Donnerstag, 21. Juni 2007

SPD in der Dauerkrise

Nun ist, mit Hängen und Würgen, ein Kompromiss zu dem Thema gefunden, das beharrlich als "Mindestlohn" bezeichnet wird, auch wenn ein solcher nicht beschlossen, sondern abgelehnt wurde. Dass Münterfering am Morgen nach der Verhandlungsnacht nur böse Worte über den Kompromiss findet, kann als symptomatisch gelten; für die Diskussion als solche wie für die SPD.
Selbiger Müntefering nämlich hat den Kompromiss, den er als Vizekanzler nur Stunden vorher (!) mitbeschlossen hat, nun kritisiert. Das ist geradezu absurd dumm. In einer Koalition versucht man am Ende des Kompromisses immer, ihn für die eigene Seite als Erfolg darzustellen. Das tut sogar die SPD-"Linke" Andrea Nahles. Müntefering dagegen läutet, nachdem die Gemeinsamkeiten der GroKo immerhin zweieinhalb Jahre vor der Wahl aufgebraucht sind, den Wahlkampf ein - mit einem Eigentor. Denn, es kann gar nicht oft genug betont werden: er hat den Kompromiss Stunden zuvor selbst beschlossen. Der hartknäckige Verweis auf die Härte der CDU ist also Wahlwerbung für sie, gegen die sich die SPD nicht durchsetzen und damit ihr Stammklientel ein weiteres Mal nicht schützen konnte. Gleichzeitig allerdings ist es auch Wahlwerbung für die gehasste Linke, die nun mit dem Finger auf diese Niederlage zeigen kann - und zumindest behaupten, sie könne es besser. Zudem ist sie in der komfortablen Lage zu behaupten, erst ihre Oppositionsarbeit habe das Thema überhaupt auf die Agenda gebracht.
Aber nicht nur die SPD geht stark angeschlagen aus der Schlacht heraus; auch der DGB zeigt sich alles andere als in Musterstimmung. Noch 2004 lehnte er einen Mindestlohn vehement mit dem Hinweis auf die eigene Verhandlungsmacht ab; nun schreit er händeringend nach staatlicher Schützenhilfe - eine Bankrotterklärung der eigenen Art, wo die Gewerkschaften hüben und die SPD drüben ihre Klientel nicht mehr zu schützen in der Lage sind. An und für sich müsste die SPD die GroKo verlassen, denn Gemeinsamkeiten gibt es keine und Politik kann sie nicht machen. Aber das wird sie nicht tun - zu viele Ministerposten hängen davon ab.

Nachtrag: Ulrich Maurer sieht in der Münte-Kritik den Beginn des Ausstiegs aus der GroKo, halte ich für Quatsch.

3 Kommentare:

  1. “Es kann nicht sein, dass Menschen den ganzen Tag arbeiten und trotzdem auf staatliche Hilfe angewiesen sind”, sagt Struck nun. War das zu Zeiten von Rot-Grün noch anders? Und ist ein Mindestlohn da wirklich die Lösung? Mit Mindestlohn gibt es vielleicht niemanden mehr der den ganzen Tag arbeitet und trotzdem auf staatliche Hilfe angewiesen ist, weil er dann einfach gar keine Arbeit mehr hat.

    AntwortenLöschen
  2. Zu Beginn 2006 hat Müntefering den Mindestlohn der Gewerkschaften von 7,50 Euro kategorisch mit der Union abgelehnt. Nun ist die SPD angeblich die Partei des Mindestlohns. Wäre sie es tatsächlich, wäre der Bruch der Koalition in dieser Frage die logische Konsequenz gewesen. Diesen hat man jedoch mit Blick auf die miserablen Umfragewerte nicht in Kauf genommen. Darin liegt der schlechte Start, weniger darin, dass Müntefering darüber lamentiert, was er selber verabschiedet hat. Es ist die Inkonsequenz.

    AntwortenLöschen
  3. Hallo Jörg Friedrich,
    Natürlich ist es auch bei einem Mindestlohn möglich, dass sehr viele keine Arbeit haben. Ehrlich gesagt gehe ich auch davon aus, dass auch bei einer Einführung des Mindestlohnes in Deutschland sehr viele Arbeitslose nach wie vor vorhanden wären. Aber zumindest während diejenigen Bürger, die einer Arbeit nachgehen, finanziell so gut gestellt, dass sie zumindest davon würdevoll leben können. Also ein Mindestlohn wäre eine Entlastung, ein Schritt in die richtige Richtung. Also ich glaube auch bei einem Mindestlohn in Deutschland würden wir nach wie vor mehrere Millionen Arbeitslose haben.

    Hallo an jedermann,
    Im übrigen sollte man mal nicht nur über den Mindestlohn diskutieren, sondern über den Maximallohn. Wenn der Mindestlohn (nach Meinung der neoliberalen Fundamentalisten) zu einer Vernichtung von Arbeitsplätzen führt, dann müsste doch der Maximallohn zu einer Schaffung von Arbeitsplätzen führen, oder?

    AntwortenLöschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.