Donnerstag, 25. Januar 2007

Hervorragende Analyse zum Hartz-Prozess

In der Süddeutschen Zeitung findet sich eine Analyse zum Hartz-Prozess, die ich euch nicht vorenthalten will. Der Autor nämlich findet den Ausgang des Prozesses furchtbar; er verwendet jedoch für die Argumentation ein bisher ungewohntes, aber stichhaltiges und bedenkenswertes Argument.
Er mäkelt nämlich nicht am Strafmaß herum, dessen Rechtmäßigkeit relativ unzweifelhaft ist. Er bemängelt auch die politische Dimension des Prozesses durch die Tatsache, dass Hartz als Namensgeber und Initiator der Sozialreformen gleich doppelt am Pranger steht.
Stattdessen hebt er auf die Tatsache ab, dass der Prozess im Endeffekt nicht geführt, ein Urteil nicht gesprochen wurde. Es wurde ein Deal geschlossen. Das ist zwar rechtens, aber trotzdem absolut zu verurteilen. Hierfür führt der Autor mehrere Gründe an:
Es bleibt ein schaler Nachgeschmack - wie bei allen sogenannten Deals, die in letzter Zeit gerade das Tun von Managern oft mit strafrechtlichen Samthandschuhen angefasst haben; eine ordentliche Beweisaufnahme in einer ordentlichen Hauptverhandlung, wie sie der Öffentlichkeit geschuldet ist, gibt es immer weniger. Strafrechtliche Probleme bleiben ungeklärt.
Ein gedealtes Verfahren produziert keine Ergebnisse mehr, die es ermöglichen, das Urteil für gerecht zu halten: Dieses wurde im Landgericht Braunschweig zusammengeschraubt wie der Phaeton in der gläsernen Fabrik von Dresden.
Genaugenommen hätten Angeklagter, Verteidiger und Staatsanwältin das Urteil zusammen mit den Richtern unterschreiben müssen - es handelt sich nicht mehr um ein Urteil im eigentlichen Sinn, sondern um einen Vergleich: Geständnis gegen ausgehandelte Strafe.
Genau hier liegt das Problem. Egal, nach welchen Grundsätzen der Deal auf Basis welchen Gesetzes geschlossen wurde, es bleibt ein Deal. Hartz kam um einen Prozess, um eine Beweisaufnahme, die das Ausmaß seiner Verfehlungen offen gelegt hätte herum. Und dies nur, weil er es sich leisten kann. Unser Rechtssystem baut aber darauf, dass jeder vor Gericht gleich ist. Es darf bezweifelt werden, ob ein kleiner Buchhalter einen ähnlichen Deal hätte aushandeln können, um sein Ansehen zu retten. Der Autor fasst dies am Ende so gut zusammen, dass ich euch das Zitat nicht vorenthalten will:
Es sei dies, so heißt es, die Zukunft des Strafprozesses - schnell, sauber, komplikationsfrei. Und wie um dies zu bestätigen, hat die Bundesjustizministerin am Tag des Hartz-Urteils ein Deal-Gesetz vorgestellt. Es beschleunigt die Verwandlung des Strafgesetzbuchs in ein Handelsgesetzbuch. Das mag die Gerichte entlasten. Das belastet aber das Recht.
Im Tagesspiegel findet sich zusätzlich der genaue Hintergrund des Deals. Auch Wut kommentiert den Deal, ebenso der Nachtwächter.

3 Kommentare:

  1. Recht hat, wer Recht sich zu nehmen weiß...

    Angesichts solcher Kompromisse stellt sich die Frage, ob wir uns in einer Gameshow befinden. "Deal or No Deal?". Eine Deal-Lösung (wir nannten sowas früher wohl Vergleich) mag angemessen sein im Falle von Streitigkeiten zwischen zwei oder mehr Parteien, die sich, statt ewig die Gerichte zu belasten, außergerichtlich einigen. In dem Moment allerdings, in dem das Gesetz, die festgeschriebene Basis unserer Rechtsstaatlichkeit, eine der geschädigten Parteien ist, dürfte ein Deal eigentlich keine Option mehr sein. Immerhin ist das hier ein Rechtsstaat und kein Mafiaklub. Es bleibt abzuwarten, wann es ein eigenes "BgGB"- BegütertenGesetzBuch" gibt. Oder sehe ich da jetzt zu schwarz? Abgesehen davon: Es ist ja nicht einmal so, dass ich die Öffentlichkeit dieser Sache fordere - aber ein rechtmäßiges Urteil, und sei es nur der Form halber, wäre schon angemessen gewesen...

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  2. Genau darum geht es. Einmal davon abgesehen dass das Urteil ein Witz ist, rechtmäßig oder nicht.

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  3. Die Deutsche Elite hat noch ein mal der Deutschen Leitkultur erheblichen Schaden zugefügt.

    www.hartzVI.de

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