Sonntag, 14. Januar 2007

Fortschritt in der Klassen-Medizin

Nein, die Medizin ist nicht klasse, sondern sie unterteilt ihre Patienten (oder "Kunden") in Klassen. Dabei hängt der Grad der medizinischen Versorgung neben dem Geldbeutel neuerdings dank Gesundheitsreform auch vom Wohnort ab. In Gegenden mit hoher Arbeitslosigkeit kommen - wenig erstaunlich - geringere Sozialbeiträge herein als in Gegenden mit geringer Arbeitslosigkeit. Um es genau zu sagen: es ergeben sich das übliche Nord-Süd- und West-Ost-Gefälle. Früher wurde das durch Umlegen wenigstens teilweise ausgeglichen (für Neoliberale: man nennt das Solidarität). Seit der Gesundheitsreform aber bleibt alles Geld da, wo es herkommt (oder eben nicht). Das bedeutet auch, dass die Kassen Zusatzkosten beliebig auf ihre Kunden abwälzen können, während die Privatversicherten natürlich dank exzessiver Lobbyarbeit weiter von irgendwelcher Solidarität verschont bleiben. Der desolate Zustand des deutschen Gesundheitswesens wird sich also weiter rapide dem seiner Nachbarn angleichen, damit auch diese letzte Bastion deutscher Vorreiterstellung fällt und der Weg zurück zur Bananenrepublik wenigstens für alle gleich schnell verläuft. Wobei um Deutschland herum inzwischen genügend Staaten die Notbremse gezogen haben. Es muss irgendwie eine deutsche Mentalität sein, den Wagen mit Volldampf gegen die Wand zu fahren, wenn die anderen längst gestoppt haben.

3 Kommentare:

  1. Da sag ich nur: Gesundheit! Und dann wage ich eine Idee meines lieben Herrn Vaters einzuwerfen, der nämlich auf den grandiosen Gedanken kam, alle jene, die über unser Gesundheitswesen entscheiden, zwangsweise und öhne die Möglichkeit privater Zusatzversicherung in einer gesetzlichen Krankenkasse unterzubringen. Natürlich nur, um ihnen auf der Basis persönlicher Erfahrungen kompetente Entscheidungen leichter zugänglich zu machen...

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  2. @ shurak:

    Der Vorschlag wäre nicht schlecht, allerdings beindruckt das nicht, da die Betreffenden auch einfach ein paar Scheinchen beim Doc hinlegen können, vor allem, wenn sie im Sinne ihrer Nebenjob-Arbeitgeber abgestimmt haben. Dann müßten die Ärzte dazu angewiesensein, kein Geld oder andere Zuwendungen azunehmen - geht nicht. Das ist das Üble am Kapitalismus: selbst der größte Spack oder Kriminelle kann sich alles inkl. Sympathien erkaufen.

    Gruß

    Alex

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  3. Richtig, aber es hätte trotzdem schöne Symbolwirkung. Und mindestens zwei Drittel der MdBs sind so reich nicht, dass sie bei jedem Arztbesuch ein paar Scheinchen rüberwachsen lassen können.

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