Donnerstag, 1. Februar 2007

Bild auf Kreuzzug, Teil VIII

Wieder einmal zeigt die BILD, dass sie fest auf dem Boden des Grundgesetzes steht, den Rechtsstaat achtet und die Pressefreiheit verantwortungsvoll einsetzt:
Eine feste Größe bei BILD ist die Kolumne "Post von Wagner", der in plump-vertraulichem Ton sich an irgendwelche Prominente zu wenden pflegt und sich damit regelmäßige Erwähnungen beim Bildblog sichert. Dabei erreicht er in etwa das Niveau eines achtjährigen beim Besuch eines prominenten Politikers ("Tante Angela, warum ist das Wasser braun?"). Den Vogel schießt er jedoch sicher mit den folgenden beiden Kolumnen ab, die ich euch nicht vorenthalten will und hier leicht gekürzt wieder. Kolumne 1:
Lieber Außenminister Steinmeier

das Herzeleid singt sein Hohelied vom unschuldig, in Ketten gehaltenen, gefolterten Bremer Türken in Guantánamo – und zeigt mit den Fingern auf Sie.

Sie hätten den Häftling erlösen, befreien können. Sie haben es aber nicht gemacht. Ich hätte es übrigens auch nicht gemacht.

Sie liegen in Ketten, aber da war der 11. September 2001. Die Attentäter vom 11. September waren arabische Hamburger Studenten. Sie waren unauffällig und nett. Sie haben bei Aldi und Kaisers eingekauft. Niemand sah es ihnen an, dass sie Massenmörder werden.

Ich finde es absolut korrekt, wenn Sie sich im Zweifel für die Sicherheit entscheiden. Der Bremer Türke ist für mein Leben nicht so wichtig. Wichtig ist für mich die Sicherheit.

Das klingt wie aus der Mottenkiste von Wolfgang "Shooter" Schäuble, der wandelnden Ein-Mann-Parallelgesellschaft, wie Wut! sich ausdrecken würde. Bemerkenswert, wie hier mal eben das Recht auf Leben, Menschenwürde und andere Grund- und Menschenrechte außer Kraft gesetzt werden. Besonders, wenn man sich einmal vorstellt zu welchen Schandtaten Kurnaz in der Lage gewesen wäre. Über die rote Ampel gehen zu Beispiel! So etwas müssen wir, nein, so etwas darf in Deutschland nicht geduldet werden!
Werden wir etwas ernster und wenden uns Kolumne 2 zu:
Liebe Hinterbliebene der 34 RAF-Opfer,

Sie leben als Witwe, Sohn, Tochter, Enkel unter uns und erleben nun die Begnadigungsdebatte. Die Terroristen Klar und Mohnhaupt sollen freikommen. Bei dem Gedanken, was die RAF-Mörder Ihren Familien angetan haben, wird mir schlecht.

Sie haben den Zu-Bett-geh-Vater ermordet, den Vater, der seinem kleinen Sohn zur Nacht einen Kuss gibt.

Sie haben den Mann ermordet, der nicht mehr im Ehebett liegt. Wenn ich mir vorstelle, wie viel Liebe, Glück, Zukunft sie ermordet haben, wird mir doppelt schlecht.

Ihre Opfer waren so nette Leute und sie haben sie einfach hingerichtet. Dreimal schlecht wird mir, wie die Baader-Meinhof-Bande als Kultband verehrt wird – als idealistische Revolutionäre.

Ich mag diese Typen nicht unter uns. Ich könnte den Hinterbliebenen der RAF-Opfer nicht ins Gesicht sehen.

Mann, da ist ja direkt ein Stilmittel zu erkennen! Habt ihr es auch gemerkt? Der spricht die Opfer an und meint den Leser! Das ist mal gewitzt. Ansonsten passt eigentlich der Kommentar von oben ganz gut dazu. Dieses Anbandeln mit niedersten Instinkten, vermischt mit einem ordentlichen Schuss Law&Order, populistischem Stil und einem Sahnehäubchen rechten Gedankenguts ist geradezu symptomatisch für die Springerpresse. Als vernünftig denkender Mensch kann man sich vor solcher Hetze eigentlich nur angewidert abwenden.

EDIT:
Weitere gute Beiträge zum Thema: zwei mal Jurastudent, einmal Bloggesang.

1 Kommentar:

  1. Sehr geehrtes Freidenker-Team,

    und jetzt stelle man sich vor, der Franz Joseph Wagner hätte auch noch folgende aufschlussreiche Lektüre zur Hand gehabt:

    http://www.nebel.cc/Geheimakte911.pdf

    Da mag man sich die Post von Wagner garnicht erst vorstellen!

    Mir läuft es bei Springer & Co. eiskalt den Rücken hinunter.

    Wachsame Grüße aus Hannover und weiter so!
    NebelCC

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