Montag, 29. Januar 2007

Autos und kein Ende

Eigentlich wollte ich nur eine Antwort auf die mehr oder minder rhetorische Frage cc:Welts geben, aber wie so oft liest man sich an einem Thema fest. Dieser Artikel der Süddeutschen Zeitung, den ich im Folgenden zitieren und kommentieren werde, spricht geradezu aus der Seele. Aus einer sehr konzilianten Seele, deswegen noch Kommentare.

Die deutsche Autoindustrie ist offenbar auf die Produktion von Vehikeln angewiesen, die mehr als 120 Gramm Kohlendioxid je Kilometer ausstoßen.

Anders wäre der heftige Widerstand der fünf großen deutschen Automobilhersteller und des Bundeswirtschaftsministers Michael Glos gegen die Pläne der EU-Kommission zum Klimaschutz nicht zu verstehen.

Umwelt-Kommissar Stavros Dimas will den Grenzwert für den CO2-Ausstoß auf 120 Gramm pro Kilometer festsetzen und die Autohersteller verpflichten, die Emissionen von Neufahrzeugen bis 2012 um ein Viertel zu vermindern

Doch geht es nach dem Willen der Autohersteller, darf dies auf keinen Fall Realität werden.

Andernfalls, so drohen jetzt die Chefs von BMW, Ford, Opel, Volkswagen und DaimlerChrysler in einem Brief an die EU-Kommission, würde es unmittelbar zu einer „Abwanderung zahlreicher Arbeitsplätze bei den Automobilherstellern wie auch in der Zuliefererindustrie aus Deutschland und anderen Produktionsstandorten in Europa“ kommen.

Aha. Nur, um uns das noch einmal klarzumachen: die Autoindustrie baut offensichtlich umweltverschmutzende Autos für die Nobelkasse und vernachlässigt andere Sektoren. Alles in allem ein Versagen des Managments. Nun dürfen es die Beschäftigten ausbaden, wenn nicht die Keule mit der Erpressung (Arbeitsplatzabbau!) Erfolg hat. Toll. Das bestätigt auch die SZ:

Demnach werden die Limousinen und SUVs, die teilweise mehr als 300 Gramm je Kilometer ausstoßen, offenbar in einer Größenordnung verkauft, das große Teile der Industrie inzwischen davon abhängig sind. Anders ist die Aufregung nicht zu verstehen.

Die Angst, dass ausländische Unternehmen in die von der EU erzwungene Lücke bei Autos mit extrem großem Verbrauch stoßen könnten, kann die deutschen Widerstände nicht erklären. Schließlich müsste die Konkurrenz sich ebenfalls an die Vorgaben der EU-Kommission halten.

Eher erklären lässt sich das Verhalten der deutschen Hersteller damit, dass sie sich auf die aus Umweltaspekten betrachtet falschen Ziele konzentriert haben.
Dabei wäre es kein Problem gewesen, umwelttaugliche Wagen zu bauen, denn:

Statt kleinere Motoren zu entwickeln, die weniger CO2 ausstoßen, arbeiten die deutschen Ingenieure daran, bessere Dieselmotoren zu bauen - und Ottomotoren, die zwar weniger verbrauchen, deren höhere Effizienz jedoch dazu genutzt wird, noch mehr Gewicht, noch mehr Luxus, noch mehr PS und noch mehr Geschwindigkeit anzubieten. Der Spar-Effekt wird dadurch ad absurdum geführt.
Aber:
Manche ausländische Kleinwagen-Hersteller dagegen – etwa aus Frankreich – werden kein Problem haben, die geplanten Vorgaben der EU-Kommission zu erfüllen.

Die Drohung der einheimischen Produzenten kommt deshalb dem Eingeständnis eines Versagens gleich. Deutschland ist offenbar nicht mehr konkurrenzfähig, wenn es um Autos mit Otto-Normalverbraucher-Motor geht.

Würden die Pläne des Umwelt-Kommissars Wirklichkeit, dann würden deutsche Autos mindestens 2500 Euro teurer. Und für die dicken BMWs, Porsches und Daimlers müsste der Kunde noch tiefer in den Geldbeutel greifen.
Und natürlich ist es nicht so, dass alles andere nicht wirtschaftlich wäre, nein, man hat es schlicht verpennt. Natürlich sind auch die durch Werbung gelockten Kunden nicht unschuldig an der Misere:

Doch viele Deutsche legen beim Autokauf offenbar noch immer mehr Wert auf Größe, Luxus, Pferdestärke und Geschwindigkeit, als auf Umwelt- und Klimaschutz. Tatsächlich ist gerade die Nachfrage nach den kleinsten und sparsamsten deutschen Modellen extrem gering.

