aber bleibt: manche Schulen entwickeln sich zu ethnisch-sozialen Brennpunkten; stadtteilübergreifend setzen richtige Wanderungsbewegungen ein, wenn Eltern eine bestimmte Schule für ihre Kinder wollen. Zudem bestimmt, wie üblich, der soziale Status der Eltern viel mit beim zukünftigen Entwicklungsweg des Kindes - besonders bei der Empfehlung für die weiterführende Schule.
2) Da wären die Hauptschulen. Sie werden mittlerweile selbst von Kindern als Endstation empfunden, als "Restschule". Vermittelt wird hier kaum mehr irgendetwas, das den Schülern später helfen kann - zumindest in der subjektiven Empfindung. In manchen Teilen ist es schon ein Erfolg, wenn es nicht zu Schlägereien kommt - auch schulübergreifend.
3) Da wäre das Studium. Nicht nur, dass die beständige Konzentration auf die Forschung mit zweifelhafter Eliten-Auswahl die Lehre stark vernachlässigt (wogegen es sehr unausgegorene Lösungsvorschläge gibt) und zudem noch einseitig die ohnehin ausgedünnten Geisteswissenschaften benachteiligt; zudem krankt das System an einer beständigen Ökonimisierung besonders in den technisch-naturwissenschaftlichen Fächern, wo die Konzerne mehr und mehr die Lehrpläne bestimmten. Auch an den Hochschulen wird zudem die soziale Segregation munter vorangetrieben; nicht erst durch die Studiengebühren, die durch zweifelhafte Studienkredite schnell Schuldenberge anhäufen können.
4) Da wäre die Akkreditierung. Die soll nach dem Willen des Gesetzgebers an private Firmen ohne effektive öffentliche Kontrolle abgegeben werden. Glücklicherweise ist das wahrscheinlich illegal.

Werden diese Missstände nicht beseitigt, kann das System zwangsläufig nur eine Reproduktion eben dieser Missstände hervorbringen. Aber dafür fehlt der politische Wille, dem stehen starke Interessen gegenüber.

2 Kommentare:

  1. Ich hatte mich schon einmal an einer Bildungsreform in 5 Minuten versucht, die wahrscheinlich mehr Vorschläge mit potentiell positiver Wirkung enthält als all das unausgegorene Gebrabbel von Bilungspolitikern, KMK und anderen verstaubten Bürokraten- Betonköpfen. Auch in Finnland und generell in nordischen Ländern gibt es genug positive Beispiele und Konzepte, aber unsere Bildungspolitiker sind offenbar selbst zum Abschreiben zu dämlich.

    Gruß

    Alex

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  2. Das liegt an der teils echt dogmatischen Haltung bzgl. offensichtlich nicht zukunftsfähiger Systeme (Dreigliedriges Schulsystem, Sitzenbleiben,...) auf der einen Seite und der Unmöglichkeit einer von oben diktierten Bildungspolitik auf der anderen Seite.

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