Mittwoch, 24. Januar 2007

Nie verzeihen, nie vergessen

Unser Rechtssystem ist trotz einiger Unzulänglichkeiten eines der besten der Welt. Die Todesstrafe existiert nicht; Resozialisierung steht trotz vehementer Versuche des rechtskonservativen Lagers immer noch vor Bestrafung an erster Stelle. Außerdem macht es keine Unterschiede; anstatt wie in Weimar Rechte milde und Linke drakonisch zu bestrafen, tut es dies unvoreingenommen auf dem Boden des Gesetzes.
Ende des Wintermärchens. Der aktuelle Fall wirft schwerwiegende Fragen auf. Es geht um die noch in Haft sitzenden RAF-Terroristen. Wer sich nicht mehr erinnert: die RAF war jene linksextreme Terrorgruppe, die in den 1970er Jahren als gewaltsame Fortsetzung der 1968er APO u.a. Hans-Martin Schleyer ermordeten. Diejenigen, die nicht im Gefängnis Selbstmord begangen haben (was vielerorts ohnehin angezweifelt wird), sitzen noch heute, nach einem Vierteljahrhundert in Haft. Damit sitzen sie länger als jeder Auschwitzmörder, Serienkiller oder Massenvergewaltiger. Bereits die Überreaktionen in den 1970er Jahren haben gezeigt, dass es wohl mehr um Rache als um Gerechtigkeit ging. Es ist schwierig, sich psychologisch dem Motiv für diese überzogenen Reaktionen anzunähern. Die verbreitete Angst vor dem Kommunismus spielt sicher eine nicht zu unterschätzende Rolle, auch heute nicht. Vor nichts zittern die Mächtigen so sehr wie vor einer linken Revolution, denn in einer Rechten könnten sie noch immer einen Platz finden - nicht in einer Linken, das haben andere Massenmörder ihrer Art hinreichend bewiesen, sei es in Pol Pot, sei es in China, sei es in Russland. Es ist deswegen zu hoffen, dass dieses Kapitel nun endlich zufriedenstellend abgeschlossen werden kann und Köhler das Gnadengesuch annimmt. Aktive Hetze betreibt derweil - natürlich - das Sturmgeschütz der Reaktion, die BILD.

4 Kommentare:

  1. Bei allem Respekt... aber wer rechtskräftig wegen mehrfachen Mordes verurteilt worden ist, insbesondere, wenn es sich gaz eindeutig nicht um Affekttaten sondern vielmehr um systematisch geplante und ausgeführte Hinrichtungen handelt, der muss sich nicht wundern, wenn der Gesetzgeber ihm vor den sprichwörtlichen Koffer sch...ßt.
    Das man jetzt, nach so langer Zeit, eine weitere Gefährdung der Welt durch diese Menschen ausschließen kann, ist eine andere Sache. Im Prinzip wäre es besser, sie klamm und heimlich zu entlassen und sich als Öffentlichkeit nicht weiter mit ihnen zu befassen. Vergessen zu werden ist das schlimmste, was diesen "Zeichensetzern" passieren kann - warum nur sieht das niemand ein?

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  2. Das ist schon richtig, aber die Strafe haben sie abgesessen. Jeder normale Mörder kommt nach spätestens 15 Jahren raus, nur die sitzen über 25 - darum ging es mehr. Dass sie bestraft werden müssen - kein Zweifel.

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  3. Nun, ich stimme insoweit zu, als das, was immer diese Personen auch getan haben müssen, einzige Basis für die Entscheidung der Frage,ob und wann sie aus der Haft unter welchen Bedingungen auch immer entlassen werden, allein die Buchstaben des Gesetzes sein dürfen, wenn sich der Rechtsstaat nicht selbst ad absurdum führen will.
    Allerdings möchte ich anmerken, dass es sich hierbei nicht um "normale Mörder" handelt, sondern um solche, bei denen eine "besondere Schwere der Schuld" festgestellt wurde - was zugegebenermaßen eine recht schwammige Sache ist - wodurch die Haftfortdauer auf bis zu 25 Jahre oder mehr durchaus völlig dem Gesetz entspricht. Über besagte "besondere Schwere..." kann man jetzt streiten, da sie allerdings gesetzlich nur sehr vage definiert, eines ihrer Kriterien aber fehlende Reue ist, erscheint mir das an dieser Stelle nicht überreagiert, sondern folgerichtig. Ein offenes Bekunden später Einsicht würde die Situation für die besagte Dame sicherlich nicht verschlechtern...

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  4. Ja, da hast du natürlich Recht. Trotzdem bleibt das ungute Gefühl in der Magengegend, und die Tatsache, dass dies durchaus konservative Medien wie die SZ und Zeit genauso sehen erhärtet den Fall nur.

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