Freitag, 22. Juni 2007

Gedanken

Eine enge Bekannte meiner Freundin ist heute nacht verstorben. Die ganzen vorhergehenden Tage hat sie bereits an ihrer Haushaltsauflösung gearbeitet, und meine Freundin und ich sollten ebenfalls sehen, ob wir etwas gebrauchen können, ehe alles im Container landet und weggeworfen wird. Neben einigen Möbeln halte ich gerade das Telefon in der Hand und lösche das noch darin gespeicherte Adressbuch.
Ich kannte die Frau nicht, nur aus den Erzählungen meiner Freundin, der sie viel bedeutet hat. Doch während ich die Einträge mit mir unbekannten Namen lösche - und jede Löschung von einem durchdringenden Piepton begleitet wird, der mich mit nervenzerfetzender Penetranz an ein EKG erinnert - wird sie lebendig, auf eine gewisse Weise. Ein Gefühl von Traurigkeit umfasst mich, weil es mir so vorkommt, als ob ich mit dem Löschen dieser Einträge ein Stück Erinnerung an diese Person mitauslösche, gleichzeitig aber durch meine eigene Erinnerung - auch wenn der Begriff aufgrund einer fehlenden Bekanntschaft merkwürdig passend und gleichzeitig unpassend ist - sie aber wieder lebendig wird. Ich glaube, diese seelische Ambivalenz gehört zu dem, was uns zum Menschen macht. Irgendwie.

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