Donnerstag, 14. Juni 2007

Die SPD und die Anderen

Wie die Süddeutsche Zeitung so schön schreibt, scheint sich bezüglich der Linkspartei in der SPD das alte Schröder-Wort von "den Anderen" als der Opposition zu halten. Am Samstag wird die Linkspartei offiziell gegründet, und in der SPD herrscht nichts als bedrücktes Schweigen. Wie weiland 1980 versucht die SPD, die ungeliebte Konkurrenz zu ignorieren und drückt sich damit ins Abseits. Müntefering wie Beck erklären routinemäßig, niemals mit der Linkspartei koalieren zu wollen. Die führt die SPD bei jeder Gelegenheit vor, sei es die Mindestlohninitiative, sei es die Neoliberalismusdiskussion, sei es beim Kampf und den Begriff "sozialdemokratisch", wo SpOn unfreiwillig Schützenhilfe leistete.
Dabei ist das Verhalten irrational. Die derzeitige Haltung der SPD lässt für 2009 - ein Ausbleiben wirklich massiver Verschiebungen innerhalb der Parteienlandschaft vorausgesetzt - keine andere Alternative als die einer Neuauflage der Großen Koalition, die schon jetzt unter starken Abnutzungserscheinungen landet und als einzigen Erfolg in einer Serie von Misserfolgen und kritikwürdigen Initiativen für sich verbuchen kann, die zarte Pflanze Konjunktur nicht sofort totgetreten zu haben. Wie soll es weitergehen? In der SPD weiß man es nicht. Die Parteispitze scheint sich wohl zu fühlen als Juniorpartner der CDU; ein bisschen soziales, ein bisschen friedliches Gerede zur Abgrenzung und ansonsten so tun, als sei der juristische Schritt der Fusion der ehemaligen Volksparteien bereits so vollzogen wie der geistige. Die Basis indessen nimmt die Eigenschaft von Traubensaft an, der in großen Fässern abgelagert wird: sie gärt.
Das heißt derzeit nichts; seit dem Abgang Lafontaines 1999 hat die SPD keinen echten Parteivorsitzenden mehr gehabt und ist die Basis konsequent als ungeliebtes Anhängsel betrachtet und missachtet worden. 58% der Basis sind für Kontakte zur Linkspartei, es mehren sich die leisen Forderungen nach dem Sondieren von Koalitionsmöglichkeiten. Für viele ist der Wunschtraum eine Fusion der beiden Parteien, eine Rückkehr zu den goldenen Zeiten der Sozialdemokratie. Möglich wäre sie, geboten auch. Sie scheitert an den starken Beharrungskräften der politischen Oberklasse in der SPD, die mehr an ihrer Macht als an irgendetwas anderem zu hängen scheint. Es bleibt die Frage bestehen, welche Möglichkeiten es gibt und welche davon wahrgenommen werden können.
Die viel bemühte strukturelle Mehrheit der Linken (rechnerische Mehrheit von SPD, LiPa und Grünen) halte ich für trügerisch. Nicht allein, dass die SPD nicht wirklich links ist; viel schlimmer ist, dass es die Grünen nicht sind. Hier ist die Lage anders als bei der SPD, denn bei den Grünen ist in der Basis zwar ein Hauch Sponti-Charme erhalten geblieben, die Partei selbst jedoch ist mittlerweile deutlich näher bei der CDU als bei der SPD und eine Partei des intellektuellen Bürgertums geworden - und damit der Besitzenden (im Sinne von Bush, nicht Marx). Allein das macht eine Koalition rot-rosa-grün unwahrscheinlich. Das ist keine allzu positive Aussicht, besonders im Hinblick auf die Alternative Große Koalition. Um Farbenspiele durchzuführen: eine Spanienkoalition ist sehr unwahrscheinlich, ganz besonders unter Westerwelle. Auch eine Wiederauflage der Sozialliberalen Koalition ist wegen der dauerhaften Schwäche der SPD unwahrscheinlich, wo es nicht einmal zu schwarz-gelb reicht. Jamaika wäre vielleicht möglich, und nach vier Jahren Opposition sind die Grünen vielleicht wirklich zu Experimenten geneigt.
So oder so bleibt die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Große Koalition bestehen bleiben wird. Dieses Ergebnis jedoch würde aller Wahrscheinlichkeit nach zu einer weiteren Beschleunigung des Abschleifens der "Volks"parteien führen, deren Ergebnis im Mittel bei 30% liegen dürfte - nicht genug, um allein Gestaltungsmacht zu entfalten. Um die Drei-Parteien-Koalitionen dürfte man mittelfristig nicht herumkommen, die Frage bleibt nur, in welcher Konstellation.

2 Kommentare:

  1. "Die Grünen sind eine Partei des intellektuellen Bürgertums geworden"; ja weil diese die Grünen mächtig gemacht haben. Die Grünen wurden nicht nur von Krankenschwestern, sondern v.a. auch durch Ärzte, Rechtsanwälte gewählt...
    Aber ob das in Zukunft so sein wird ist zu bezweifeln...

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  2. Sind im Prinzip alle unwählbar geworden, es ist zum heulen

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