Freitag, 5. Januar 2007

Verbrecherstaat

In der LinkenZeitung hat jemand einen Fall geschildert, der so gesehen auch ideales Material für den Unterschichtler wäre. Aber von vorne.
Es handelt sich um einen Mann, der beim Monatsersten kein ALG-II überwiesen bekommt. Als das Geld auch nach drei Tagen immer noch nicht da ist geht er aufs Amt, wo er erfährt, dass keine Sperre vorliegt, man aber sonst nichts sagen kann - wird schon bald überwiesen werden. Als auch nach einigen weiteren Tagen nichts da ist, geht er erneut aufs Amt. Dieses Mal finden sie beinahe seine Akte nicht, Barauszahlung ist natürlich nicht möglich, erst nach wiederholtem Betteln bekommt er 100 Euro - damit lässt sich natürlich weder der mahnende Vermieter noch das Hunger leidende Kind gleichermaßen befriedigen; von der Scham und Schande des ständigen Bettelns (immerhin hat der gute Mann auch Freunde anpumpen müssen, um überhaupt so lange zu überleben) einmal ganz abgesehen. Doch kurz bevor er geht, steckt die Fallmanagerin dem guten Mann einen heißen Tipp zu: wenn er seinen Widerspruch zurückziehen würde (das Amt überweist nämlich zu wenig Geld), dann würde er wieder welches bekommen. Am Wochenende ruft man ihn sogar zu Hause an, um ihn zum Rückzug des Widerspruchs zu bewegen, andernfalls erhalte er kein Geld.
Diese glatte Erpressung eines durch und durch verbrecherischen Staates ist, leider Gottes, kein Einzelfall, wie ver.di bestätigt:

[...] 1986 war ich als ABM-Kraft Schuldnerberater bei der Arbeiterwohlfahrt in Celle und habe eine Schulung für 30 angehende Schuldnerberater bei der AWO durchgeführt. Auf dieser Schulung war der damalige Direktor des Sozialamtes von Osnabrück und hatte berichtet, dass er von oben die Anweisung bekommen hat und die er nach unten weiter geben müsste, dass die Sachbearbeiter bei Anträgen, unabhängig von der Rechtslage, erst einmal ablehnen müssten. Also er bekam die Anweisung aus dem Ministerium, bewusst zu unterschlagen, Rechtsbruch zu begehen. [...]

Jetzt reichts, dachte ich. So nicht mit mir.

Ich rief beim ver.di Bezirk Leipzig-Nordsachsen an und schilderte meinen Fall. Leider mußte ich dort erfahren, dass ich nicht die einzige bin, der man das Geld einfach nicht auszahlt. Natürlich habe ich das Recht bei meinem Widerspruch zu bleiben, bestätigte mir die dortige Rechtsabteilung. Ich muß den Widerspruch nicht zurückziehen, um den laufenden Regelsatz zu erhalten oder gar einen Folgeantrag stellen zu können. [...]

Dem ist nichts hinzuzufügen.

3 Kommentare:

  1. Wenn man Hundert oder mehr Leute und Reporter mit sich ziehen kann, sollte man andere Dinge tun als einen Widerspruch einlegen - die Dinge tun, die notwendig sind, um die Verbrecher zu vertreiben, welche die demokratische Ordnung offenbar abschaffen wollen. Siehe nur den in einen Ministerposten gepressten Verfassungsfeind Wolfgang Schäuble. Einmal sollten die Deutschen nicht warten, bis alles zu spät, sondern ihre Hinterteile hochbekommen. Der Mangel an Erinnerung an rollende Herrscherköpfe plus der Wegfall der RAF als APO der anderen Art haben die Herrschaftskaste maßlos werden lassen. Kehren wir also zu beährten Methoden zurück, diese in ihre Grenzen zu weisen.

    Gruß

    Alex

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  2. Ich kann an der Stelle immer wieder nur V wie Vendetta zitieren (den Comic): "Unsere Herrschenden haben die Stimme des Volkes seit Generationen nicht mehr gehört, und sie haben vergessen, wie laut sie sein kann."

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