Ich hatte schon lange das Gefühl, dass die aktuelle Klimadebatte ein Ausbund an Heuchelei ist. Ich könnte mich selbst schlagen dafür, dass ich nicht - wie der Zeit-Autor Jörg Burger - auf die Idee gekommen bin, sie mit dem Ablasshandel des Mittelalters in Verbindung zu bringen. Burger bezieht dies zwar nur auf einen speziellen Fall - das drohende Verbot der Plastiktüte - aber im Endeffekt lässt es sich beliebig erweitern. Um nicht wirklich aktiv werden zu müssen, reden alle vom Klima. Bereits das Reden bringt dieses wohlige "Seht her, ich tue was!" Gefühl in die Köpfe der Menschen und befreit von einem Großteil der Last. Einen weiteren großen Teil wird man los, wenn man irgendwelche kruden Vorschläge macht, die einen nicht betreffen - eine Steuer auf Flugtickets zum Beispiel. Oder mehr mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, wenn man es selbst jeden Tag tut.
Um zurück auf das Plastiktütenbeispiel zu kommen: eine Plastiktüte ist nicht umweltschädlicher als eine Papiertüte, wahrscheinlich sogar umweltschonender. Dieses Paradoxon liegt in den Kosten der Herstellung begraben; für beide wird fast gleich viel Energie aufgewandt. Während aber die Plastiktüten mehrfach benutzbar sind, wirft man die Papiertüte nach Einmalgebrauch meist weg.
Genauso steht es in der großen Politik: statt Emissionen zu beschränken, indem neue Filter in Kamine eingebaut oder der Schadstoffausstoß der Autos begrenzt wird, werden Randbereiche wie der Flugverkehr eingebracht und zur Chefsache erklärt. Dadurch beruhigt man nicht nur das eigene Gewissen, sondern vor allem das der Wähler. Ist doch toll. Nur bringt es keinen Schritt weiter.
Es gäbe da noch sehr viel mehr Möglichkeiten. Zum Beispiel eine umfassende Isolation von Altbauten oder Abriss und Neubau, wenn das bei der Substanz nicht mehr lohnt. Auch gibt es in vielen Städten bis heute alte Sozialbauten, wo noch mit Köhle, Holz und Öl oder Nachtspeicher- Elektroheizungen geheizt wird statt mit Zentralheizung. Ebenso der Unsinn mit Durchlauferhitzern, mit Strom, bei dem schon Wärme entsteht, erneut Wärme zu erzeugen, gleiches bei Herden, wo Induktionsfelder sparsamer wären. Oder nimm nur eine Umstellung von Lichtschaltern auf Bewegungssensoren mit "Hold"-Taste, Wärmetauscher bei der Frischluftzufuhr etc.pp. Aber das kostet halt alles, genauso wie Strom und öffentliche Verkehrsmittel. Da man aber immer weiter die Zügel aus der Hand in die gierigen Griffel der Privatwirtschaft und Heuschrecken-Investoren geht, macht man an sich eine durch und durch schizophrene Politik, die nur ein Ziel hat: die Massen mit dämlichem Aktionismus beruhigen und für Wachstum und Rendite so weitermachen wie bisher.
AntwortenLöschenGruß
Alex