Eigentlich hat Edmund Phelps den Nobelpreis ja im Bereich "Wirtschaft" gewonnen, aber wenn man sich im
Interview seine Thesen anhört, könnte es genausogut die örtliche Lotterie gewesen sein. Einige Kostproben:
WELT.de: Die meisten Ökonomen kritisieren den rigiden Kündigungsschutz in Deutschland. Sie nicht?
Phelps: Doch. Aber ich will ehrlich eingestehen, dass es dafür keinen wissenschaftlichen Beweis gibt. Denn viel zu viele Faktoren spielen eine Rolle. Für mich ist allzu offensichtlich, dass es ein Jungunternehmer einfacher hat, sich selbstständig zu machen, wenn er seiner Frau nicht erklären muss, dass er die Beschäftigten ein Leben lang behalten muss - selbst wenn das Geschäft einmal nicht mehr läuft. Dynamik ist etwas anderes.
Von welchem Staat spricht der Mensch? Ein Leben lang behalten? Der Kündigungsschutz ist ohnehin praktisch Geschichte; nur Beamte dürfen nicht sofort gefeuert werden. Und die werden beinahe ausschließlich vom Staat beschäftigt und nicht von Unternehmen, die sich mit dem Kündigungsschutz herumplagen müssten.
WELT.de: In Deutschland wird bald der 60. Geburtstag der Sozialen Marktwirtschaft gefeiert. Taugt sie als ökonomisches Vorbild?
Phelps: Es gab zwei wirklich schlechte ökonomische Ideen im 20. Jahrhundert. Die eine war der Kommunismus, die andere der Korporatismus, auch bekannt als Soziale Marktwirtschaft. Dieses Wechselspiel zwischen Unternehmen, Gewerkschaften und Politik halte ich für ungesund, denn es zerstört unternehmerische Initiative. Und leider brauchen Länder sehr lange, bis sie verstehen, dass es für sie bessere Systeme gibt.
Jetzt wird es komplett hanebüchen. Fünfundzwanzig Jahre lang lief das System rund, ehe Mitte/Ende der 70er Jahre Einflüsse von außen Reformen erforderlich machten - und die FDP sich mit Lambsdorf auf einen anderen Kurs festlegte. Die Ergebnisse seither sind bekannt: Hohe Arbeitslosigkeit, steigender Armut, Umweltverschmutzung.
WELT.de: Muss sich Deutschland also von der Sozialen Marktwirtschaft verabschieden?
Phelps: Vielleicht müssen Sie ja den Namen nicht ändern, aber es wird nicht ohne substanzielle Einschnitte ablaufen können. Dabei ist das Sozialsystem nicht das größte Hindernis auf dem Weg zu einer dynamischen Volkswirtschaft. Es sind vielmehr die Hürden, die Unternehmern von der Regierung oder den Tarifpartnern in den Weg gestellt werden.
Der gute Mann mag Recht haben, was einige bürokratische Hürden angeht - was er vom Sozialstaat und einer Umbennung faselt, ist dagegen intellektueller Dünnschiss. Im Kontext übrigens auch diese Eingangsforumlierung lesen: "
Ich bin im Gegensatz zu vielen meiner Kollegen nicht so erpicht darauf, den Sozialstaat zurückzuschneiden." Aha.
WELT.de: Inzwischen entsteht sogar in der amerikanischen Mittelklasse der Eindruck, Verlierer der Globalisierung zu sein. Das Volkseinkommen verteilt sich zunehmend zugunsten des Kapitals. Wie gefährlich ist dies?
Phelps: Ich habe mich ungefähr ein Jahrzehnt damit beschäftigt herauszufinden, wie der Unterschicht geholfen werden kann. Und dies führte dazu, dass ich mich für Lohnzuschüsse im Niedriglohn-Sektor einsetze. Jetzt höre ich, im neuen Jahrzehnt müsse die Mittelklasse beschützt werden. Ich frage mich, ob in noch einmal zehn Jahren der Ruf nach Hilfe für die Oberschichten laut wird.
Es entsteht also der Eindruck. Nun denn, die Springerpresse wird es schon wissen. Dass Phelps keine klügere Idee hat, als ausgerechnet den vielverschmähten Staat um saftige Subventionen anzuhauen (für die Unternehmer, natürlich), verwundert bei der ideologisch untermauerten Ideenlosigkeit der Eliten nicht weiter.
WELT.de: Die meisten von ihnen haben auch keine Jobs, die im globalen Wettbewerb stehen. Anders geht es den Facharbeitern, zum Beispiel in der Autoindustrie.
Phelps: Es gehört zu einer kreativen und dynamischen Volkswirtschaft, dass es Gewinner und Verlierer gibt. Warum sollte die Mittelschicht auf unbestimmte Zeit die gleichen Anteile am Volkeinkommen garantiert bekommen? Das war früher auch nicht so.
Wo er keine Antwort hat oder geben will, weicht Phelps einfach mal ins Schicksalhafte aus: "Das ist halt so."
WELT.de: Sind also die Politiker schuld, weil sie die Vorteile der Globalisierung nicht ausreichend hervorheben?
Phelps: Ja, es ist ein Vermittlungsproblem.
WELT.de: Was würden Sie denn, wenn Sie Politiker wären, den Wählern erklären, die gerade ihre Arbeitsplätze verloren haben.
Phelps: Okay, das würde ich sagen: Es gibt alle möglichen Vorteile, die eine dynamische und innovative Wirtschaft bietet. Und Globalisierung ist zweifelsfrei eine Triebfeder für Innovationen. Es kann durchaus sein, dass es einige zeitweilige, ja sogar einige dauerhafte Verluste in Folge der Globalisierung gibt. Aber langfristig ist sie hilfreich für eine Volkswirtschaft - auch die deutsche. Hilfreich in dem Sinne, dass Innovationen nicht mehr nur für den kleinen Binnenmarkt, sondern für die Europäische Union, ja die ganze Welt entstehen können.
Es ist natürlich nur ein "Vermittlungsproblem", dass diese Trottel einfach nicht einsehen wollen, wo für sie der Vorteil liegt, wenn andere stinkreich werden. Was ist denn die "Volkswirtschaft"? Die ist eine so genaue Messgröße wie das Bauchgefühl, dass diesem "Wissenschaftler" ohnehin als einzige zur Verfügung gestanden zu haben scheint - neben seiner Brieftasche, versteht sich.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.