Mittwoch, 24. Januar 2007

Zum Fall Kurnaz

Obwohl mittlerweile seriöse Recherchen zahlreicher politisch durchaus divergierender Medien ergeben haben, dass die rotgrüne Regierung 2002 - und hier federführend Ex-Kanzleramtschef und heutiger Außenminister Steinmeier (SPD) - in vollem Bewusstsein der Unschuld von Murat Kurnaz dessen Rückführung nach Deutschland verweigert hat, bestreiten offizielle Regierungsorgane das. Man kann sich fragen mit welcher Zielsetzung. Geht es darum, den Skandal einfach auszusitzen in der Hoffnung, das Medieninteresse möge schnell erlahmen? Da es "nur" um einen Ausländer geht, ist diese Variante nicht einmal unrealistisch. Dieses Verhalten ist jedoch mehr als zynisch. Schließlich hat Kurnaz deswegen vier Jahre Isolationshaft und Folter ertragen. Man bediente sich dabei ziemlich schamlos einer Methodik, die mit "am Rand des rechtlich möglichen Sprektrums angesiedelt" noch reichlich freundlich beschieden wäre: seine Aufenthaltsgenehmigung wurde annuliert, da er sie nicht rechtzeitig verlängert hatte - von Guantanamo aus. Dass das kein Fehler uninformierter Lokalbehörden war ist auch klar; die Anweisung kam von oben. Das führte dazu, dass kein Staat Kurnaz haben wollte; die Türkei bestand darauf, dass er Deutscher sei; die Deutschen erklärten, er sei Türke.
Die Frage ist nur: was bezweckt man damit, bzw. warum fürchtet man Kurnaz so? Hat er Aussagen über deutsche Praktiken in Afghanistan, Praktiken eines von demokratischen Insitutionen faktisch unabhängigen Heeres? Es sind noch viele Fragen offen, und es steht zu hoffen, dass das Eisen heiß gehalten wird. Wenn sich die Vorwürfe bestätigen, ist Steinmeier in jedem Falle nur noch die eine Alternative des bedingungslosen Rücktritts offen, wenn er einen letzten Funken Anstand bewahrt hat - aber wenn sich die Vorwürfe als wahr erweisen, ist das ohnehin unwahrscheinlich.
Indessen zeigt die BILD klar, in welche Richtung sie das ganze zu treiben gedenkt: mit dem Verweis darauf, dass Kurnaz Türke und strengläubig sei, baut man ein Konglomerat von Verdrehungen und Falschaussagen zusammen, die nur noch als Hetze bezeichnet werden können.

7 Kommentare:

  1. So selten es vorkommt - aber an dieser Stelle muss ich sagen, stimme ich Dir mal vorbehaltslos zu. Was da geschehen ist, ist eine Schweinerei im wortwörtlichsten Sinne. Allein schon, jemanden nach Gunatanamo zu verschleppen ist bestenfalls als fragwürdig einzustufen - sich aber als Regierung regelrecht zu weigern (bzw. hinter fadenscheinigen Argumentationen zu verstecken), einen Menschen aus dieser Hölle herauszuholen, der ja nun scheinbar niemandem etwas getan hat - das ist völlig unabhängig von allem anderen dermaßen Menschenverachtend, dass die Verantwortlichen meiner Meinung nach öffentlich und persönlich bei dem Herrn Kurnaz um Verzeihung zu bitten haben - und danach ihren Hut nehmen müssen. Staatsbürgerschaftsfragen kann man auch dann noch klären, wenn sich der Mann sicher wieder in Europa befindet. Das ist in keinem Fall eine Entschuldigung. Ein Ticket in die Türkei, wenn man ihn denn hätte loswerden wollen, hätte die Bundesregierung nicht arm gemacht. Ihn aber dort einfach sitzen zu lassen, ist ein Verbrechen - und Verbrecher sollten keine tragenden Funktionen in einem Rechtsstaat einnehmen, wenn dieser glaubwürdig bleiben soll.

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  2. eigentlich bin ich es schon leid in den Nachrichten immer etwas über diesen Mann zu hören. Abner soviel ich mitbekommen habe, ist diese Person garnicht so unschuldig daran, dass er nach Gunatanamo verschleppt wurde. Wer sich so verhält und dann dafür bestraft wird, soll sich meiner Meinung nach nciht so aufspielen.
    Wie heißt es im BGB? konkludentes Verhalten führt dazu dass der Gegnüber die Sachverhalt als wahr ansehen kann.
    Folglich: Selbstschuld!

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  3. Ja? Was hat er denn angestellt? Er war Muslim. Legal. Er hatte einen Bart. Legal. Er war in Pakistan. Legal. Er hat den Koran studiert. Legal.
    Ansonsten fällt mir nichts ein.

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  4. Nachtrag für Chris:
    Kleiner Tipp: weniger BILD lesen:
    http://www.bildblog.de/?p=2033

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  5. Und noch einer.
    http://www.jungewelt.de/2007/01-25/008.php

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  6. Wie gesagt ich kenn befasse mich nicht wirklich mit dem Thema doch man kommt ja nicht ganz drum rum.
    Dass er nach Guatanamo musst war auch legal er hat ja was angestellt und dass die Deutschen ihn nicht mehr nach deutschland holen wollten war auch LEGAL... ohne Pass müssen wir net jeden reinlassen. nur das Problem ist die MORAL.

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  7. Die Verschleppung nach Guantanmo war nicht legal, wie jede andere auch. Und dass die deutsche Regierung ihn nicht zurücknahm, war bestenfalls halblegal.

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