Sonntag, 11. Februar 2007

Wohin des Wegs, Wolfgang?

Vor drei Tagen hatte die taz ein Interview mit Wolfgang Schäuble, seines Zeichens Innenminister, Gesetzesbrecher und Scharfmacher, in dem es um die Frage der Onlinedurchsuchungen und anderer Rechtsbrüche ging. Hier einige kommentierte Auszüge:

taz: Herr Schäuble, sind Sie der ranghöchste Hacker Deutschlands?

Wolfgang Schäuble: Nein, ich komme in keinen Computer rein, ich weiß auch kaum, wie die Polizei das macht. Ich weiß gerade mal so, was ein Trojaner ist.

Haben Sie Angst vor den sogenannten Trojanern, also vor Spionagesoftware?

Nein, ich öffne grundsätzlich keine Anhänge von E-Mails, die ich nicht genau einschätzen kann. Außerdem bin ich anständig, mir muss das BKA keine Trojaner schicken.

Abgesehen davon, dass das BKA allen Grund hätte, Verfassungsfeinde wie Schäuble zu überwachen, ist die offen zur Schau gestellte Inkompetenz erschreckend. Schäuble fordert beständig scharfe Maßnahmen, ohne überhaupt zu wissen, was sich dahinter verbirgt. Das wäre, als ob er den Einsatz einer Atombombe fordern würde, im Glauben, es handele sich um einen Knallfrosch.

Warum wollen Sie Computer unbedingt heimlich überwachen? Genügt es nicht, den Rechner bei einer Hausdurchsuchung zu beschlagnahmen und dann auszuwerten?

Nein, es gibt Fälle, da würden die Ermittlungen vorschnell gestört, wenn die Polizei eine Hausdurchsuchung macht. Dann würden Hintermänner und Komplizen gewarnt und könnten ausweichen. Außerdem ist ein Laptop ja auch leicht zu verstecken, vielleicht wird er bei einer Durchsuchung gar nicht gefunden. Ans Internet muss er aber immer wieder.

Moment: die Polizei findet bei Hausdurchsuchungen normalerweise alles - von libanesischem Backpulver bishin zu belastenden Kontoauszügen. Aber einen verdammten LAPTOP sollen sie übersehen? Der mal eben versteckt wird, wenn es draußen heißt "Polizei! Aufmachen!"?

Auf der Computerfestplatte findet man auch sehr persönliche Details zu Liebe, Gesundheit und Steuererklärung. Wie wollen Sie den "Kernbereich privater Lebensführung", dessen Schutz das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe besonders angemahnt hat, beachten?

Ich kenne und respektiere die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz der Privatsphäre. Aber wir müssen auch sehen, dass dieser Schutz in der Alltagswirklichkeit praktikabel bleibt. Verbrecher und Terroristen sind klug genug, so etwas auszunutzen. Die tarnen ihre Informationen dann zum Beispiel als Tagebucheintrag. So leicht dürfen wir es denen nicht machen.

Das hat der Jurastudent bereits so gut kommentiert, dass man da nichts mehr zu sagen muss.

Verstehen Sie, wenn die Menschen beunruhigt sind, weil die Sicherheitsbehörden immer neue Befugnisse bekommen?

Die meisten Menschen sind über Terrorismus und Kriminalität beunruhigt, nicht über polizeiliche Schutzmaßnahmen. Sie wollen, dass der Staat ihre Sicherheit garantiert. Dazu muss er auch neue Technologien nutzen. Wir können nicht stehenbleiben, wenn das Verbrechen und der Terrorismus immer neue Kommunikationsmöglichkeiten zur Verfügung haben.

Gut, das ist jetzt mal eine Behauptung, die im Raum steht. Ich persönlich muss sagen: nein.

Gegen die ebenfalls geplante Vorratsspeicherung aller Telefon-, E-Mail- und Internetverbindungsdaten wollen 10.000 Menschen Verfassungsbeschwerde einlegen. Stimmt Sie das nicht nachdenklich?

So etwas regt mich nicht mehr auf.

Warum sollte es auch? Ist ja nur demokratische Meinungsäußerung, und die ist ohnehin bald abgeschafft. Also was soll's?

Und was sagen Sie zum Vorwurf, dass der Staat bei der Vorratsspeicherung ins Blaue hinein gewaltige Datenmengen über das Kommunikationsverhalten der ganzen Bevölkerung sammelt?

Letztlich geht es immer um die Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit. Die Datenschützer sind ja nicht moralisch höherwertig, weil sie mehr Gewicht auf die Freiheit legen. Und ich bin kein schlechterer Mensch, weil ich mehr Gewicht auf den Schutz vor Verbrechern lege.

Doch, sind sie. Wer Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu erlangen, wird am Ende beides verlieren.

Ist das nicht eine Salamitaktik? Bei der Einführung neuer Technologien wird beteuert, die Sicherheitsbehörden bekämen keinen Zugriff auf die anfallenden Daten. Und kaum ist die Technologie durchgesetzt, nutzt man das nächstbeste Verbrechen, um der Polizei doch alle Zugänge zu öffnen.

Das wäre vielleicht bedenklich, wenn es eine absichtliche Taktik wäre. Aber beim Mautgesetz gab es sicher keinen derartigen Hintergedanken. Heute bin ich ja auch viel vorsichtiger. Von mir hören Sie keine Versprechungen mehr, dass alles so bleibt, wie es ist. Das wäre auch undemokratisch.

Warum?

Ich kann doch nicht den Gesetzgeber auf Jahre hinaus festlegen. Da würde ich mich ja außerhalb des Rechtsstaats stellen. Nein, wenn es um die Einführung neuer Ermittlungsmethoden geht, wird öffentlich diskutiert, das ist ganz transparent in der Demokratie, und am Ende entscheidet die Mehrheit.

Niemand hat die Absicht, Daten anders zu verwenden als vorgesehen. So oder ähnlich schon mal bei Walter Ulbricht gehört.

Das Interview zeigt wieder einmal, wie bedenklich diese rollende Ein-Mann-Parallelgesellschaft (Wut!) eigentlich ist. Warum werden diese Leute nicht aufgehalten?


3 Kommentare:

  1. Gerüchten zufolge plant Wolfgang "Rolli" Schäuble noch weitere neue Ermittlungsmethoden, zum Beispiel "körperbetonte Verhörmethoden" aka Folter, von denen ihm Mitarbeiter aus Guantanamo berichtet haben.

    Es fehlt nicht mehr viel, dann fordere ich wie Scherdtfeger für Schäuble nur noch eines: Einfach abschießen!

    Gruß

    Alex

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  2. Das kann man einfach nicht mehr richtig kommentieren. Wer glaubt diesem Kasper so eine Scheisse? Wer will das wirklich. Oh ich fühle mich dauernd so bedroht... oh bitte Wolfgang erlass neue Gesetzte das du mich besser vor den Terroristen --- ah da ist schon wieder einer --- beschützen kannst...

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  3. Jede Gesellschaft bekommt genau die Politiker die sie verdient. Ich habe glücklicherweise noch einen alten Reisepaß and Perso gültig bis 2013, brauche mir deshalb keine Gedanken um Biometriedatenerfassung zu machen. Bis es dann soweit ist, auch mit online Durchsuchungen, bin ich schon ausgewandert(Lateinamerika). Allen Zurückgebliebenen kann ich nur empfehlen aktiv etwas gegen den "Sicherheitsstaat" zu unternehmen.
    Bei 6 Milliarden Menschen muß man sich schon mal Gedanken machen wie man den Deckel draufbehält bevor die Scheiße überqilt. Gattaca läßt grüßen. Patrick

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