Mittwoch, 3. Januar 2007

Saddam, Nachtrag

Die Hinrichtung Husseins zieht weitere Kreise. Nachdem nun bekannt geworden war, dass das Handyvideo der Exekution nicht von einem Wärter, sondern wahrscheinlich dem irakischen Sicherheitsberater gemacht wurde und sich zudem jemand die Mühe gemacht hat, es sich genauer anzusehen, wirft es eine ganze Reihe von Fragen auf, die sich für den "neuen" Irak und die USA, genauer, die Bush-Junta, sehr negativ auswirken könnten und aller Voraussicht nach werden. Die Erklärungsversuche der irakischen Regierung sind mehr als erbärmlich: angeblich hätten schiitische Milizen die Hinrichtung an sich gerissen, man distanzierte sich eiligst. Selbst, wenn es so wäre: die Verantwortung läge bei der irakischen Marionettenregierung. Wenn diese es nicht einmal schafft, eine Exekution durchzuziehen, ohne dass ihr radikale Milizen das Heft aus der Hand nehmen - wie ist es dann erst nach einem amerikanischen Truppenabzug um die Lage bestellt?
Doch zurück zur Hinrichtung. Nicht nur, dass Saddam auf dem Weg zum Galgen beschimpft wurde (was mit der Menschenwürde nicht gerade zu vereinen ist), man hat ihn auch noch mitten in seinem Gebet getötet. Die bisherige Regierungsversion von der sauberen Hinrichtung ist damit passé und dürfte Wasser auf die Mühlen der Todesstrafengegner geben. Dazu kommt die rasante Wandlung des Exekutionsvideos zur Devotionalie. Im Irak zeigen es Mütter ihren Kindern, hierzulande erreicht die unzensierte Variante (die über Google frei erhältlich und, davon abgesehen, grausam verwackelt und pixelig ist) im Web wahre Besucheranstürme. Letzten Endes dürften die Iraker und Amerikaner, die die Hinrichtung betrieben haben mit ihr nun genau das Gegenteil der angestrebten Entmystifizierung Saddams erreicht haben. Der Mythos des Unbeugsamen Herrschers mag passé sein, jedoch ist die Art, wie die Schiiten ihn abgemurkst haben (viel positiver lässt es sich kaum ausdrücken) kaum dazu angetan, den Frieden und die Einheit im Irak zu verbessern. Der kurze propagandistische Effekt wird kurzfristig verpuffen und sich langfristig gesehen zur Steilvorlage jeder beliebigen Extremsiten wandeln.

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