Möglicherweise hängt dies auch damit zusammen, dass die heimische Automobilindustrie seit zehn Jahren ganz gezielt für Modelle mit hohem Benzinverbrauch und CO2-Ausstoß wirbt Wie die Naturschutzorganisation Bund kürzlich berichtete, lag der durchschnittliche Verbrauch der Autos, für die 2005 am intensivsten geworben wurde, bei neun Litern auf 100 Kilometer.

Damit liegt natürlich auch der CO2-Ausstoß dieser Kraftfahrzeuge weit über dem, was der EU-Umweltkommissar für wünschenswert hält.
Bleibt eigentlich nur noch das Fazit:
Ob die Verantwortung nun bei den deutschen Herstellern oder den Käufern – oder auch bei beiden - liegt, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Eindeutig ist jedoch, dass etwas geschehen muss.

Und die Forderung von Vertretern der Automobilindustrie nach einer Verbrauchssteuer für Kraftfahrzeuge statt der gesetzlichen Vorgaben klingt für jene hohl, die bereits jetzt versuchen, sich möglichst umweltbewusst fortzubewegen.

Schließlich würde dies bedeuten, dass derjenige, der es sich leisten kann, in Zukunft weiterhin die Umwelt mit Luxuslimousinen und SUVs verschmutzen wird.

Vornehm, so heißt es, geht die Welt zugrunde. Vielleicht sollte man sagen: Vornehm lässt die Welt zugrunde gehen?

4 Kommentare:

  1. Warum werden wohl die verbrauchsintensiven Autos ganz besonders beworben?

    Darauf gibt es gleich mehrere Antworten: a) hier gibt es die hohen Margen, b) hier spielt das maßgeblich durch Werbung/PR kreierte Image des Autos/der Marke eine große Rolle, c) die deutschen KFZ-Hersteller sind zu bedeutenden Teilen in der gehobenen Mittelklasse und Oberklasse zuhause (zum Glück, denn nur mit der Produktion von Polos wäre wohl kaum ein Werk auf deutschem Boden profitabel).

    Fazit: Dicke Karossen bringen Geld und machen Dreck - und der deutsche Michel sollte froh darum sein, die Welt mit diesen Wagen versorgen zu können.

    "Oh lord, won't you buy me a Mercedes Benz..."


    mfg

    GWeberBV

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  2. Du brauchst mir nicht zu erklären, warum die das aus ökonomischer Sicht machen - das ist mir klar.

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  3. Na, dann sollte dir ja auch klar sein, warum der in dem Text erhobene Worwurf an die Autoindustrie unsinnig ist. Die hohen Werbebudgets für schadestoffreichere (und damit in der Regel höherklassiger) Autos sind sicher nicht der Grund dafür, dass die Kunden zum Audi A6 greifen, anstatt sich nen Golf oder gar Polo zu kaufen. Stattdessen dient die Werbung dazu, den A6 für den potentiellen Käufer als viel cooler/schicker/kraftvoller/"angemessener"/etc. erscheinen zu lassen als das Konkurrenzmodell von BMW, Mercedes & Co. Für Golf und Polo wird natürlich auch geworben, aber mit geringerer Intensität, da sich bei diesen Wagen der potentielle Kunde eher von einem Preisnachlaß oder einem kostenlosen Extra überzeugen läßt. Umgekehrt würde der Käufer des A6 über solchen Firlefanz wohl nur schmunzeln, da für ihn 1000 € mehr oder weniger keine Rolle spielen. Stattdessen verlangt er von seinem Auto ein gewisses "Image" - und dieses wird eben maßgeblich durch Werbung/PR generiert. Würde der gemeine Polo-Fahrer 1000 Euro mehr für seinen Wagen bezahlen, weil dieser in diversen Hochglanz-Magazinen abgebildet ist, wären die Werbeausgaben in diesem Segment auch wesentlich höher.

    Daher: Der Verweis auf die Werbeausgaben der Autoindustire ist in der Diskussion für den Schadstoff-Austoß unsinnig.

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  4. Klar, das ist schon richtig, aber irgendwie scheint deine Aussage "den A6-Käufer stören 1000 mehr nicht" auch falsch zu sein; schließlich sind schadstoffärmere Möglichkeiten vorhanden und werden eben NICHT eingebaut, obwohl sie mit dem Image des Autos wenig zu tun haben. Und abgesehen davon läge es auch in der Hand der Werbung, schadstoffarme Autos attraktiv zu machen.

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