Freitag, 5. Januar 2007

Wie politische Probleme gelöst werden könnten

Ein Gastbeitrag von Kyno II.

Wie angekündigt, hier mein Text zur Lösung gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Probleme, wie ich sie mir vorstellen kann - ich wurde gefragt, welche Reformen ich denn durchsetzen wollte, um unsere zahlreichen Probleme in Deutschland zu lösen. Darauf musste ich jedoch erwidern, dass ich eine Auflistung solcher möglicher Reformen für unproduktiv halte. Hier erkläre ich warum:

Das Grundproblem der heutigen Politik ist, dass in Deutschland Politiker in einem verantwortungsfreien Raum ihre eigenen Interessen und die ihrer Parteien durchsetzen können.

Dies führt zu Verschwendungen und zu Subventionen in Milliardenhöhe, die lediglich bestimmten Interessensgruppen, nicht aber der allgemeinen Bevölkerung zugute kommen.

Ab und zu wird dann ein Einzelfall rausgesucht, von den Medien thematisiert und dabei skandalisiert, bis schließlich Parlamente oder Regierungen schnell halbgare Gesetzesänderungen durchsetzen, die meist nur gut klingen, tatsächlich aber nichts verbessern.
Das Thema ist vom Tisch, ein paar Politiker ernten Pluspunkte und am Ende richtet das Gesetz mehr Schaden an als es Nutzen bringt.

Das bringt so nichts, und es ist auch nicht hilfreich, wenn etwa Bürgerinitiativen oder heutzutage auch Blogger solche Einzelfälle thematisieren und die Lösung des Problems fordern.

Stattdesse muss das ganze fundamentaler angegangen werden:
Was sind die Ursachen der massiven Steuerverschwendungen, lobbyistischen Subventionen, unseres ungerechten Steuersystems ("der Ehrliche ist der Dumme") usw.?

Dauerhafte schlechte und undemokratische Politik. Das Problem kann nur durch eine Systemveränderung geändert werden - eine Veränderung des politischen Systems der Bundesrepublik.

Was wäre da sinnvoll?
Eine Veränderung auf politischer Ebene selbst: eine Stärkung der Parlamente, eine Entwirrung des Kompetenzenstreites sowie eine Schwächung des Bundesrates wäre durch eine sinnvolle Föderalismusreform möglich.
Aber grundsätzlich kann dies mit unserem politischen System nicht funktionieren: die Landesminister wissen, dass sie dadurch an Macht verlieren und lassen nur das nötigste, dass ihre Macht nicht wirklich angreift, geschehen.
Das Parlament kann seine eigene Stärkung nicht durchsetzen, weil es dazu die Verfassung ändern muss, wozu es den Bundesrat benötigt, usw.

Weiter ist auch unser Bundestatg nicht nur von Landesministern abhängig, sondern auch von der Bundesregierung.
De facto kontrolliert diese das gesamte Parlament:
Sie hat die meisten namhaften Spitzenpolitiker der jeweiligen Regierungsparteien in seinem Kabinett. Diese sind häufig auch wichtige Parteivorstände, haben also enormen Einfluss auf die Fraktionen.
Noch dazu kann die Bundesregierung bzw. der jeweilige Kanzler mit dem Rücktritt drohen, was in der Regel zur Auflösung des Bundestages führt.
Das Schauspiel unter Schröder mit seinen Rücktrittsdrohungen das dann in seiner "Vetrauensfrage"-Farce gipfelte ist dafür ein sehr gutes Beispiel.

Es bräuchte also noch weitere Reformen, die schon radikaler wären als eine echte Föderalismusreform: eine tatsächliche Gewaltenteilung, mit unabhängiger Exekutive und Legislative wie in den USA wäre ein, so denke ich, sehr interessanter Gedanke.

Aber soetwas sind Fragen, die man erst stellen kann, wenn es denn überhaupt eine Kraft in Deutschland gibt, die 1. an der Macht ist und tatsächlich Macht ausüben kann, also instanzen- und gewaltenübergreifend gestalten kann, die 2. an einer solchen positiven Veränderung - also einer Veränderung im sinne des Volkes bzw. seiner Mehrheit - auch ein berechtigtes, aus seiner Natur stammendes Interesse hat.

Welche ist das? Natürlich keine Partei oder ein sonstiger Interessenverband. Solche haben aus gutem Grund keine größeren Machtbefugnisse als heute.

Die Lösung ist einfach: das Volk selbst muss an die Macht.

Das heißt: das Volk muss selbst direkt dazu in der Lage sein, das politische System, welches seinen Interessen dienen soll, zu verändern, und es muss auch in der konkreten Politik mitbestimmen können.
Kurz: direkte Demokratie, auf Bundesebene.

Das ist nun keine sonderlich spektakuläre Forderung.
Es ist auch keine Lösung für unsere Probleme an sich - es bietet aber das Mittel zur Lösung zahlreicher politischer Probleme die wir heute haben: eine Kraft, die ein berechtigtes, unveränderliches, soll heißen: egoistisches Interesse daran hat, gute Politik durch ein klares, sinnvolles, transparantes politisches System prinzipiell zu ermöglichen und praktisch auch auszuführen.

Argumente gegen einen solchen Volksentscheid gibt es zahlreiche, es sind zuviele als das man auf jedes detailliert eingehen könnte. Die meisten sind auch Argumente gegen die Demokratie an sich, in der Regel bezogen auf die Kompetenz der Politiker. Eine ausführliche Widerlegung einiger Punkte bieten die Positionen von Mehr Demokratie e.V., sowie deren Diskussionspapiere.

Einen guten Überblick zum Thema Volksentscheid bietet außerdem diese Pro-Contra-Liste.

Einige Befürchtungen bezüglich der Kompetenz der Bürger lassen sich recht leicht auflösen, weswegen ich hier noch kurz darauf eingehen will:
1. ist die Kompetenz unserer Politiker, egal ob einfacher Abgeordneter, oder Spitzenpolitiker, wie erwiesen ist, selbst nicht sonderlich hoch. Umfragen unter Abgeordneten, die vor wichtigen Abstimmungen standen, ergaben, dass diese nichteinmal die grundsätzlichsten Eckpunkte nennen konnten, selbst bei einem Gesetz wie etwa der EU-Verfassung.
2. entscheidend in der Politik ist nicht primär Kompetenz, sondern vor allem Willen und Interesse. Unabhängig von der Kompetenz der Politiker gilt leider: Politiker dienen sich selbst zuerst, danach ihrer Partei und ihrer Klientel, aber höchstens zuletzt dem Volk. Das Volk hingegen "dient" nur sich selbst.
3. die Kompetenz der Bürger ist vielleicht geringer im theoretischen, dafür aber umso höher im praktischen Bereich: sie bringen nicht nur einen enormen Erfahrungsschatz aus ihrem Leben ein, sie spüren auch die Folgen ihres Handelns selbst, während Politiker davon meist recht gut isoliert sind.
4. außerdem gibt es eine Tendenz, die hier wichtig ist: das Interesse an einem Thema wächst mit der Entscheidungskompetenz die man diesbezüglich hat. Konkret: wenn das Volk herrscht, wird es sich auch für die Politik interessieren.

Kyno II. betreibt "Ein Politblog" und möchte ansonsten anonym bleiben.

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