Mittwoch, 25. April 2007

Bild auf Kreuzzug, Teil VIII

Exhibitionismus gehört nicht unbedingt zu den Verbrechen, die einer gesteigerte öffentliche Aufmerksamkeit wert wären. Trotzdem berichtet besonders die Gossenpresse gerne darüber, weil immerhin entblößte Geschlechtsteile darin vorkommen.
In diesem Falle hat die BILD sich nicht entblödet, wieder einmal alle Vorurteile zu bestätigen. Der Fall: ein winziger TV-Moderator, den fast niemand kennt, durchlebt eine Lebenskrise und entblößt dreimal in der Öffentlichkeit seine Genitalien; einmal onaniert er sogar öffentlich. So weit, so bizarr. Mit einer Geldstrafe ist so etwas im Normalfall erledigt, besonders da sich der Mann bei den Opfern entschuldigt hat und nun eine Therapie macht.
Unter Berufung auf einen ominösen Status als "Person der Zeitgeschichte" jedoch hat die BILD sich entschlossen, lieber für eine Schlagzeile einen Mord zu begehen: mit Foto, vollem Namen und Angabe des Arbeitgebers bringt sie einige falsche Fakten, schlüpfrige Anmerkungen und schrille Töne zum üblichen Potpourri an Geschmacklosigkeiten zusammen. Die berufliche wie gesellschaftliche Existenz des Mannes war sofort zerstört. Diesen Faktor berücksichtigte sogar das Gericht bei seiner Entscheidung, einen großen Teil der Strafe zur Bewährung auszusetzen:
Dass er mit einer verhältnismäßig geringen Strafe davonkommt, hat einen Grund. Die Höchststrafe hat bereits eine andere, eine furchtbare Instanz verhängt: die Bild.
Den passenden Schlusssatz bietet die Frankfurter Rundschau:
Was das alles immerhin an Erkenntnisgewinn bringt, ist die Tatsache, dass sich am sorglosen Vernichten von Existenzen seit Wallraff-Zeiten nichts, aber auch gar nichts geändert hat.

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